Es könnte aber auch bildungspolitisch durchaus sinnvoll sein, würde auch schon vor der Matura Türkisch für Türkischstämmige gelehrt.
Denn Fakt ist, dass viele Kinder türkischer Eltern mit der türkischen Sprache Schwierigkeiten haben. Im Elternhaus bekommen sie nur Umgangssprache vorgelebt, das Schreiben auf Türkisch lernen sie daheim ebenfalls nicht. Kommen sie in die Schule, beginnt schließlich der Kampf mit der deutschen Sprache. Am Ende sprechen sie weder Türkisch noch Deutsch richtig. „Mit 500 Wörtern beherrscht man noch keine Sprache“, erklärt Botschafter Tezcan.
Unter Bildungsexperten gilt es längst als gesichert, dass Schüler, die ihre Muttersprache nicht ausreichend beherrschen, auch Probleme beim Lernen anderer Sprachen haben. Dass sich viele türkischstämmige Eltern dieses Problems bewusst sind, zeigt die Zahl der Kinder, die muttersprachlichen Zusatzunterricht in Anspruch nehmen: Rund 6200 Schüler besuchen an Wiener Pflichtschulen den türkischen Unterricht. Als unverbindliche Übung, die keine Note im Zeugnis bringt. Dafür die Chance, die Muttersprache korrekt in Wort und Schrift zu lernen.
Bildungsforscher Stefan Hopmann von der Uni Wien hält es für sinnvoll, die türkische Sprache in den Unterricht einzubinden: „Jede bilinguale Erziehung hat kognitive Vorteile für Jugendliche“, sei doch eine zweite Sprache „eine zusätzliche Ressource“. Nicht umsonst würden viele österreichische Eltern ihre Kinder bewusst in bilinguale englische oder französische Schulen schicken. Negative Auswirkungen auf die Integration befürchte er nicht: „Der beste Weg ist, eines zu tun, ohne das andere zu lassen.“
Der Einsatz türkischer Lehrer kann aber auch in anderer Hinsicht Vorteile haben: Erika Tiefenbacher, seit sieben Jahren Direktorin der KMS Schopenhauerstraße, hat gute Erfahrungen gemacht: „Ich hatte ein Problem mit den türkischen Burschen, mit ihrem Machogehabe, dass sie sich nichts sagen ließen.“ Allein durch die Anwesenheit des türkischen Muttersprachenlehrers habe sich da viel geändert. Und auch zu Eltern, die nicht Deutsch können, habe man so oft einen besseren Draht. Das Problem: Es gebe kaum bilinguale Lehrer, die Fachwissen sowohl auf Deutsch als auch in einer der „ungeliebten Zweitsprachen“ vermitteln können, so Hopmann.