@Shonka: Vielen Dank für deinen geduldigen, zeitaufwändigen und überaus lehrreichen Beitrag! Hab ich viel lernen können!
(Das mit der punktgenauen Belobigung und Grundgehorsam wusste ich ja schon vor Massa
, nur hat sich eben noch nicht zu allen durchgesprochen, dass bei entsprechend hoher Trieblage die punktgenaue Belobigung für A+F sein kann, weil`s dem Hund in dem Augenblick scheissegal ist...).
PS: Gratulation zum 3000 Beitrag!
So jetzt schreibe ich mal, wie ich den Beschützertieb bei meinem Hund alltagstauglich kanalisiert habe (ist zwar noch nicht ganz zu 100%, aber so, dass wir fast Vorfallsfrei durch Leben latschen).
Auch mein jetztiger Hund (Rüde 2j.) hat rassebedingt einen starken Wachtrieb. Altersbedingt äußerte sich bei ihm das so, dass er auf alles, was nicht zu seinem gewohnten Leben zählte mit starker Verunsicherung reagierte um dann dorthin zu preschen um es lautstark zu verbellen. Seine "Opfer" waren die Klassiker, die jeder HB mit dem Problem kennt: Rollstuhlfahrer, generell Menschen mit "fremden" Bewegungsmuster und ganz schlimm: Leute die ihn (unabsichtlich) fixieren.
Sein Grundgehorsam war schon immer sehr zufriedenstellend, Abrufbarkeit sowieso, aber ich habe natürlich sofort nach Beginn der ersten Bellattacken nochmals extra am Grundgehorsam gearbeitet. Durch punktgenaue Belobigung und viel FEIN (
). Das Erbebnis war ein super gehorsamer Hund, aber wenn ich etwas "bedrohliches" übersehen hatte und mit dem Abruf zu spätz dran war, war es aus.
Menschen wurde nach wie vor bellend umkreist. PEINLICH! Mein Hund war da immer in so einem Adrenalinrausch, dass weder "Hier, Aus, Nein, Pfui, Schau, Leckerlie, Fein" irgendetwas gebracht haben.
Und für die Bell-Opfer war es natürlich alles andere als witzig von einem schwarzen-30kg-Muskelflummi mit beeindruckender Stimme in Grund und Boden gebellt zu werden.
Kurz gesagt: Hatte ich den Punkt für die Abrufbarkeit überschittern weil mein Hund schon so unsicher war, hatte er entschieden dass er die Situation händeln muss und mich beschützen muss. Ich war frustriert. Der Hund fertig.
Und dann sagte mir eine
wirklich gute Trainerin:
"Sag doch deinem Hund dass alles ok ist". (@Giacomo: Noch immer Danke für diesen so wichtigen Satz an mich und Schnuffi-Hund
)
Also begann ich neu zu trainieren: Das Thema mit dem Grundgehorsam hatte wie ja schon abgehakt, jetzt ging es mir darum mittels Training das Selbstbewusstsein von meinem Schnuffi etwas zu pushen.
Also machen wir bis heute viel Gelände-do-it-yourself-Agility und diverse andere Aufgaben. Schuffi ist jedesmal stolz wie ein Kaiser und wenn er stolz ist, kann er es sich auch leisten gelassen(er) zu sein.
Zusätzlich begann ich das mir selbstzusammengebastelte Kommando "ist ok" aufzubauen: Immer wenn Situationen waren/sind, wo Schuffi-Hund unsicher ist und ich weiss, dass ich ihn da durchführen kann, sage ich "ist ok". Haut mittlerweile super hin! *jubel*
Und auf Giocomos Rat hin habe ich ganz mit Schnuffi-Hund die Lösungsstrategie des "einfach Ausweichen" trainiert. Haut auch super hin!
*stolzaufHundbin*
Und an meiner eigenen bewusst gezeigten Gelassenheit habe ich natürlich auch gearbeitet. Dazu braucht es natürlich viel Vertrauen zu Hund, aber das ist bei uns vorhanden.
Was ich als Laie nicht mache, ist meinen Hund kurz am HB zu nehmen. Das habe ich ein paar mal gemacht, aber es hat lediglich meinen Hund verunsichert und zu Bellerei geführt. Also das mit dem Zeitfenster habe ich sicher nicht auf die Reihe bekommen (wusste auch garnicht, dass es da eines gibt *rotwerd*).
Also durch Stressreduktion, Selbstbewusstseinsförderung, Vertrauensförderung, eigenständige gewünschte Konfliklösungsstrategien, Grundgehorsam und meine Gelassenheit kommen wir jetzt sehr gut durchs Leben. Wenn Schnuffi-Hund mal anschlägt, bedanke ich mich bei ihm für seine Aufmerksamkeit und sage ihm, dass alles ok ist.
Sonnenbrillenträger sind leider heute noch ein Thema, aber da splitte ich einfach bzw. lasse den Hund ein paar Tricks machen. Somit gibt es auch hier keine Bellkonzerte. Und für die seltenen Ausrutscher, die uns noch passieren (zB. wenn fremde Hunde beim Spaziergang mit sind und Schnuffi-Hund somit eh schon ein bisserl nervös ist) bin ich soviel, dass ich mich entschuldige.