Zum ursprünglichen Thema...
Ich schließe mich da voll und ganz Astrid an!
Auch meine Hündin hätt ich nie als "Problemhund" bezeichnet, unsere Baustellen waren (bzw. sind teilweise noch) "nur" Unsicherheit und Ängstlichkeit bei allem Fremden (Menschen, Hunde, Orte, Situationen) und Meide/Fluchtverhalten als erste Reaktion. Als sie 6monatig zu uns kam (Tierschutz) war an den Besuch einer Hundeschule oder Hundesport nicht zu denken, der Alltag war Herausforderung genug.
Ich bin schließlich mit einem eineinhalbjährigen Hund (zu dem Zeitpunkt war sie bereits ein Jahr bei uns, im Alltag problemlos, solange nichts unerwartetes eintrat und hatte sich mit mehreren Hunden angefreundet) in den "Junghundekurs" einer ÖGV-OG gegangen, weil ich gemerkt hab, dass gemeinsames Üben uns beiden und unserer Beziehung guttut, dass mir aber völlig das Konzept fehlt, WAS und WIE ich sinnvollerweise mit Ella üben soll. (Wir wir uns den Platz angeschaut haben, waren wir im Welpenkurs "schnuppern" und Ella saß Anfangs 15 Minuten mit eingezogener Rute im Eck, angesichts von 6 oder 7 wilden Babyhunden!)
Wie ich das erste mal in die ÖPO geschaut hab und das BH-Programm gelesen hab, hab ich mir gedacht "Naja, wer braucht schon eine Prüfung!" - Dinge wie Freifolge, auf Ruf sofort kommen oder Abliegen, während ein anderer Hund am Platz herumgeht/läuft schienen mir in sehr sehr weiter Ferne zu liegen. Ella konnte sich in der Trainingsgruppe am Platz anfangs kaum konzentrieren, war schwer zu motivieren, wollte nicht spielen usw.
Und mit viel Geduld (und guten Hilfen unserer Trainerin) haben wir ein Dreivierteljahr später unsere BH bestanden. Mit Ach und Krach und einem Hund, der in der Freifolge abbiegt, weil das Frauli heut irgendwie unrund wirkt. Und ein weiteres halbes Jahr später hatten wir die BGH1 mit 92 Punkten in der Tasche. Dann haben wirs auf einem fremden Platz bei einem Turnier probiert und es ging aber sowas von in die Hose....
Also bin ich quasi 3 Schritte zurück gegangen und hab ein halbes Jahr ausschließlich am "Spaß an der Fußarbeit" ganz ohne Korrektheitsgedanken gearbeitet, mit bisher gutem Erfolg.
Agility, ähnliche Geschichte (Hund will den ganzen Platz abschnofeln, Hund gräbt under der A-Wand Mäuse aus, Hund weigert sich mitzutun weil ein unbekannter Gasthund am Platz ist, Hund biegt im Lauf ab um am Zaun zu bellen... 2 Jahre später: Trainerin sagt: Ihr könnts dann mal an eine erste Prüfung denken! Ich sage: das Tamtam bei einem Turnier ist uns noch viel zu viel, aber das Training macht uns beiden Spaß!).
Hundesport (egal jetz in welcher Sparte) ist ja nichts, was man "einfach so" lernt oder "dem Hund beibringt", sondern etwas, was sich Hundeführer und Hund gemeinsam erarbeiten.
Und dass ein ehemals Angst(!)agressiver Hund, eine BGH2 hat (Chipablesen, Freifolge durch Menschengruppe, Voransenden, Apportieren - während ein fremder Hund Abliegt, und abliegen währen ein fremder Hund läuft) ist finde ich ein sehr schöner Erfolg. Kann ich gut verstehen, dass du auf die beiden stolz bist, Georg! Danke fürs teilen!
Aber vielleicht können Leute mit "pflegeleichten" Hunden, das einfach nicht so gut nachvollziehen, dass man mit einem "Problemhund" nicht einfach hingeht, und in der "Geschützten Werkstätte" Hundesport macht, um Prüfungen abzulegen, sondern dass es ein weiter (aber lohnenswerter) Weg ist, bis man überhaupt daran denkt, zu einer Prüfung gehen zu können. Dass es eine Riesenbelohnung ist, wenn man an "Banalitäten" wie einem sauberen Apport oder einem geraden Vorsitzen arbeiten kann, und der Hund keine Angst/Unsicherheit/Abgelenktheit/... mehr zeigt, sondern mit Freude mitarbeitet. Und das während der gemeinsamen Arbeit an diesen Banalitäten die Beziehung und das Vertrauen und die Zuneigung zueinander so sehr wächst, und sich festigt, dass dann auch Situationen, in denen die Angst/Unsicherheit/... doch noch auftaucht besser bewältigt werden können. (Und ich spreche jetzt nicht von Gehorsam der über dem Trieb steht, sondern von einem Hund, der mir so vertraut, dass er sich bei Angst entscheidet, bei mir Schutz zu suchen und nicht zu flüchten oder nach vorn zu gehen.)
Und bezüglich der Zweifler, die finden, das Video sagt nichts über das Alltagsverhalten des Hundes aus und Georg müsse darüber etwas berichten: Wenn ich richtig lese, hat Georg im ersten Posting zum Video geschrieben "ehemaliger Problemhund" - was kann man daran eigentlich nicht verstehen?!