DAS hast Du aber nicht geschrieben. Dein Text war "Du willst Deinem Hund mit vorgehaltenem Leckerli das Sitz beibringen....". Wenn ich also noch in einem Stadium bin, wo ich den Hund mit vorgehaltenem Leckerchen ins Sitz führe (es ihm also noch beibringe), dann hat "positive Strafe" (und sei es auch nur ein böser Blick, weil der Hund nicht gleich versteht, was ich von ihm will) in dieser Lernphase absolut nix verloren.
Wenn der Hund die Übung grundsätzlich schon kann, dann kann wohl hoffentlich davon ausgegangen werden, daß man ihm kein Leckerchen mehr vorhalten würde.
Soviel zum Beistrich suchen.
Wir befinden uns also in einer völlig anderen Situation. Und es stellt sich die Frage, ob der Hund in der Ausbildung tatsächlich schon weit genug fortgeschritten ist, diese Übung auch unter Ablenkung ohne Verzögerung zu verlangen (bzw. welcher Art die Ablenkung eigentlich ist - und wie der Hund diese Ablenkung empfindet - ist sie hoch motivierend, z.B. ein Spiel mit dem besten Kumpel oder einen Hase jagen - oder ist es etwas, was den Hund verunsichert oder ihn sogar ängstigt). Oft ist es aber auch der Mensch, der sich zu früh zu viel von seinem Hund erwartet.
Daß Hunde sich nicht gerne ins Nasse und Kalte setzen, kann ich durchaus verstehen, manchen ist es nämlich nicht nur unangenehm, sondern es schmerzt sie auch. Im Alltag würde ich versuchen, solche Situationen zu vermeiden oder sie dem Hund zu erleichtern (man kann ja statt "Sitz" auch "Steh" verlangen), im Training versuche ich, ihn da absetzen zu lassen, wos erstmal nicht so unangenehm ist und wenns mir aus Gründen des Ehrgeizes so wichtig wäre, daß sich der Hund auch bei nur 2 Grad im ärgsten Gatsch absetzt, dann führ ich ihn wenigstens langsam an diese Situation heran und verlang nicht unbedingt sofort den perfekten Gehorsam. Und ob es tatsächlich vertretbar wäre, den Hund in so einer Situation wegen Gehorsamsverweigerung zu strafen (warum denn der böse Blick oder die böse Stimme, oft reichts doch ein zweites mal "Sitz" zu sagen), lassen wir mal dahingestellt, denn das führt wieder mal zu einem Religionskrieg.
Da geb ich Dir sogar recht, sowas passiert jedem. Wir sind alle keine Maschinen und wir alle machen Fehler. Und ja, wir sollten uns dieser Fehler bewußt sein und zumindest versuchen, sie von vornherein auszuschließen oder deren Folgen so klein zu halten, wie möglich.
Oh doch, auch mir passierts. Leider immer noch zu oft (bin halt auch nur ein Mensch und manchmal genervt, ungeduldig oder ungerecht). Und wer von sich was anders behauptet, lügt.
Schön wärs, spielts aber net.
Aber ich versuche tagtäglich, mich zu verbessern. Und ich unterscheide immer mehr zwischen notwendiger Erziehung für den Alltag auf der einen Seite (und nein, ich laß mir von meinem Hund auch net das Essen vom Tisch klauen oder clicker ihn stattdessen in ein Alternativverhalten - wenn ich ihn dabei erwischen würd, wär ich in dem Moment auch mal lauter oder würd ihn von da wegschubsen) und sportlichem Training auf der anderen Seite. Da sollte das Training schon grundsätzlich auf positiver Verstärkung basieren. Gelingt mir leider auch net immer, weil manchmal doch noch etwas zu viel Ehrgeiz gepaart ist mit etwas zu wenig Geduld. Mein persönliches Manko, mein persönlicher Weg, dieses zu verringern. Und ja, vor 10 Jahren habe ich anders gedacht und gehandelt, als heute. Und ich hoffe, daß ich in weiteren 10 Jahren nochmal anders denken und handeln werde.
Wie weit "Strafe" im ethisch-moralischen Sinne vertretbar ist für etwas, was ein Hund ja zu unserem Plaisier machen soll/muß, und wie wohl Hunde sich tatsächlich fühlen, auch wenn sie vordergründig sehr viel Spaß an etwas zu haben scheinen, wäre dann nochmals eine andere Diskussion. Das muß ja letztlich jeder für sich selbst - und vor allem für seinen Hund - entscheiden.
Und ich gebe zu, daß dies auch eine ziemlich theoretische Diskussion bleiben wird für die Masse aller auf dieser Welt lebenden Hunde, ob sie nun in Cesar Millans Händen landen, als Schlachtvieh gehalten oder sonstwie mißbraucht werden.
Hab ich das je behauptet? Nein. Also was soll das dann? Es sollte doch klar sein, daß jeder hier seine Meinung darstellt, wie es im Idealfall sein sollte (und wir alle diesem Ideal bei bestem Willen nicht zu 100% gerecht werden können). Und es sollte hier auch nicht um Dinge gehen, die wohl jedem mal passieren und über die man sich dann eh zwei Sekunden später ohrfeigen könnte, sondern darum, was grundsätzlich in der Erziehung und im Training von Hunden gut und richtig ist.
Unter allererster Bedachtnahme auf das Wohlbefinden des Hundes. Und mit dem grundsätzlichen Wissen, was negative, aber auch zu positive Emotionen beim Lernen anrichten können und wie wichtig eine entspannte Atmosphäre und ein fairer Umgang mit dem Hund für einen nachhaltigen Lernerfolg ist.
LG, Andy