was mich unheimlich ärgert ist, dass es anscheinend einfach nicht möglich ist, ernsthaft darüber zu sprechen, wie man schwere bissvorfälle verhindert. so selten sie auch sein mögen.
es ist nicht normal und an der tagesordnung, dass ein hund ein kind tötet - nur ist es völlig wurscht ob es ein dackel, ein husky, ein pitbull oder ein chinesischer faltenhund war, da jetzt zu sagen, aber die oder die rasse würde sowas nie tun, da krieg ich ehrlich die krise - ich will überhaupt nicht, dass ein kind getötet wird, egal von welchem hund - da setzt bei mir wirklich jedes verständnis aus, wenn dann noch relativiert wird, aber das war ja ein mischling aus der und der rasse - ah, ja... welche rasse hat jetzt wirklich zugebissen? und ist dieses sich an rassen aufhängen nicht letztlich völlig kontraproduktiv - jeder hundebesitzer hat verdammtnochmal die aufgabe sich damit auseinanderzusetzen, dass hunde nun mal beißen können und situationen entstehen können, die niemand so erwartet hatte.
und es gibt so ziemlich bei jedem hund verhaltensweisen, durchaus individuell zu sehen, die zu problemen führen können. tun sie in den allermeisten fällen nicht, aber sie könnten und das allein sollte reichen, mir zumindest ein wenig gedanken darüber zu machen. die meisten bissvorfälle sind "kleinigkeiten", ich will aber nicht mal, dass meine hunde jemanden auch nur ein bisschen beißen, also muss ich mich damit auseinandersetzen welche folgen welches verhalten für meine umwelt haben könnte und wie ich damit umgehe.
mir ist schon mal ein passant in einen hund gelaufen, der nach einem anderen hund geschnappt hat - das hat für mich zwar mit beißen noch nichts zu tun, nur wie kommt jemand wildfremder dazu, von meinem hund auch nur gezwickt zu werden? gut, das erste mal war überraschend, ich werde meine hunde nicht fesseln, knebeln und 24 stunden am tag in den keller sperren, damit sie niemals irgendjemanden auch nur schief anschauen können, aber wenn ich bereits weiß, wie mein hund in manchen situationen reagiert, sollt ich mir schon gedanken machen, welche auswirkungen das haben könnte.
und wenn ich ein solches verhalten bei 3 von 7 hunden, mit denen ich regelmäßig zu tun habe, erlebe, dann kann mir niemand erzählen, dass es so selten ist, dass z.b. ein leinenpöbelnder hund seinen "frust" durch in die luft schnappen entlädt - aber ein solches verhalten kann eben, wenn`s ganz blöd hergeht auch einen völlig unbeteiligten menschen treffen, also muss ich etwas dagegen tun.
ich seh das noch zwar als relative kleinigkeit... mich haben ponies, fledermäuse, hamster etc. schon schlimmer gebissen, am ärgsten war der maulwurf, der sich in meinen finger verbissen hatte... ich hab kein problem damit, dass tiere eben beißen können, ich möchte nicht gebissen oder geschnappt werden, ich seh das noch relativ entspannt - nur kann ich nicht immer nur von mir ausgehen.
wie gesagt, das sind noch eher "kleinigkeiten", denen viele besitzer eher wenig bedeutung beimessen - nur jeder schnapper eines hundes trägt mehr zur hundehysterie bei - jeder behandelte biss, und sei es eine lapalie, findet heute eingang in eine bissstatistik - den großteil dieser bisse machen zwar eher geringfügige verletzungen aus, nur das ist relativ egal, in der öffentlichen meinung sind alle 5000 bisse (also rund 1% aller österreichischen hunde zwickt, kratzt, beißt einen menschen so, dass er danach zum arzt geht/gehen muss) in österreich schwere vorfälle.
da kann ich nicht daherkommen und sagen "tja, mein biss mit listenhund war ein 2mm großes loch am finger, weil ich hund unvorbereiteterweise von ihm geklautes futter einfach aus dem maul gerissen habe und der hund statt auf das stück futter, dass er sekundenbruchteile davor noch gierig fressen wollt, halt meinen finger getroffen hat, weil ja kein futter mehr da war. und ich bin nur deshalb ins krankenhaus, weil´s halt direkt auf dem fingergelenk war und ich keine bakterieninfektion im gelenk riskieren wollte, falls das doch etwas angekratzt gewesen wäre, weil man hört ja immer wieder, dass tierbisse sich bös entzünden können und der biss durch eine entzündung hinterher schlimmer geworden wäre, als er war."
wenn mein hund mir den finger anbeißt - ja mein gott, mein risiko - nur wenn mein hund jemand anderen verletzt, liegt das in meiner verantwortung. solche "kleinigkeiten" können dir aber mit jedem hund passieren.
extreme vorfälle passieren sicher leichter mit größeren hunden - aber auch hier ist diese fixierung auf rassen kontraproduktiv - weil sich alle anderen hundebesitzer bissl daran abputzen... ihnen kann sowas ja nicht passieren.
nur liegt es nicht an der rasse, sondern an individuellen verhaltensweisen und der verkettung unglücklicher umstände, wenn wirklich extreme dinge passieren und meist passiert so etwas in wahrheit nicht aus dem nichts heraus. nur wenn ich die vorzeichen nicht sehe, wirkt es eben so.
und blind durch die gegend laufen aber wirklich alle möglichen hundebesitzer.
hier noch ein theoretisches beispiel, was "aus dem nichts heraus" passieren könnte:
ich kenn einen hund, der absolut menschenfreundlich ist, der kinder mag, der eine hundeschule absolviert hat, der im privaten alltag super umgänglich ist, sich alles mögliche gefallen lässt, mit anderen hunden ist er absolut verträglich, mit ein paar rüden kam er mal eine weile nicht klar, aber ansonsten alles eitel wonne.
an der leine allerdings reagiert er allerdings sehr heftig auf andere hunde - das würgehalsband, das auf anraten der hundeschule eingesetzt wurde - nicht mehr wird - hat das problem eher verschärft, dadurch wurde der hund so hoch gepusht, dass er sich noch deutlich mehr reingesteigert hat. er reagiert mittlerweile auf jedes kleinste anzeichen von hund und ist augenblicklich auf hundertachtzig, vereinzelt geht er so hoch, dass er blind um sich zu schnappen beginnt - er beißt nicht, er entlädt im prinzip nur die riesige anspannung, unter der er steht. von diesem adrenalinkick kommt er nur schwer wieder runter. obwohl er ansich andere hunde mag, weiß ich nicht, ob er bei so hoher anspannung von der leine gelassen dem anderen hund nichts tun würde. und ehrlich, ich würd es auch nicht ausprobieren.
gleichzeitig ist dieser hund sehr objekt- und bewegungsfixiert. manche bewegungsabläufe irritieren ihn sichtlich und er baut wieder spannung auf.
und jetzt nur für den theoretischen fall, dass sich folgende ereigniskonstellation ergäbe, die in hundert jahren nicht eintreten muss:
hund reagiert auf die sichtung eines anderen hundes mit extremem spannungsaufbau, ich habe falsch reagiert, statt ruhig zu bleiben, werd ich unsicher oder brutal, um ihn zur besinnung zu bringen und fahre ihn damit nur noch mehr hoch - jetzt neigt dieser hund aber dazu, diese spannung durch schnappen o.ä. zu entladen bzw. sehr lange auf einem hohen erregungslevel zu bleiben, auch wenn der andere hund schon wieder weg ist.
im selben augenblick - oder vielleicht sogar erst minuten späterkommt jemand, der auffällig hinkt oder am stock geht und rutscht zufällig aus.
der hund ist noch immer auf den für ihn sehr starken reiz "anderer hund" fixiert und hat noch ordentlich adrenalin im blut, plötzlich taucht aber ein anderer, für ihn sehr starker reiz auf: "seltsame bewegung, seltsames objekt" - zusätzlich hat dieser hund noch nie gesehen, dass jemand einfach hinfällt.
das heißt also, zwei für diesen hunde sehr starke reizmomente überschneiden sich, während er innerlich noch auf 180 ist, obwohl er nicht mehr pöbelt, anderer hund außer sichtweite und für mich alles wieder normal scheint - in dem moment können diese starken reize dazu führen, dass dem hund quasi aus reizüberflutung und anspannung die "sicherungen durchbrennen" und sich diese anspannung in extremem verhalten entlädt.
und dann stehst du da mit einem hund, der lieb und nett ist, ein gutmütiger dolm, abgesehen davon, dass er halt ein bisserl stänkert - und dieser hund hat trotzdem, obwohl du dafür die hand ins feuer gelegt hättest, dass er niemals einen menschen beißt, jemanden schwer verletzt, weil die reize für ihn in dem moment so stark waren, dass er nicht mehr unterscheiden konnte, sondern einfach "ausgetickt" ist.
zwei dinge, die ich immer unabhängig betrachtet habe, haben plötzlich zu etwas dritten geführt, dass ich für völlig unmöglich hielt und passiert ist es trotzdem.
ich kann für keinen meiner hunde garantieren, dass sie niemals, so unwahrscheinlich es auch sein mag, in eine situation geraten, wo ihr ansich "nur so ein bisschen problematisches" verhalten - das ja auch eine reaktion auf eine reiz ist, durch irgendeinen saublöden zufall verstärkt - ich kann mir nur ansehen, wie meine hunde sind und an den punkten arbeiten, die mir auffallen. deswegen sind meine hunde nicht gefährlich - aber es könnte situationen geben, wo sie es eben situationsbedingt sind, wenn ich nicht entgegenwirke und meine hunde auf ein leben im menschenalltag vorbereite oder versuche zu verhindern, dass sich manche situationen ergeben, in dem ich etwa dem potentiell schnappenden hund eben einen beißkorb raufgebe.
die folgen eines "austickenden" kleinen hundes mögen nicht so schlimm sein, aber ich persönlich halte es für sehr wichtig, dass sich jeder hundebesitzer zumindest in ansätzen gedanken darüber macht, welche verhaltensweisen seines hundes womöglich irgendwann zu problemen führen könnten. wird dann wahrscheinlich eh nicht eintreten, der extreme extremfall - aber besser ich verhindere ich gedanklich vorab, als er passiert doch.
deshalb sind hunde noch lange keine reißenden bestien oder böse, überhaupt keiner - nur die tatsache verleugnen, dass hunde so ziemlich aller rassen menschen auch schaden zufügen können, so unwahrscheinlich es auch sein mag, verhindert keinen biss.
ich möchte nie im leben in eine situation geraten, dass einer meiner hunde einen menschen schwer verletzt, weil ich sein verhalten falsch eingeschätzt habe, nicht richtig gedeutet, nicht ernst genommen und vorallem, weil ich nichts dagegen unternommen habe.
und das meiste kann ich wohl unternehmen, wenn ich meine hunde halbwegs vernünftig erziehe, sie mit möglichst vielen dingen bekanntschaft schließen lasse und auf die darauf folgenden reaktionen achte.