Conny... wodurch entsteht "Gewissen"? Kann es nicht sein, dass es auf biologischen Vorgängen beruht, wie sich das bildet?
Ich würde einmal sagen, Gewissen ENTWICKELT sich. Einerseits durch den Einfluß der Eltern und anderer erwachsener Bezugspersonen, die ein Kind hat.
Im Idealfall wird einem Kind ja schon die Mama (Papa, Großeltern, Lehrer etc. etc) sagen, daß Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft etc. gut und richtig ist - und daß es andererseits eben nicht gut und richtig ist, einem anderen Kind eine reinzuhauen, weil man gerade das Spielzeug haben möchte, das es in der Hand hält.
Auch eigene Erfahrungen tragen zur Entwicklung des Gewissens bei - der (kleine) Mensch lernt, daß ein "Klima" von Freundschaft /gegenseitigem Wohlwollen etc. etc. bessere Gefühle auslöst als ein "Klima" von gegenseitiger Bedrohung , Neid und Schadenfreude.
Es ist im Menschen ganz einfach auch "angelegt" sich ab einem gewissen Alter Gedanken über "richtig oder falsch", über Themen wie Schuld und Reue etc. zu machen. Das sind alles Entwicklungsschritte, die eben verschiedensten Einflüssen unterliegen und NATÜRLICH auch durch "negative" Einflüsse beeiträchtigt werden können.
Daß all das, was wir erleben, denken, fühlen, tun etc. natürlich auch ein "körperliches Korrelat" hat - Spuren in unserem Gehirn hinterläßt; daß sich Hormonhaushalt und Gefühle wechselseitig beeinflussen etc. - ja das ist ja hinlänglich bekannt und natürlich ein interessantes Forschungsgebiet.
Und selbstverständlich wird man entsprechende "Störungen" auch behandeln. Ich hab eine Freundin, deren Morbus Hashimoto sich zu allererst durch emotionale Probleme gezeigt hat. Ihr Mann konnte anfangs gar nicht verstehen, daß seine - ansonsten durchaus "nervenstarke" Frau - plötzlich wegen jedem "Schmarrn" Weinkrämpfe bekommen hat. Na klar ist da medizinische Behandlung angesagt - genauso wie bei jeder anderen Erkrankung. Und selbstverständlich muß traumatisierten Menschen die Möglichkeit einer Therapie bei erfahrenen Therapeuten geboten werden. Das steht ja alles völlig außer Frage.
Nur ändert das absolut nichts an der Eigenverantwortlichkeit des Menschen und daran, daß der Mensch einfach MEHR ist als seine biologischen Funktionen. Es gibt auch keine Determiniertheit ala - "Wem dieses oder jenes passiert ist, der wird zwangsläufig einmal in einer bestimmten Weise empfinden oder ganz bestimmte Dinge tun."
Vieles, was Menschen widerfährt BEGÜNSTIGT Entwicklungen in eine bestimmte Richtung - aber dem Menschen bleiben Wahlmöglichkeiten.
Wenn ich immer wieder enorm wütend bin kann ich, den Psychiater oder Therapeuten aufsuchen - ich kann darüber reflektieren, versuchen herauszufinden warum ich so empfinde und nach Lösungen suchen - ich kann versuchen meine Wut z.B. durch körperliche Betätigung "abzuarbeiten" - oder ich kann meinen Hund verprügeln /dem nächstbesten Passanten eine "auf die Pfeiffe" haun etc. etc. etc. Für welche der Varianten ich mich entscheide, liegt schon auch ein gutes Stück weit bei mir und ist mir nicht einfach zwangsläufig durch meinen Hormonhaushalt / meine Gene oder was auch sonst vorgegeben.
Liebe Grüße, Conny