Markus Pollak
Super Knochen
gibt es Hunde, die auf ein höheres Aggressionspotential gezüchtet wurden?
Natürlich, aber die Betonung liegt auf WURDEN!
Ich würde sogar behaupten, dass man bei vielen Hunderassen bis in die 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts kein grosses Interesse an zu "freundlichen" Hunden hatte.
Das hat sich aber ZU RECHT geändert und seit dieser Zeit werden in Österreich gezüchtete Hunde immer "zivilisierter".
Wenn man bedenkt, dass die Hunde der 70er-Jahre schon zwischen 10 und 20 Generationen zurück liegen, dann sieht man wie lächerlich ein Vergleich mit den vielzitierten Kampfhunden des 19. Jahrhunderts ist, die in den meisten Fällen selbst rein äusserlich nicht mehr mit ihren Nachkommen vergleichbar sind (oder denkt heute ausser Herrn Amon jemand ernsthaft, dass ein Bulldog noch herzhaft zubeissen kann?).
Bei diesen Hunden reden wir von Tieren, die ca. 50 bis 70 Generationen vor unseren heutigen Hunden geboren wurden...was soll da noch von den damals erhofften Eigenschaften direkt weitergegeben worden sein?
70 Generationen - da sind wir Menschen irgendwo im Jahr 650, treffen in Mitteleuropa auf die ersten Christen und glauben, dass man am Ende der Welt in einen tiefen Abgrund fällt.
Aber um realistisch zu bleiben, nehmen wir wirklich die 70er-Jahre als Anhaltspunkt...
10 bis 20 Generationen würde bei Menschen etwa 300 Jahre bedeuten.
Nicht zu vergessen, dass bei der Zucht von Rassehunden zusätzlich noch auf erwünschte Wesensmerkmale selektiert wurde (wie gesagt, seit den 70er-Jahren immer mehr und mehr in Richtung alltagstauglicher Familien- und Showhund), während Menschen sich eher wie Mischlingshunde vermehren und sich ihr Wesen entsprechend weniger/langsamer verändert.
Ich bin nicht davon abzubringen, dass gerade die ehemaligen Kampfhunderassen in den letzten 20 bis 30 Jahren eine gewaltige Wandlung zum Familienhund durchgemacht haben.
Ein wunderbares Beispiel ist da sicher der Bullterrier, der heute dem alten "Hauk"-Typ nichtmal annähernd entspricht und erst recht nicht mit den ursprünglichen Bullterriern von James Hinks verglichen werden kann (wobei selbst Hinks schon keinen Kampfhund, sondern einen Ausstellungshund züchtete...und das im 19. Jahrhundert!!!).
Bis auf extrem wenige Züchter, von denen noch viel weniger in Europa zu finden sind, selektieren so ziemlich alle Züchter der "Listenhunde" NICHT mit Augenmerk auf Aggression, sondern mit dem Ziel einen (dem Rassestandard entsprechend) schönen, alltagstauglichen Familienhund zu bekommen, der mit etwas Glück auch im Hundesport geführt werden kann.