Fachsymposium 2010 in Teisendorf

Sabsi, also zuerst einmal...alle Achtung! Du schreibst sehr sachlich und gut, kennst dich sichtlich wirklich gut aus!
:)
Wie ist das mit dem Abbruchsignal, dem "Legen"? Ich mein, ich kann mir vorstellen, dass der Hund dann wirklich raus aus dem kommt, wo er grad drin ist (in einer Art von Spirale, wo's immer ärger wird). Aber ist das nicht nur für kurzfristig? Was passiert "nachher"? Nachdem er den Hund gelegt hat?
Ein kurzes Streicheln allein kann's ja nicht sein. Wie wird dem Hund dann ein Alternativverhalten gezeigt? Oder was getan, damit es gar nicht zu der stressigen Situation kommt?
Dann....das macht ja der Trainer. Was hat das mit dem Hundehalter zu tun? Der kann ihn ja nicht werfen.
Irgendwie versteh ich das so...da ist also eine Show, da wird gezeigt, wie man Hunde, die aus lauter Stress schon komplett "taub" sind und vollkommen auszucken, wieder auf den Boden zurückholt. Nur - was bedeutet das für das normale Leben? Ist das nur ein Test, ob der Hund dann nochmals auszuckt?
 
Also, sind wir wieder bei Tb angelangt.
Nein, es ist nicht so, dass das legen des hundes als Erziehungsmaßnahme i.S. von "jedes mal, wenn er das oder das macht, dann legst du ihn" verkauft wird.
Es ist eine absolute "Ultima Ratio" Übung wenn, wie ich oben schon schrieb, der Hund ernsthaft attackiert oder dermassen abdreht, dass er nicht mehr anders abgebrochen werden kann.

Wenn Thomas das bei Wesensüberprüfungen macht, dann nie und nimmer routinemäßig, so nach dem Motto, das mach ich jetzt mal und schau, wie der Hund reagiert. Sondern weil eine bestimmte Situation eskaliert und zwar ohne, dass der Hund vorher gepiesackt wird.

Ja, in der Wesensüberprüfung findet eine Stressorensummation statt! Ich will auch erklären, warum.

Es gibt sehr viele Hunde, die stecken eine Stresssituation weg ... du lässt ein wenig zeit vergehen.... nächste Stresssituation .... Zeit lassen .... nächste Stressituation usw. Es passiert nichts, der Hund bleibt freundlich - neutral.

Dann gibt es Hunde, da machst du Stress ... nächster stress ... nächster Stress usw. => kein Problem!

Und dann gibt es welche, da machst du Stress ... nächster stress ... nächster Stress usw. => Hund rastet beim 4. - 5. Stressor völlig aus und greift an.
Diese kategorie Hunde sind die, bei denen jahrelang nichts passiert und irgendwann beißt er zu. Hunde, die keine ausreichenden Hemmungsprozesse haben, bei denen immer erst der Stresslevel relativ niedirg werden muss, bis er den nächsten Stress wegstecken kann.

Für jemanden, der herausfinden muss, ob z.b. ein bestimmter Hund im TH an leute mit 4 Kindern abgegeben werden kann, muss herausfinden, ob das ein solcher Hund ist.
Jemand der überprüfen muss, warum der hund, der jahrelang problemlos bei dem älteren Ehepaar wohnte, in der WG mit den drei anderen hund, ausgetickt ist, muss herausfinden wieso und inwiefern und wohin dieser Hund noch vermittelbar ist.

Jemand der das jahrelang macht, der von X Tierheimen angerufen wird, um sich solche Hunde anzuschauen, weil deren Einschläferung erwogen wird, der öffentlich bestellter Gutachter für gefährliche hunde ist, genießt dabei bei mir wesentlich mehr Vertrauen, als Prof. Dr. Dr. XYZ, der das (was auch immer) studiert hat und schlaue Artikel schreibt.

Ich kann absolut akzeptieren, wenn man sagt, das ist mir zu hart, so möchte ich nicht mit meinen Hunden umgehen und so möchte ich es auch nicht vermitteln.
Aber man soll doch nciht so tun, als ob alle anderen idioten oder Tierquäler wären.

Und TB zu unterstellen, er würde es aus Profilierungssucht tun, ist eine Frechheit!! Ich würde das jetzt nicht bei jedem der Referenten aus teisendorf so sagen, aber bei ihm bin ich mir sicher!

Das ist ja alles gut und schön...aber was hat die "Evaluierung von Tierheimhunden" mit der Situation bei diesem Seminar, die hier geschildert wurde zu tun?:confused:
 
Und dann gibt es welche, da machst du Stress ... nächster stress ... nächster Stress usw. => Hund rastet beim 4. - 5. Stressor völlig aus und greift an.


ok, das mag eine möglichkeit sein tierheimhunde in gewisse kategorien einzuteilen.
aber wieso sollte ein hund, der sichtlich nicht sehr stressresistent ist, durch eine weitere extrem stressige situation "therapiert" werden?
 
Eine Frage hätte ich da noch - bringt TB das dem HH bei wie er den Hund legen soll und vor allem wann ???




Also, egal wie ich jetzt Antworte -es sorgt für Unruhe!
Klar ist, dass es keine Maßnahme ist, die den Alltag begleitet. Und klar muss auch sein, dass dieses Team in seinem Zusammenleben vor einem großen Problem stehen.
Es geht hierbei nicht darum, so sagt es TB, das der Hund etwas lernen soll (das kann er auch nicht), sondern um einen Zugang zum Hund zu erreichen. ABER wir reden jetzt hier nicht von Hunden, die im Alltag unauffällig sind! -sondern von Hunden die eben auch in gewissen Alltagssituationen nicht mehr zugänglich sind.
Nach der Abklärung ob nach dem "Legen" ein Zugang zum Hund erreicht werden konnte (in den meisten Fällen war es so), der HF selbst überhaupt dazu in der Lage sein könnte und nach Übungen an einem Stoffhund wird es dem HF gezeigt,-aber NOCHMALS: nicht um den Hund nun dauernd zu "Legen" sondern als seltener Notnagel um den HF (die zuvor viele andere Dinge und Methoden versucht haben) wieder einen Zugang zum Hund zu ermöglichen.
 
Also, egal wie ich jetzt Antworte -es sorgt für Unruhe!
Klar ist, dass es keine Maßnahme ist, die den Alltag begleitet. Und klar muss auch sein, dass dieses Team in seinem Zusammenleben vor einem großen Problem stehen.
Es geht hierbei nicht darum, so sagt es TB, das der Hund etwas lernen soll (das kann er auch nicht), sondern um einen Zugang zum Hund zu erreichen. ABER wir reden jetzt hier nicht von Hunden, die im Alltag unauffällig sind! -sondern von Hunden die eben auch in gewissen Alltagssituationen nicht mehr zugänglich sind.
Nach der Abklärung ob nach dem "Legen" ein Zugang zum Hund erreicht werden konnte (in den meisten Fällen war es so), der HF selbst überhaupt dazu in der Lage sein könnte und nach Übungen an einem Stoffhund wird es dem HF gezeigt,-aber NOCHMALS: nicht um den Hund nun dauernd zu "Legen" sondern als seltener Notnagel um den HF (die zuvor viele andere Dinge und Methoden versucht haben) wieder einen Zugang zum Hund zu ermöglichen.

Danke - das beantwortet meine Frage - und in dem Fall ist es mM ein legitimes Mittel wenn es richtig angewandt wird ...
 
Ich kann dazu nur ganz unwissenschaftlich feststellen, dass manche Leute dann offensichtlich ihr Gefühl vor den Seminarräumlichkeiten abgeben.

Niemals würde ich meine zur "Hysterie" neigende Hündin derart attackieren lassen :eek: Was denken sich die Leute nur dabei? Wieso sollte ein wildfremder Mensch in meinem Hund die Verknüpfung herstellen, dass - ja, was eigentlich? Wenn ich unkontrolliert ausratste, weil mir etwas/einiges zu viel wird, kommt jemand, knallt mich auf die Seite und streichelt mich dann??? Das würd ja nichtmal ich begreifen, geschweige denn, mein Hund.




Das "manche Leute dann offensichtlich ihr Gefühl vor den Seminarräumen abgeben" denke ich auf keinen Fall! Diese HF haben sogar sehr viele Gefühle!....und oftmals auch große Probeme im Zusammenleben mit ihren Vierbeinern und somit sind die HF auch verzweifelt.
Ich habe nie erlebt, daß ein HF dabei "gefühllos" bleibt oder jemand daran Spaß gehabt hätte! Emotionen wie z.B. Wut, Erregung oder Lust dürfen hier keine Rolle spielen- darauf wurde immer viel Wert gelegt.
Die meisten Hunde, bei denen ich es gesehen habe, waren danach ruhiger und es konnte so ereicht werden, dass die HF zu ihren Vierbeinern in genau diesen von ihnen so gefürchteten Situationen wieder einen "Zugang" zu ihren Hunden finden konnten und sie eben nicht jedesmal in einer Eskulation enden. Diese Erfolge sind auch für die HF oftmals sehr wichtig, da sie für sich ja am Ende einer Sackgasse stehen.
Es hat keiner etwas von "der Hund wird auf die Erde geknallt" geschrieben! Und .....diese Teams haben zuvor viel erlebt und probiert. Die, die ihre Probleme mit dem Hund dadurch anders lösen konnten, werden nicht aktiv an so einem Seminar teilnehmen und wenn doch, ist deren Problem ja ohnehin schon gelöst, wieso hier überhaupt an ein "Legen" denken?
Es geht doch hier eben um diese, die es zuvor nicht geschafft haben. Und die bringen viele Gefühle mit. Sich aktiv auf ein solches Seminar anzumelden, bedeutet auch immer sich einzugestehen dass man ein Problem hat und aufgrund dieses Problems versagt hat UND bedeutet auch leider oft, von anderen Seminarteilnehmern angefeindet zu werden!
Der Erfolg bei diesen verzweifelten (vollster Gefühlen ihren "Lieblingen" gegenüber und vollster teilw. unberechtigter Selbstvorwürfe) Teams gibt TB halt recht; aber wie gesagt, keine Methode, in der der Hund etwas lernen soll, sondern ein Notnagel um dem HF in genau so einer Situation die er im Alltag schon öfter erleben musste, einen Zugang zu verschaffen! Und dazu gehört noch ein umfangreiches Maßnahmenpaket. Das "Legen" alleine ist es natürlich nicht.
 
aber wie gesagt, keine Methode, in der der Hund etwas lernen soll, sondern ein Notnagel um dem HF in genau so einer Situation die er im Alltag schon öfter erleben musste, einen Zugang zu verschaffen!

wie darf ich mir denn das in der praxis vorstellen? soll der HF den hund, der gerade völlig unansprechbar ist weil er zB an der leine einen andren hund angeht, mitten auf der straße legen?
oder soll das nur im rahmen des trainings stattfinden?
 
wie darf ich mir denn das in der praxis vorstellen? soll der HF den hund, der gerade völlig unansprechbar ist weil er zB an der leine einen andren hund angeht, mitten auf der straße legen?
oder soll das nur im rahmen des trainings stattfinden?

Danke, genau das interessiert mich auch.
Besonders wie da andere Hunde darauf reagieren, wenn ein anderen Hund "gelegt" wird?


btw: Großes Lob an alle, die diesen Thread wirklich interessant und auf einem guten Diskussionsniveau führen!
 
was meinst du mit "cortisol gesteuerte hunde"? cortisol ist doch bei jeder stresseinwirkung wirksam?

Klar, aber Cortisol, bezeichnet als Angsthormon, ist immer dann besonders belastend, wenn eine erhöhte Ausschüttung erfolgt. Das bedeutet, viel Cortisol = viel Angst. Nun werden aber auch Adrenalin und vor allem Noradrenalin bei Stress wirksam. So genannte angstaggressive Hunde, die auch zu aggressiven Übergriffen neigen, sind immer durch Cortisol und Noradrenalin geprägt. Da aber Aggressionen für viele Hunde eine Entlastung darstellen durch selbstbelohnende Erfolge, gibt es häufig eine hormonelle Verschiebung. Das heißt, die Ausschüttung von Noradrenalin nimmt zu - um die Angst zu unterdrücken. Die Cortisol-Ausschüttung hingegen wird gehemmt. Man sieht das häufig an der Entwicklung angstaggressiver Hunde, die anfangs noch überwiegend ängstlich, später aber immer aggressiver agieren. Und jetzt kommt das fatale an der Sache:
Noradrenalin und Dopamin stehen nachgewiesen in einem engen Zusammenhang, sie sind quasi Nachbarn. Und jetzt ist für jeden vorstellbar, was passiert, wenn Noradrenalin und Dopamin sich verbünden.
Dann nämlich spielt Cortisol eine völlig untergeordnete Rolle und so entwickelte Hunde haben dann sogar Spaß an der Aggression.
Noradrenalin gilt auch in wissenschaftlichen Kreisen als Selbstläufer, der meist nicht durch herkömmliche Desensibilisierungsmaßnahmen gestoppt werden kann.
 
So genannte angstaggressive Hunde, die auch zu aggressiven Übergriffen neigen, sind immer durch Cortisol und Noradrenalin geprägt..

sind nicht alle hunde in einer stresssituation durch cortisol und noradrenalin geprägt?

Da aber Aggressionen für viele Hunde eine Entlastung darstellen durch selbstbelohnende Erfolge, gibt es häufig eine hormonelle Verschiebung. Das heißt, die Ausschüttung von Noradrenalin nimmt zu - um die Angst zu unterdrücken. Die Cortisol-Ausschüttung hingegen wird gehemmt. Man sieht das häufig an der Entwicklung angstaggressiver Hunde, die anfangs noch überwiegend ängstlich, später aber immer aggressiver agieren.

ich denke dabei handelt es sich primär um einen lernprozess; der hund lernt mit welchem verhalten er mehr distanz zu der ihn ängstigenden situtaion herstellen kann und zeigt somit dieses verhalten immer öfter

Und jetzt ist für jeden vorstellbar, was passiert, wenn Noradrenalin und Dopamin sich verbünden.
Dann nämlich spielt Cortisol eine völlig untergeordnete Rolle und so entwickelte Hunde haben dann sogar Spaß an der Aggression.

es werden in solchen situationen sicher eine menge endorphine ausgeschüttet, aber zu behaupten der hund hätte daran spaß finde ich doch recht weit hergeholt. hast du schon jemals den eindruck gewonnen, dass ein agressiver hund gerade spaß hat? ich nicht....

Noradrenalin gilt auch in wissenschaftlichen Kreisen als Selbstläufer, der meist nicht durch herkömmliche Desensibilisierungsmaßnahmen gestoppt werden kann.

das klingt jetzt aber so, als würde die aggression durch eine pathologische neurotransmitterproduktion enstehen, die durch desensiblisierung/gegenkonditionierung nicht zu beinflußen ist; das würde weiter bedeuten, dass alle diese hunde zunächst mit psychopharmaka behandelt werden müßten (was in einzelfällen sicher zutrifft).
ich denke dass die disbalancen im neurotransmitterhaushalt eine folge der zahlreichen stresssituationen ist und somit mit einem stressreduktionsprogramm und gezieltem training der für den hund schwierigen situationen sehr wohl große erfolge zu erzielen sind.
daher halte ich auch maßnahmen wie das legen oder lakoko für entbehrlich, das sie dem hund noch zusätzlich stress aufbürden.
 
@Alyaska - wieso bist Du Dir sicher dass das "Legen" dem Hund in der Situation noch mehr Stress aufbürdet. Wenn ich einen Hund voll in Rage habe und den "lege" und anschließend abstreiche müsste der Stress doch weniger werden - einerseits breche ich die Situation ab in der er Stress hat und anderseits wirkt Abstreichen beruhigend ....
 
@Alyaska - wieso bist Du Dir sicher dass das "Legen" dem Hund in der Situation noch mehr Stress aufbürdet. Wenn ich einen Hund voll in Rage habe und den "lege" und anschließend abstreiche müsste der Stress doch weniger werden - einerseits breche ich die Situation ab in der er Stress hat und anderseits wirkt Abstreichen beruhigend ....

na dann schau es dir einfach mal in der praxis an; ich konnte außer wirklicher panik nicht viel erkennen:(

wenn ein dir unbekannter dich auf den boden drückt und abstreicht - glaubst du dass du dich dabei sehr entspannst:confused:
 
na dann schau es dir einfach mal in der praxis an; ich konnte außer wirklicher panik nicht viel erkennen:(

wenn ein dir unbekannter dich auf den boden drückt und abstreicht - glaubst du dass du dich dabei sehr entspannst:confused:

Naja wenn ich in einem hysterischen Zustand bin könnte das vielleicht helfen ...

Ich sag ja ich hab TB nie in der Praxis gesehen - aber langsam werd ich neugierig genug um doch mal hinzugehen. Ich kenne Legen aus der Praxis und ich stehe dazu dass ich finde - richtig angewandt ist es mM weder eine positive Strafe noch Tierquälerei - es ist einfach ein Mittel um einen Hund der in Rage ist und daher nicht mehr zugänglich "anzusprechen" sprich zu ihm vorzudringen ....

Was willst mit Hunden die so außer sich sind machen - ich find ein Kübel Wasser ist auch nicht nett ...

Als Erziehungsmethode hat es ja keiner bezeichnet ...
 
wie darf ich mir denn das in der praxis vorstellen? soll der HF den hund, der gerade völlig unansprechbar ist weil er zB an der leine einen andren hund angeht, mitten auf der straße legen?
oder soll das nur im rahmen des trainings stattfinden?



o.k. eine Frage, die ich nun eigentlich nicht gerne so beantworte, da jedes Team und jede Situation von seiner Individualität lebt und auch individuell beurteilt und geregelt wird. Aber da ich nun selber damit angefangen habe, versuche ich nun zu antworten.
Fest steht, dass wir hier von Hunden und HF schreiben, die einiges erlebt und auch andere Methoden probiert haben. (Ob nun diese anderen Methoden nun nicht gefruchtet haben weil der HF Fehler gemacht hat oder sie für dieses Team nicht gut waren, soll bitte jetzt hier nicht beurteilt werden.) Ich schreibe jetzt auch nicht über Vierbeiner, die nur mal an der Leine einen Hund anpöbeln, sondern von Teams, die sich genau in diesen Situationen ebenfalls sehr unwohl fühlen, aber der realistische Alltag des Menschen (Örtlichkeiten, Berufsleben und auch die Familie) es nicht ewig zulassen, diese Situationen zu meiden.
Es wäre fatal, den Hund mitten auf einer Straße zu "Legen", schon alleine desswegen, da man den z.B. genannten Fremdhund nicht einschätzen kann. Genau dieser Fremdhund spielt aber anfänglich eine wichtige Rolle!
Also Ziel ist, dass genau diese zuvor x-mal erlebten Situationen aus dem Alltag nachgestellt werden. (wichtig: unter verschiedensten Bedingungen sowie Örtlichkeiten; bitte jetzt natürlich nicht zeitlich aneinanderhängend und nicht mit dem Ziel den Hund nun "Legen" zu wollen/zu müssen.)
Das Team soll also in einer nachgestellten und somit berechenbaren Trainingseinheit (Theoretisch zuvor alles erläutert was alles passieren könnte und auch im Falle eines "Legens" durch Trockentraining geübt) den Weg (Abstand) an dem Fremdhund vorbei wählen, auf dem eine Eskalation nicht sofort vorprogramiert ist aber sie eben auch nicht sich in dieser Situation wohlfühlen sollen. Sollte der HF die zuvor videoanalytisch gesichteten körperlichen Früherkennungssignale seines Hundes "verpassen" (passiert im Alltag leider sehr oft) kann es sein, dass der Hund "hochfährt" (so wie in Alltagssituationen schon oft erlebt) und nun nicht mehr ansprechbar für den HF ist. Nun würde ein "Legen" (nochmals: zuvor am Stoffhund trainiertes "Legen", unter Beachtung ob es bei diesem Team überhaupt Sinn macht!) erfolgen. Das kommt für den Hund nicht total unerwartet, da zuvor ein ihm bekanntes aber nicht total abgenutztes und ausreichend oft gesagtes Markerwort kommt. Anfänglich ist ein Trainer in der Nähe, um darauf zu Achten, dass das nun vom HF folgende Streicheln langsam und ruhig erfolgt und mit dem Hund ruhig und leise geredet wird.
WICHTIG: es geht beim "Legen" nicht darum, dass der Hund hier etwas lernt, sondern um dem HF einen Zugang zum Hund zu ermöglichen! Genauso ist es auch sehr wichtig, dass der "Fremdhund" beim "Legen" des Hundes total ruhig ist und diesen auch nicht anfixieren darf, er wird stets abgedreht! Das sind Hunde, die unter einer hohen Kontrolle stehen und zuverlässig sein müssen!
Nachdem sowohl bei dem HF sowie bei dem Hund Anzeichen einer Entspannung zu erkennen sind, setzten sie ihren Weg ohne weitere Belastungen mit viel ruhigem Lob fort.
Ziel ist nicht, den Hund zu "Legen" sondern die Trainingseinheiten so zu gestalten, wie man sie im schlimmsten Fall im Alltag erleben musste. Ziel ist diesen oft verzweifelten und im Alltag gescheiterten Teams wieder in genau diesen Situationen Erfolge zu geben. Und wenn man im Training diese Erfolge nicht nur an eine Örtlichkeit, Fremdhund, Trainer, Zeitpunkt und so weiter fest macht,meistern dann auch viele wieder ihre Alltagssituationen ohne diese ewigen Eskalationen unter der ja auch der Hund leidet.
Nochmals: ich schreibe hier über Teams, die zuvor viel ausprobiert haben und ihre Vierbeiner genauso lieben, wie es hier viele in diesem Forum tun!
Noch !WICHTIGER! Es soll KEIN AUFRUF oder BEDIENUNGSANLEITUNG zum "Legen" der Hunde sein!!!!!!!!!!!
Es ist eine sachliche Antwort auf eine an mich gestellte Frage!
 
Was willst mit Hunden die so außer sich sind machen
Als Erziehungsmethode hat es ja keiner bezeichnet ...

ich führe den hund einfach so schnell wie möglich aus der situation raus.
mit der enstprechenden distanz wird der hund auch wieder ansprechbar.
ich kann mir mach wie vor nicht vorstellen, dass der durchschnittsHF mitten auf der gasse seinen hund emotionslos legt. und wenn er es tun sollte: was passiert denn dann als nächstes wenn der hund angeblich entspannt am gehsteig liegt?
 
zuerst mal danke für die sachliche antwort :)

WICHTIG: es geht beim "Legen" nicht darum, dass der Hund hier etwas lernt, sondern um dem HF einen Zugang zum Hund zu ermöglichen!

Nachdem sowohl bei dem HF sowie bei dem Hund Anzeichen einer Entspannung zu erkennen sind, setzten sie ihren Weg ohne weitere Belastungen mit viel ruhigem Lob fort.

Ziel ist nicht, den Hund zu "Legen" sondern die Trainingseinheiten so zu gestalten, wie man sie im schlimmsten Fall im Alltag erleben musste. Ziel ist diesen oft verzweifelten und im Alltag gescheiterten Teams wieder in genau diesen Situationen Erfolge zu geben.

wenn ich es richtig verstehe lernt der hund zunächst ein abbruchsignal; falls er auf dieses signal sein agressives verhalten nicht einstellt, wird er gelegt; sobald er seine gegenwehr aufgibt, darf er aufstehen und die situation verlassen.
ziel ist, dass der hund auf das abbruchsignal hin sein aggressives verhalten unterbricht.

stimmt das so?
 
sind nicht alle hunde in einer stresssituation durch cortisol und noradrenalin geprägt?

Nach meinem Kenntnisstand nicht. Cortisol und Adrenalin ja, Noradrenalin einzelfallabhängig. Noradrenalin trägt dazu bei, den Stoffwechsel auf eine Auseinandersetzung (Kampf) vorzubereiten, während Adrenalin eher für den Rückzug zuständig ist. Bei angstaggressiven Hunden lassen sich häufig auch bei extremer Stressbelastung keinerlei offensiven Strukturen erkennen.

ich denke dabei handelt es sich primär um einen lernprozess; der hund lernt mit welchem verhalten er mehr distanz zu der ihn ängstigenden situtaion herstellen kann und zeigt somit dieses verhalten immer öfter

Richtig! Es handelt sich um einen Lernprozess! Der Beweggrund kann zunächst die Distanz zum angstauslösenden Reiz sein, später aber - meine Beobachtung an der Arbeit mit extrem schwierigen Hunden bestätigen dies - auch einen Lustfaktor bewirken.
Professor Dr. Klaus Wahl hat ein ungeheuer spannendes Buch mit interdisziplinärer Ausführung zum Thema Aggression und Gewalt herausgegeben (Spektrum-Verlag). Darin wird eindeutig die psychische Belohnung von aggressivem Verhalten beschrieben. Zwar wurden die Studien hierzu nicht an Hunden, sondern an Kleinsäugern (Mäusen) betrieben. Eine Übertragbarkeit dieser Forschungsergebnisse innerhalb der Säugetierwelt und auf uns Menschen gilt aber als gesichert.

es werden in solchen situationen sicher eine menge endorphine ausgeschüttet, aber zu behaupten der hund hätte daran spaß finde ich doch recht weit hergeholt. hast du schon jemals den eindruck gewonnen, dass ein agressiver hund gerade spaß hat? ich nicht....

Diese Beobachtungen konnte ich sehr wohl machen. Zwar nicht unbedingt während einer aggressiven Auseinandersetzung, wohl aber unmittelbar zuvor, beispielsweise beim Erkennen eines weit entfernten Artgenossen, der sich sogar in eine entgegengesetzte Richtung bewegte.
Auch die Konditionierung von Wachhunden steht ja vor diesem Hintergrund.

das klingt jetzt aber so, als würde die aggression durch eine pathologische neurotransmitterproduktion enstehen, die durch desensiblisierung/gegenkonditionierung nicht zu beinflußen ist; das würde weiter bedeuten, dass alle diese hunde zunächst mit psychopharmaka behandelt werden müßten (was in einzelfällen sicher zutrifft).
ich denke dass die disbalancen im neurotransmitterhaushalt eine folge der zahlreichen stresssituationen ist und somit mit einem stressreduktionsprogramm und gezieltem training der für den hund schwierigen situationen sehr wohl große erfolge zu erzielen sind.
daher halte ich auch maßnahmen wie das legen oder lakoko für entbehrlich, das sie dem hund noch zusätzlich stress aufbürden.

Verstehe nicht ganz, warum Psychopharmaka notwendig sein soll. Wenn zum Beispiel nach dem "Legen" eines Hundes ein Verhaltensabbruch erreicht wurde und der Zugang zum Hund wieder möglich ist, kann und darf es nur um soziale Unterstützung gehen. Das heißt, der Hund wird dann nicht nur sozial aufgefangen, es erfolgt nun auch ein Eingriff in den Hormonhaushalt durch eine Anregung der Oxytocin-Ausschüttung. Oxytocin (Bindungshormon) gilt seit wenigen Jahren erwiesener Maßen als effektiver Gegenspieler von Stresshormonen. Durch taktile Reize (Hautnervsystem) und ruhiges Ansprechen (Hörnervsystem) wird die Genaktivierung für Oxytocin-Rezeptoren im Gehirn angeregt. Der Hund wird von Übung zu Übung ruhiger und ansprechbarer. So habe ich auch das Prinzip von Lakoko verstanden.
Ich gebe dir aber absolut recht, dass in nicht ganz so kritischen Fällen auch Desensibilisierungsmaßnahmen greifen können. Dann wäre ein aversives Vorgehen, wie das "Legen", völlig unsinnig!
 
Nach meinem Kenntnisstand nicht. Cortisol und Adrenalin ja, Noradrenalin einzelfallabhängig. Noradrenalin trägt dazu bei, den Stoffwechsel auf eine Auseinandersetzung (Kampf) vorzubereiten, während Adrenalin eher für den Rückzug zuständig ist. Bei angstaggressiven Hunden lassen sich häufig auch bei extremer Stressbelastung keinerlei offensiven Strukturen erkennen.!


ich würde sagen dass mit angst verbundene psychsiche erregungen die adrenalin produktion erhöhen; aktive abwehrraktionen hingegen die noradreanlin produktion; und ich würde auch defensiv aggressives verhalten schon als eine abwehrreaktion werten; aber zugegeben ein sehr interessante diskussion!!

Professor Dr. Klaus Wahl hat ein ungeheuer spannendes Buch mit interdisziplinärer Ausführung zum Thema Aggression und Gewalt herausgegeben (Spektrum-Verlag).


interessant - werde ich mir besorgen

Verstehe nicht ganz, warum Psychopharmaka notwendig sein soll. Wenn zum Beispiel nach dem "Legen" eines Hundes ein Verhaltensabbruch erreicht wurde und der Zugang zum Hund wieder möglich ist, kann und darf es nur um soziale Unterstützung gehen. Das heißt, der Hund wird dann nicht nur sozial aufgefangen, es erfolgt nun auch ein Eingriff in den Hormonhaushalt durch eine Anregung der Oxytocin-Ausschüttung. Oxytocin (Bindungshormon) gilt seit wenigen Jahren erwiesener Maßen als effektiver Gegenspieler von Stresshormonen. Durch taktile Reize (Hautnervsystem) und ruhiges Ansprechen (Hörnervsystem) wird die Genaktivierung für Oxytocin-Rezeptoren im Gehirn angeregt. Der Hund wird von Übung zu Übung ruhiger und ansprechbarer. So habe ich auch das Prinzip von Lakoko verstanden.).


ich konnte einfach weder beim legen noch bei lakoko ein wirkliche entspannung erkennen; der hund lernt für mich bei beiden lediglich über negative verstärkung weitere unangenehme folgen zu vermeiden. daher glaube ich auch nicht an einen oxytocin-ausschüttung. wäre aber eine sehr interessante studie:)
 
zuerst mal danke für die sachliche antwort :)



wenn ich es richtig verstehe lernt der hund zunächst ein abbruchsignal; falls er auf dieses signal sein agressives verhalten nicht einstellt, wird er gelegt; sobald er seine gegenwehr aufgibt, darf er aufstehen und die situation verlassen.
ziel ist, dass der hund auf das abbruchsignal hin sein aggressives verhalten unterbricht.

stimmt das so?




So wie du es formuliert hast ist es nicht ganz richtig. Ich habe oft betont, dass ich hier von Teams rede, die zuvor viele Methoden (ohne Wertung warum sie bei diesen Teams nicht funktioniert haben! Ich bin, angepasst an ein Team, vielen Methoden gegenüber offen!) ausprobiert und natürlich auch etliche Abbruchsignale verwendet haben. Aber genau diese Misserfolge haben dazu geführt, dass der Hund einen Zugang für den HF nicht mehr zulässt. Das nun ihm bekannte aber in solchen Situationen neue Abbruchsignal wird er in der ersten ihm als eskalierende bekannte Situation natürlich auch ignorieren. Durch das "Legen" (die Formulierung "....Gegenwehr aufgibt, darf er aufstehen...." ist nicht ganz richtig. Es kommt fast immer eine Phase, in der sowohl der Hund und der Hundeführer körperlich entkrampfen und auch entspannen. Diesen sehr sensiblen Moment signalisiert der in der Nähe stehende Trainer) bekommt der HF wieder Zugang zum Hund. Er wird danach auch nicht einfach aus der Situation herausgeführt, sondern der Fremdhund darf nun nicht gleich wieder durch gesendete Signale erneut reizen, damit der HF nun die Möglichkeit bekommt den Hund in genau diesen für den Hund sonst eskalierenden Situationen zu loben und der Hund den nun geschaffenen Zugang durch den Hundeführer auch positiv annehmen kann. Das "Neue" Markerwort dient also schon zukünftig als Abbruchsignal, aber man muss erstmal dem Team die Möglichkeit wieder geben, dass der HF wieder beim Hund ankommt. Natürlich bitte die anderen Maßnahmen und Umstellungen mit beachten, wie u.a. eine Handfütterung und eine geeignete Auslastung des Hundes.
 
Ich finde diese Diskussion auch sehr spannend!
Da meine eigene Hündin nach zwei üblen Erlebnissen angesichts Schäferhunden ebenso unansprechbar war, habe ich ein Seminar bei Linda Tellington-Jones besucht. TTouches und Bodenarbeit haben genau den Erfolg gebracht, der hier durch "Legen" erzielt wurde. Im Alltag habe ich mit Balanceleine und "Schnuller" gearbeitet und nach einiger Zeit brauchten wir nur mehr ein wenig Abstand, sonst nichts. Mittlerwele ist es so, dass Schäferhunde, wenn sie ohne Leine und entspannt sind, gar kein Problem mehr darstellen. Aufpassen muss ich nur mehr bei an der Leine zerrenden, aufgeregten Hunden, aber auch da bleibt mein Hund inzwischen ansprechbar und reagiert auf "weiter". Ich bezweifle, dass bei ihr "legen" gefruchtet hätte und ich schätz mal, dass das bei einigen anderen Hunden auch der Fall wäre.
Was ich hier kritisiere, ist der Umstand, dass meiner Meinung nach zu schnell zu solchen Mitteln gegriffen wird und ich bin immer noch nicht davon überzeugt, dass ein Lernprozess stattfindet. Für mich klingt es einfach nach Unterdrückung der Emotionen und nicht nach "damit fertig werden" wie es z.B. bei der Tellington-Methode passiert.
 
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