(fällt eigentlich schon auf, dass ich grad etwas zuviel freie zeit hab? )
Genausowenig halte ich davon, immer das "andere Ende der Leine" für alles verantwortlich zu machen.
wenn soll man allerdings dann verantwortlich machen - oder zur verantwortung ziehen?
sobald sich hunde selbst erziehen und beaufsichtigen und nach menschlichen maßstäben denken und handeln, bin ich gern bereit, über die schuld des hundes nachzudenken.
"das andere ende der leine" ist bestimmt nicht immer schuld im sinne von "hätte jede handlung des hundes voraussagen können" o.ä. - aber der mensch ist derjenige, der den hund in menschliches umfeld bringt, der dafür zuständig ist, dass sich der hund "gesellschaftskonform" verhält - und tut hund das nicht, dafür sorge zu tragen hat, dass eben nix passiert. wie auch immer dieses "dafür sorge tragen aussieht".
ich geh nicht davon aus, dass meine hunde die welt so sehen wie ich, will aber, dass sie sich in "meiner welt" bewegen, also muss ich dem hund meine welt einerseits verständlich machen und trotzdem bedenken, dass es immer übersetzungsfehler gibt. die "moralische instanz" meines hundes bin ich und letztlich bin ich auch der- oder diejenige, die hund etwas tun lässt oder auch nicht (absichtlich wie unabsichtlich).
wenn ein hund einfach bei der tür rausstürmt und ein kind anfällt, beißt zwar der hund, aber ich hab die tür offen gelassen.
wenn wir davon ausgehen, dass massive bisse sich in irgendeiner art "ankündigen", manche verhaltensweisen problematischer zu werten sind als andere, dann liegt es trotzdem bei mir als besitzer, darauf zu reagieren, der hund verhält sich immer nur wie ein hund und für sich selbst gesehen normal. das abnormale oder unerwünschte verhalten definiert immer noch der mensch.
ich bin übrigens sehr wohl der ansicht, dass es im durchschnitt gesehen einfachere und schwierigere rassen gibt - welcher hund für welchen besitzer, für welches lebensumfeld nun aber einfach oder schwierig ist, ist dennoch ziemlich individuell zu sehen.
liest sich wahrscheinlich etwas kompliziert und verworren, in meinem kopf denkt sich das alles viel einfacher.
hm... mir ist neulich das dicke kampftier - "das hat sie noch nie gemacht" - über den hundezonenzaun gesprungen und hat einen fremden, am zaun vorbei gehenden hund erst mal mit dem kopf geboxt, sich dann aber doch zur flucht entscheiden.
hätte, wäre der andere hund recht verstimmt gewesen, dass ihn da ein hund so unfreundlich angeht und anrempelt, durchaus in einer beisserei enden können. aber dann können hunde meistens trotzdem ohne menschliche intervention miteinander kommunzieren. nix passiert.
hund springt übern zaun und draht mit einem anderen an, kam aus heiterem himmel. was hätte ich denn da dagegen tun sollen? wo liegt da meine schuld? ich hab mich vorschriftsmäßigst verhalten, auch werd ich meine hunde nicht tag und nacht an der kurzen leine halten, fesseln, knebeln und sedieren, damit nix passiert.
tja, mittlerweile sag ich "war doch eigentlich klar, dass sie eines tages über den zaun springen wird. hätt ich eigentlich schon vorher merken müssen."
hund seit wochen unausgelastet und nervös. ist die dicke nervös, entlädt sich ihre anspannung auch mal an anderen hunden, eben durch in die seite boxen (was, realistisch betrachtet, im falschen moment auch zu einem schnappen oder gar beißen werden könnte). die dicke pöbelt seit einiger zeit am zaun. erst zaghaft, mittlerweile recht vehement.
die dicke fährt bei stress schnell hoch. erst hat sie unten am zaun gepöbelt, dann kam die erkenntnis: man kann auch mittig pöbeln und irgendwann: man kann sich zum bedrohlich wirken auch auf den zaun lehnen. ein hund, der dabei total unter anspannung steht - die irgendwo hin muss (hündin zwei würd in einer solchen situation eher den nächststehenden hund in den nacken zwicken zum abreagieren) wird irgendwann springen.
an dem tag hab ich zwei pöbelattacken nicht rechtzeitig abgebrochen oder nicht wirklich drauf reagiert. warum mach ich das, wenn ich einen hund hab, der schnell hochdreht und dann irgendwie die anspannung loswerden muss?
beim dritten pöbelversuch war sie noch immer hochgepusht von den vorigen. dann is sie halt zum ersten mal in ihrem leben über einen zaun gesprungen. (zwar eine recht menschliche sichtweise, aber der blick war ziemlich belämmert und mehr so "äh, was hab ich da eigentich gemacht, wieso steh ich plötzlich auf der anderen seite?")
jetzt kann ich natürlich sagen "hilfe, ich hab einen hund, der aus heiterem himmel etwas macht, dass er noch nie zuvor getan hat und der einen anderen angeht." oder das meines erachtens nach wirkliche problem angehen: hund nicht pöbeln und anspannung aufbauen lassen und sie wird auch nicht mehr springen - denn warum sollte sie?
setzt allerdings voraus, dass ich auch mitdenk, die üblichen reaktionen meines hundes halbwegs abschätzen kann (ob meine interpretation ihres verhaltens wirklich richtig ist, weiß ich natürlich auch nie, weil ich`s aus menschlicher sicht und halt auch aus dem "mutterauge" seh) und nicht tagträume, beim rausgehen.
und ehrlich, das ist teilweise wirklich anstrengend (und gelingt mir beileibe selber nicht immer - aber um die eigene fehlerquote überschaubar zu halten, gibt es u.a. recht effektive hilfsmittel wie leine und beißkorb - auf die man, so man sowas überhaupt besitzt, zurückgreifen kann)
und dann kann steht halt auch zu vermuten, dass 97,3% hundebesitzer nicht versuchen, zu verstehen, warum ihr hund grad dies und jenes gemacht hat.
aber so wie hinter menschlichen handlungen auch immer ein rattenschwanz an vorgeschichte mit dran hängt, tut es das bei hunden. und die sind doch einfacher gestrickt und ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass hunde binnen drei sekunden ihnen völlig neue verhaltensweisen entwickeln, mal eben schnell irgendwas neues erfinden und ganz "spontan" handeln, sondern alles eben seine vorgeschichte hat, die halt nicht immer leicht zu erkennen oder restlos zu rekonstruieren ist.
gesprungen ist mein hund, nicht ich. aber ich bin diejenige, die nicht will, dass sie das tut - wer außer mir hätt was dagegen tun können?
klar, der besitzer vom anderen hund hätt wirklich nicht just in dem moment vorbei gehen müssen und dann auch noch so nah am zaun. klar, die stadt wien, die hätt höhere zäune errichten können. und überhaupt ist es ja ungeschriebenes gesetz, dass diese kampfhunde einfach so sind und halt sowas machen. ich hatte also gar keine chance, sie davon abzuhalten.