Hier also MEINE Erfahrung mit einer OP
Ausgangssituation: knappe 130kg
Essen ist wichtig, muss immer in vielen Variationen vorhanden sein. Den ganzen Tag ein schlechtes Gewissen, weil ich es einerseits brauche, andrerseits genau weiß, dass es nicht gut ist. Ergibt einen unzufriedenen Zwiespalt, der sich mit Essen bessert....Teufelskreis
Der Blick in den Spiegel trägt auch nicht zur Gemütsaufhellung bei
Zu dieser Zeit macht sich ein massives Knieproblem nach einem Sturz bemerkbar, ein Besuch in einer orthopädischen Ambulanz ergibt, dass das Knie ersetzt werden muss. Unverblümt macht mir der Arzt aber klar, dass der Erfolg durch das extreme Gewicht fraglich sein wird, da die Prothese das nicht allzu lang überstehen wird. Er schlägt mir eine Magen-OP vor, nachdem ich ihm erklärt habe, was ich nicht schon alles versucht habe. Gesagt , getan, Termin in der zuständigen Ambulanz. Das war im Juni 2014. Im August hatte ich den Termin beim Professor. Bis dahin hatte ich mich dann auch WIRKLICH über alles diesbezüglich informiert , welche Möglichkeiten es gäbe und was für MICH akzeptabel wäre. Dadurch kam es zu einem sehr konstruktiven Gespräch mit dem Chirurgen, der aufgrund meines Essverhaltens meint, die einzig erfolgversprechende Methode sei ein Magen-Bypass. Mägenbänder operiert er persönlich überhaupt nicht mehr, weil sie sich auf lange Sicht nicht bewährt hätten.
Damit liefen die Vorbereitungen an........Einreichung bei der Krankenkasse, Gespräche mit der Diätologin, interne genaue Voruntersuchungen, Magenspiegelung (iiiiiih, davor hatte ich den größten Bammel, ist aber mit Schlafspritze wirklich harmlos), Psychologisches Gutachten. Doch mittlerweile ist mein entschluss unumstösslich, ich WILL diese OP, will mein Leben zurück, mag diesen Körper nicht mehr. Niemand, der nie sehr stark war, versteht, wie sich Menschen mit massiven Übergewicht fühlen, und dass es nicht nur an mangelnder Willenskraft fehlt......
Zur OP
Bei einem Bypass wird der Magen auf die Größe eines Fruchtzwergebechers (Originalaussage des Chirurgen) verkleinert, das Hungerzentrum wird dabei mit abgetrennt. Man hat danach also nicht nur wesentlich weniger Platz, sondern auch wesentlich weniger Bedürfnis nach Essen. . Der Zwölffingerdarm wird brach gelegt (also umgangen), der Dünndarm direkt an den Magenausgang angeschlossen. Dort kommen dann auch erst die Verdauungssäfte dazu. Hat die Folge , dass Speisen nicht mehr wie üblich aufgeschlossen werden, nicht mehr soviel vom Körper aufgenommen werden kann. Soweit so gut- hat allerdings auch den Nachteil, dass ab da dann auch Vitamine , Spurenelement und ähnliches Mangelware werden. Diese müssen nach der OP künstlich zugeführt werden- LEBENSLANG. Gibts als Kautabletten, die echt gut schmecken, ist also - außer in finanzieller Hinsicht- keine wirkliche Belastung
Die OP wird im Normalfall laparoskopisch durchgeführt, da bedeutet 5 Löcher verteilt am Bauch, war für mich keine große Affäre
Mir ging es nach der OP ausgezeichnet, ich wurde wirklich gut schmerzversorgt, konnte am nächsten Morgen bereits vom Katheder befreit werden und mich sehr gut bewegen, es gab keine Probleme mit den Wunden.
Ich konnte nach 3 Tagen heim gehen
Essen:
Nach der OP gibts 2 Tage lang nahezu NICHTS. Was aber eigentlich gar nicht so schlimm war, ich hatte keinen Hunger. Man beginnt dann mit Kartoffelpüree und Karottenbrei. Nach 2 Tagen schmeckt sogar das halbwegs
Step by Step kommt anderes Essen dazu, man muss sich selbst hintasten was geht und was weniger.
Natürlich ist der ganze Verdauungstrakt beleidigt und ich hatte kaum Hunger. 1/2 Brot zum Frühstück war mehr als genug- wenn überhaupt.
Zu Kohlehydraten wie Reis und Nudeln habe ich bis heute -GsD - ein angespanntes Verhältnis, da geht nur sehr wenig
Salat&Co kann man sich in der ersten Zeit getrost abschminken, den der würde das geringe Volumen sofort zumachen und du kannst nichts anderes mehr essen, wirst aber vom Salat alleine halt auch nicht satt bzw sehr schnell wieder hungrig....naja, das bissl Gefühl , dass du jetzt ein Essbedürfnis hast
Was gar nicht geht (auch bis heute) , und das ist auch normal und beabsichtigt: Man kann zum Essen nicht mehr trinken.
Das würde sofort aufquellenund zeigt die Begrenzung sehr deutlich an. Ist ziemlich unangenehm, und man lernt sehr schnell, diesen zustand zu vermeiden. Genauso, wie mehr zu essen, als der Magen aufnehmen kann. Mir persönlich ist es unverständlich, dass es Leute gibt, die nach einer solchen OP krampfhaft versuchen, wieder mehr reinzustopfen. Wenn man das lang und intensiv genug ausprobiert, dehnt sich der Restmagen wieder auf und man kann wieder mehr essen- nicht im Sinne der OP klarerweise
Und jetzt das beste:
ich esse ALLES. Alles, was mir schmeckt, alles was ich will. Vom Pizza über Schoko zu Gebackenem. Ich muss mir nichts mehr verbieten und dann erst recht Heißhunger drauf kriegen. Denn ich esse einen Bruchteil Mittlerweile ist die OP wie gesagt fast 2 Jahre her und mehr al 2 Eckerln von einer Pizza (=1/4) geht einfach nicht und ich will das auch nicht. Mehr als 2-3 Eckerln von einer Schoki sind uninteressant, früher durfte es schon mal mindestens 1/2 große Tafel sein.
Ich brauche gar kein schlechtes Gewissen mehr haben wegen dem was ich esse , und seitdem hat des Essen seine Wichtigkeit verloren.
Ich muss nicht mehr alles zu Hause haben, denn ich kann es eh nicht essen. Ich brauche keine gefüllte Naschlade, den 2 Bissen von irgendwas Süßen reichen bei Bedarf völlig. Ich bin meine psychische Anhängigkeit von Nahrung los!!!!
Mein Blutdruck hat sich normalisiert, ich brauche seit 1 1/2 keine Medikamente mehr, vorher waren es 3 /Tag
Ich hatte Kleidergröße 52-54, heute fühle ich mich in 44 sauwohl. (auch wenn andere vielelicht meinen, dass das noch immer zuviel ist, für MICH ist es absolut in Ordnung)
Ich habe 35kg abgenommen, ohne irgendwie zu leiden, oder verzichten zu müssen, denn ich bekomme ja ALLES was ich will
Ich bekomme Komplimente ohne Ende, wie gut ich aussehe, für mich ist es fast die beste Zeit meines Lebens, weil ich das alles jetzt bewusst genießen kann
Es ist keine einfache OP, es ist ein riesiger Eingriff, aber ich habe ihn keine Sekunde bereut und würde es jederzeit wieder machen.
MIR hat es so unendlich viel gebracht, und ich bin sehr, sehr dankbar, dass es die Möglichkeit gab, mir so zu helfen.
Das einzige was ich bereue, ist, dass ich nicht schon 10 Jahre früher "reif" dafür war- ich glaube das ist die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg der OP. Du musst auch im Kopf bereit sein, dein Leben auf die geänderten Umstände einzustellen.
In diesem Sinne wünsche ich jeder/m Einzelnen von euch, dass er SEINEN Weg- welcher auch immer das sein mag- erfolgreich beschreitet
Liebe Grüße
April