Was ist Dominanz genau?
Lt. Wikipedia:
Biologie
Dominanz-Hierarchien sind bei vielen Tieren einschließlich der
Primaten und auch beim
Menschen zu finden. Individuum A schränkt die Rechte und Freiheiten von Individuum B ein und gesteht sich selber diese Rechte und Freiheiten zu, was von B akzeptiert wird. Dominanz ist immer beziehungsspezifisch und ist zeit- und situationsabhängig.
Psychologie
In der
Psychologie spricht man von Dominanzverhalten, wenn ein Individuum das Verhalten von einem oder mehreren anderen Individuen beherrschen bzw. kontrollieren möchte.
Wie ist das jetzt zu verstehen?
In der Dominanz-Hierarchie gibt es immer einen, der sagt was er möchte, der etwas verlangt, der eine Regel aufstellt, eine Bedingung setzt, eine Vorderung stellt etc. und einen „Empfänger“, der dies berücksichtigt, ausführt, befolgt, hinnimmt, duldet etc.
All unsere gesellschaftlichen Strukturen sind Dominanz-Hierarchien. Ob in einer Familie (Eltern-Kinder), in der Schule (Lehrer-Kinder), im Arbeitsverhältnis (Chef-Mitarbeiter), im Alltag (Exekutive, Sportvereine, Ämter und Gerichte, Ticketkontrolleure, Beziehungen, Freundschaften, etc.).
Was heisst dominieren?
Synonyme für „dominieren“ sind:
vorherrschen,
führen,
Hahn im Korb sein,
Oberwasser haben,
an die Wand spielen,
das Feld beherrschen,
das Feld überragen,
den Ton angeben,
die Oberhand haben,
hervortreten,
ausstechen,
in den Schatten stellen,
Ein Fussballspieler kann z.b. das ganze Feld dominieren, es gibt in der Biologie dominante Gene und rezessive Gene, bei einer Einrichtung kann eine bestimmte Farbe dominieren, usw. usw.
Dominieren als Verb heisst nichts anderes, als etwas zu leiten, die Kontrolle von etwas zu haben, hervorzutreten und sich abzuheben, überragend zu sein. Mit Beginn der Sado-Maso-Szene, wo sich dann auch die Figur einer „Domina“ entwickelt hat, die das Bild einer strengen, eher brutalen Frau versinnbildlicht, mit Peitsche und Handschellen gerüstet den Mann in die Knie zwingt und Schläge androht, hat sich der Begriff der Dominanz und des Dominierens in eine missverständliche Richtung entwickelt.
Dominanz per se hat nichts mit Gewalt, Brutalität, Unterdrückung und ähnlichem zu tun. Und wir erleben sie tagtäglich, die Dominanz, ohne daß es uns bewußt ist oder wie sie als unangenehm empfinden.
Ein Lehrer, der seinen Schülern sagt „Ich möchte, daß ihr bis morgen die Aufgabe fertig macht. Wer sie nicht hat kriegt ein Minus“, ist dominant. (Anders könnte er sich nicht durchsetzen).
Ein Chef der zu seinem Mitarbeiter sagt „Sie kommen immer unpünktlich, tut mir leid, das können wir nicht dulden. Kommen Sie pünktlich, sonst können wir Sie hier nicht brauchen“, ist dominant. (Wahrscheinlich würd ein jeder sagen, recht so, kann ja nicht jeder machen was er will).
Ein Vater der zu seinen Kindern sagt „Räumt das Zimmer auf, danach könnt ihr im Garten spielen“ ist dominant. (Wer ist nicht der Meinung, daß Kinder Grenzen und Führung brauchen?)
Oder innerhalb einer Beziehung gibt es genau so Dominanz, wenn z.b. die Frau immer gerne ihre Sendungen sieht, aber heute ist ein wichtiges Fussballspiel und der Mann besteht darauf „Ich schau mir das heute an, tut mir leid, aber das ist mir heute einfach wichtig“.
Aber natürlich gibt es auch den Missbrauch der Dominanz. Wenn jemand übermässig etwas dominieren will und dabei die Freiheit des anderen ungerechtfertigt einschränkt. Auch hier kennen wir alle den typischen Fall: Ein Mann der seiner Frau nichts mehr erlaubt, sie überall kontrolliert und Rechenschaft fordert, sie zu Hause einsperrt, ihr Sozialkontakte verbietet etc. und diese Frauen dann aus Angst und Meideverhalten diese Tortur jahrelang mitmachen. Soetwas ist schon krank und hat etwas mit Herrschsucht zu tun.
Überall wo Individuen als Gruppen zusammenleben oder – arbeiten, gibt es Dominanz-Hierarchische Strukturen und die sind in der Regel gut so. Es erleichtert ungemein das Leben wenn man viele Entscheidungen nicht selbst treffen muss, wenn man eine klar definierte Aufgabe bekommt, wenn jemand schützend die Hand über einen hält und man sich auf den verlassen kann.
Was heisst das jetzt genau in der Beziehung Mensch-Hund? Der Hund ist genau wie der Mensch ein Rudeltier. D.h. er fühlt sich nur in einer Gemeinschaft wohl, braucht den Schutz der Gruppe, arbeitet mit den anderen gemeinsam zusammen, mag soziale Kontakte usw. Ob man hier jetzt den Begriff Rudel, Herde oder Familie gebrauchen möchte, ist eher Nebensache.
Einen Hund zu dominieren, heisst also nichts anderes, als ihn zu führen, Regeln aufzustellen, Grenzen zu setzen und diese auch konsequent und souverän durchzusetzen. Diese Regeln können unterschiedlich von Familie zu Familie sein, der eine möchte nicht, daß der Hund auf die Couch darf, der andere will ihn nur nicht in seinem Bett. Bei wieder einem anderen darf der Hund das alles, nur nicht betteln bei Tisch. Menschen, die keinerlei „Führungsqualitäten“ haben, die sich nicht durchsetzen können, keine Regeln aufstellen oder Regeln zwar aufstellen, diese aber nicht einhalten, werden weder von ihren Kindern noch von ihren Hunden in den meisten Fällen ernst genommen. Das kann wiederum bei Hunden, die mental stark sind, herausfordernd und eine hohe Energie haben, mitunter zu Problemen führen. Denen fehlt es an „Führung“, die sie aber gern hätten und nicht bekommen. So kann es dann sein, daß dieser Hund etwas für sich beansprucht und den Menschen dann dominieren will. Z.b. dann wenn er die Couch nicht mehr teilen will und seinen Menschen anknurrt. Hier ist dann schon einiges aus dem Ruder gelaufen und da bedarf es dann eines intensiven Trainings. Vor allem ein Trainig für den Menschen, wieder die Führung zu übernehmen.
Nochmal: das hat NICHTS mit Gewalt zu tun!!!! Aber es kann dann schon sehr hilfreich sein, den Hund von der Couch runterzuholen und ihm den Zugang vorerst mal zu verwehren. Ob derjenige Besitzer, der aber die letzten Jahre schon nicht imstande war, seinen Hund zu dominieren, das jetzt vermag, ist eine andere Frage.
Ich betone aber: wenn die Beziehung Mensch-Hund in Ordnung ist, spricht überhaupt nichts dagegen, wenn der Hund auf die Couch oder ins Bett darf!
In jeglichen Beziehungen, ob Familie, Hunde, Arbeitsverhältnis uvm. Kommt Dominanz vor. Dies ist im gesunden Zustand jedoch immer ein Wechselspiel. Der Vater, der vorher seine Kinder zum Zimmer aufräumen geschickt hat, lässt sich nachher gerne von ihnen zu einem Spiel überreden. Der Lehrer, der zufrieden über die Hausübungen seiner Schüler ist, lockert schon mal den Unterricht auf und macht vielleicht eine Spielstunde. Diese „Belohnungen“ sind wichtig und intensivieren die Beziehung und motivieren gleichzeitig.
Und natürlich ist Dominanz nicht 24/7/365 präsent. Ein Großteil der gemeinsamen Zeit wird friedlich nebeneinander und miteinander gelebt. Man geniesst die gemeinsame Zeit auf der Couch, beim Liegen im Garten, beim Spaziergang ….. und jeder macht was er will sozusagen, hat seine Freiheit, kann selbst Entscheidungen treffen und es funktioniert einfach alles wunderbar. Man ist ein Team.
Ich hoffe, daß ich ein bisschen verständlich erklären konnte, was der Begriff „Dominanz“ und „dominieren“ überhaupt bedeutet und das es per se kein böses Wort ist, es nur leider komplett falsch interpretiert wird.
P.S. im übrigen fand ich es amüsant wie Shonka von ihrem Rudel geschrieben hat, wie sie sich alle beim Fressen verhalten oder beim Begrüssen an der Tür etc. und danach sie aber schreibt, sie hat noch nie ein Dominanzverhalten bei ihren Hunden gesehen. Doch Shonka, DAS alles ist Dominanzverhalten.