@rene: Dafür dass es um Veganismus geht, steht für dich viel nicht zur Debatte. Die von mir angeführten Bedenken brauchen keinen eigenen Thread, weil sie hier dazu gehören. Auch die Was-wäre-wenn-Überlegungen- auch wenn sie utopisch sind- gehören dazu, denn Weltverändern bedeutet nicht nur jetzt etwas zu tun, sondern auch nachzudenken und für die Zukunft zu handeln.
Als ich heute mit den Hunden unterwegs war, habe ich noch darüber nachgedacht, warum ich trotz Verständnis weder Veganer noch Vegetarier bin. Ich denke, es ist die Einstellung zum Töten und zur Natur - und Achtung, es wird länger (3 Stunden Gassi sind ja auch eine lange Zeit zum Denken

).
Tod und sterben ist nicht per se grausam. Der Tod ist in jedem Lebewesen angelegt. Töten hingegen... töten ist ein starker Begriff und ja, es schwingt etwas Gewaltiges mit. Töten bedeutet einen Akt zu setzen, der ein Leben vor seiner biologischen (?) Zeit beendet.
Ist töten daher grundlegend abzulehnen?
Manchmal habe ich das Gefühl von einer lang vergangenen Welt zu sprechen, wenn ich an mein erstes Daheim denke, aber es gab selbstverständliche Dinge. Tod war eines davon, sowohl in der passiven Form des Sterbens, als auch in der aktiven des Tötens.
Da waren unsere Katzen, die Mäuse töteten indem sie mit ihnen spielten. Der Kuckuck der die kleinen Vögel aus dem Nest warf um zu Leben, der Kater der einen Wurf Katzenjunge zerbiss, der Marder der in das Kaninchengehänge einbrach ohne alle Kaninchen zu fressen, die er tötete.
Soviele Lebewesen töten und wir würden Keinem vorhalten, dass es böse sei, dass es falsch handeln würde. Wir bezeichnen es nicht als sinnlos, nicht als grausam.
Doch auch in der Natur ist das Töten durchaus brutal. Wildhunde fressen ihre Beute bei lebendigen Leib, während Krokodile sie ertränken. Ein fachlich richtiger Bolzenschuss ist schneller.
Was ich also sagen will: Die Natur, die gerade bei Veganern, die so positiv konotiert ist, ist nicht sonderlich zimperlich mit ihren Geschöpfen.
Berechtigt und das zum töten?
Das kommt darauf, wie wir den Menschen in diesem Gefüge positionieren. Ist der Mensch auch "nur" ein Tier, dann würde ich sagen, ja es berechtigt den Menschen zum töten. Berufe ich mich auf seine moralische Möglichkeit und dadurch seine berechtigte Verpflichtung nicht zu töten, gehe ich von einer "enthobenen" Position aus, die "anders" als ein Tier ist.
Ich persönlich habe mit beiden Positionen ein Problem. Ich denke der Mensch unterscheidet sich vom Tier, aber ich mag es nicht, wenn Menschen sich herausheben.
Wenn aber die hervorgehobene Position dazu führt, dass zumindest durch Menschen kein Leid geschieht, ist sie doch nicht zu kritisieren, oder?
Und ich sage: Doch!
Denn aus dieser (angenommenen) Sonderstellung des Menschen in der Natur resultier seine –Marx möge verzeihen- Entfremdung. Entfremdung von der Natur. Und ja, diese Entfremdung unterstelle ich in großem Maße jenen, die Lebewesen zur Kapitalmaximierung ausbeuten und jenen, die uns moralisch derart von Tieren entheben, dass wir Dinge wie Leid und Tod als zum Leben gehörend negieren.
Etwas Fremdes ist uns nicht vertraut. Für das, was uns nicht vertraut ist, fehlt uns das Gefühl und Gefühl braucht es für ein respektvolles miteinander.
Respekt… Ohne in irgendeine glorifizierende Schilderung abtrieften zu wollen: Von Naturvölker erzählt man sich, dass sie ihre Beute um Vergebung baten und ihr für ihren Tod dankte. Sie erwiesen so ihren Respekt.
Mir gefällt an diesem Gedanken zweierlei. Einerseits das eingebunden sein in die Natur zu dem Leben, Tod, töten und ja, auch Leid dazugehört. Andererseits zeigt es auch das Bewusstsein, dass man bis zu einem gewissen Grad einen gewaltigen Akt vollbringt, der ein Leben beendet und das damit auch Konsequenzen verbunden sind.
Wir sind kein Naturvolk, aber trotzdem haben wir – wenn wir töten- Verantwortung zu tragen.
Die Verantwortung, dass der Tod nicht sinnlos ist, ergo: Keine Überproduktion, keine Verschwendung, kein Raubbau…
Die Verantwortung dem Lebewesen, dass uns nährt respektvoll zu behandeln: Keine Massentierhaltung, keine unnötigen Qualen…
Ich weiß jetzt schon, dass die meisten diesen Text nicht lesen, weil er viel zu lang ist, und ich weiß auch, dass die Veganer mich steinigen werden, weil ich „vegan“ und „Tiere Ausbeuten“ für Kinder eines Gedankens halte.