Hallo,
Hab eigentlich in einem anderen Beitrag was über das Thema Hundebegegnungen geschrieben, setze es aber jetzt mal hier rein, weil ich denke, dass es schon auch dazu passt.
Vor allem dazu, wie es zu bestimmten Verhaltensweisen kommt:
Also, wenn ein Hundehalter zu seinem Hund sagt "der/die dürfen net spielen", dann weiß ich ganz einfach, dass dem nicht so ist und behalte meine Gedanken entweder für mich, oder je nach Mensch und Hund , die mir Gegenüber stehen und Situation, frag ich auch, ob wir paar Meter gemeinsam gehen und dann spielen lassen, weil ich zB grade übe, dass der Terrierknopf nicht wahllos auf jeden Hund zu rennt, sondern ruhig und kontrolliert den Kontakt aufnimmt.
Vor allem wenn ich einzeln unterwegs bin, gibts ganz viel freie Kontakte mit anderen Hunden - ABER kontrolliert.
Aus dem Grund, wenn ich schon einen Einzelnen nicht unter Kontrolle habe - wie soll ich dann bei Begegnungen drei steuern können, wenns nötig ist?
Und es ist einfach so, dass nicht jeder jeden Hund gleich sympathisch findet. Ich lasse nicht zu, dass zB meine Drei einen anderen mobben oder einer einer den anderen daran hindert, mit einem fremden Hund freundlichen Kontakt aufzunehmen. Die dürfen splitten, wenn nötig, durchaus artgerecht miteinander im Rudel toben - aber auf die Einhaltung der Spielregeln hab ich ein Auge.
Meist schauen solche Begegnungen so aus, dass nach ganz kurzer Zeit der Krümel mit der Nase in einem Mäuseloch angedockt hat, der Opirüde zu mir kommt, weil er lieber in Ruhe weiter zieht und die Hündin auf spielerisch selbstbewusste Weise den Fremdhund quasi auf Rudeltauglichkeit testet und ihn sich "zum Untertan" macht.
Oft laufen uns dann die Fremdhunde noch nach oder mit uns mit, wenn wir uns trennen und die Besitzer wundern sich, wieso ihre Hunde dann "nicht folgen".
Würde ich unkontrolliert einfach machen lassen, würde Handaufzucht Terrier seine alten Verhaltensmuster ablaufen lassen, die da waren: Aaaangrifff, zack drauf und böse vertreiben - der Opirüde würde mache: "Lasst uns doch alle in Ruhe, wir gehen grad gemeinsam jagen und sind ein Team" und die Hündin würde Hündinnen gegenüber einen auf "ich bin die einzige Prinzessin der Welt" - Du nix, machen. Und würde sich dann ein Fremdhund nicht an erteilte Anweisungen halten, ja, dann würden sie im Dreierteam an einem Strang ziehen.
Nicht weil sie asozial sind, sondern weil der Terrier von arteigenen Benimmregeln bis vor Monaten nix gewusst hat, und Opi und Omi schon mehrfach gebissen wurden und lieber konfliktvermeidend jeder Begegnung aus dem Weg gehen würden. Und in der Rudeldynamik beeinflusst halt dann jeder auch den anderen mit.
Und ich als verantwortliches "Oberhaupt" der Truppe, kläre im Vorfeld ab, ob Begegnung ok ist und die Hunde verlassen sich drauf, dass auch der Fremndhund dann die Spielregeln einhält, weil ich drauf achte und sie wissen, dass sie da nix ausmachenbrauchen, wegen Territorium und Rudel usw., weil ich das für sie tue.
Hätte ich nun best sozialisierte Hunde, die cool und gelassen sind, nicht die bösen Vorfälle gehabt hätten, würde ich das vielleicht anders handhaben, aber man kann eben nur mit dem arbeiten, was gegeben ist.
Durch dieses Management kann ich alle drei gemeinsam mit anderen freilaufen lassen, ohne dass es Konflikte gibt und jeder ist einzeln abrufbar aus dem Spiel heraus.
SO ist mir persönlich das lieber, als wie wenn meine Dreie evtl. unsicher, sozial nicht kompetente , junge Hunde hündisch zu sehr massregeln würden.
Einzeln, jeder für sich kann mit so ziemlich jedem Hund problemlos laufen. Die wissen, wenn sie Hilfe brauchen, kriegen sie die - und der Terrierkrümel, der gerne noch gigantisch übertreiben würde, den brems ich aus, wenn der andere Hund signalisiert, jetzt wirds zu bunt, er will Hilfe., indem er zb. beschwichtigend mit dem Knopf im Fell hängend ankommt und signalisiert: "Wenn IHR mir nicht helft, muss ich das selber machen und das geht böse aus."
Und da der Terrier ganz einfach viele Signale im "Wahn" gar nicht wahrnimmt - und es auch keine Hilfe wäre, ihn zusammenbeißen zu lasse, weil ihn das nur darin bestätigen würde, dass er kämpfen MUSS - der würde wirklich kämpfen, egal wie groß der andere ist - lernt der erstmal richtig Benimm unter Hunden.
Ja, man kann aus allem eine Wissenschaft machen
Ich finds Klasse, wie sich die Hunde konfliktvermeidend ausdrücken, WENN man ihnen dazu die Wahl lässt und ihnen nicht ständig laufend Begegnungen aufzwingt und wie dankbar sie es annehmen, vom Menschen in Konflikten unterstützt zu werden, geführt zu werden.
Ich könnte auch ohne Management die Drei einfach in alle Begegnungen reinlaufen lassen - Leinen los und gucken, wie die das hündisch unter sich mit Fremdhunden machen würden................eben artgerecht, natürlich in Kombination mit gestörten Vorprägungen.........sicher für den ein oder anderen Hund keine förderliche Erfahrung, was Konfliktvermeidung betrifft.
Meine Hündin knurrt nur gaanz leise fast flüsternd tief aus dem Bauch raus - umso leiser um so ernster, zeigt dabei aber auch deutlich konfliktvermeidende Beschwichtigunsgsignale und defensive Haltung, dabei aber sehr zielgerichtet. Aber nur mehr gegenüber Hunden. Menschen gegenüber gibts keine Situationen mehr, in denen sie es für nötig halten würde, abzuwehren. Nicht mal bei Erschrecken.
Die weiß was sie will und setzt das spielerisch durch bei Artgneossen.
Gebissen hätte sie vor 10 Jahren in vielen Situationen, in denen sie sich bedrängt fühlte - reine Abwehraggression, aber durchaus bereit zuzubeißen. jedoch nie ohne Vorwarnungen - außer, es beugte sich urplötzlich jemand Fremder zu ihr hinunter. Reflexartiges Schnappen wäre da ihre Wahl gewesen.
Festgebissen hätte die sich aber nur, wenn sie zum Erntskampf herausgefordert worden wäre, wie wir das nach den Angriffen an der Leine erlebt hatten. Da biss sie sich einmal in mir fest, weil ich sie festhielt, damit sie nicht aus dem Geschirr geschlüpft, den anderen Hund erwischt.
Das war bei ihr meiner Einschätzung nach, purer Überlebenswille, und als Übersprungshandlung, weil sie selber an der Leine und festgehalten wurde, nicht klären konnte, reagierte sie das an mir ab.
Die hat das aber wieder vollkommen abgelegt, ist wieder total freundlich und souverän geworden - nur fremde Hündinnen in einem Revier, das sie meint, es steht ihr zu, würde sie unterbuttern - allerdings nicht einfach beißen, sondern die weist sie mit ganz vielfältiger, subtiler Kommunikation ein.
Der Terrier macht Riesenradau und war anfangs NUR auf Abwehraggression aus, gesteigert in manchen Situationen bis zur Offensive.
Durch Handaufzucht verstand der schlicht und einfach viele Signale gar nicht, bzw. hatte nie gelernt angemessen drauf zu reagieren.
Auch Menschen gegenüber hatte der gelernt, die Zähne einzusetzen, wenn ihm etwas unangenehm war, unter anderem auch angstbissig wegen schmerzhafter, langwieriger TA-Behandlungen. Wäre er kein 13kg Stöpsel gewesen und ich nicht bereit, immer sehr voraussschauend mit ihm zu gehen, hätte ich ihm einen Maulkorb verpassen müssen.
Der attackierte mich sogar, als ich im Garten auf eines der Mäuselöcher zuging.
Beim ersten TA-Besuch biss der so wild um sich, dass wir zu dritt Mühe hatten, ihn mit Maulschlaufe zu versehen und dann behandeln zu können. Ohne Maulschlaufe hätte der sich mit Sicherheit verbissen - aus der Motivation heraus, sich nicht Schmerz zufügen lassen zu wollen.
Der biss beim Geschirr an und ausziehen, eigentlich in jeder Situation, in der er sich eingeschränkt oder an etwas gehindert fühlte. Ließ man ihn in Ruhe - ein total lieber, anschmiegsamer Hund.
Aber anfassen, wie an den Pfoten oder Halsband ummachen, ihn fixieren - nogo. Das konnte der schnell in festbeißen steigern.
Wie es bei ihm dazu kam kann ich nur meiner Einschätzug nach wiedergeben:
Stärkster vom Wurf, ohne Mutterkontakte, hat der schon gelernt, dass er sich in jeder Situation mit den Zähnen durchsetzen kann.
Später ebenso bei den kleinen Kindern. Zielgerichtete Lernerfahrungen hatte er kaum die ersten 10 Monate, weil er nur ganz selten Spazierengeführt und nicht konsequent erzogen wurde und wenn Gassi dann mit dünnem Lederschnürl als Halsband ohne Zugstopp, da er sich aus allem anderen rauswand, Leinen durchbiss usw.
War im Garten oft angehängt wegen der Kinder. Dazu kam eine monatelange eitrige Blasenentzündung, also auch Schmerzen, was erst nach Kollabieren wegen blutgefülltem, entzündetem Bauchraum bei der NotOP als Nebenbefund festgestellt wurde. Lief immer fort über den Zaun und machte da dann seine eigentständigen Jagderfahrungen und auch, wie man Hunde an der Leine provoziert und attackiert - ebenso, wie man Kinder zum schreien und weglaufen bringt.
Und wisst ihr was?
Dieser Hund ist sowas von hochsensibel, ängstlich und leicht überfordert ....der hat sich all diese "Eigenschaften" aneignen müssen, aus hündischer Sicht, um zu überleben - natürlich gepaart mit den genetischen Anlagen der Terrier: "Nach vorne, egal was auf Dich einprasselt und egal wie es um Dich steht!"
Der hat innerhalb kurzer Zeit ganz schnell und dankbar erlernt, dass es anstatt Attacke möglich ist, in Bögen, am Boden schnüffelnd, anderen Hunden und auch Menschen, die ihm Angst machen, aus dem Weg zu gehen.
Nachdem er Alternativverhaltensmöglichkeiten erlernt hat, wählt er von sich aus IMMER die konfliktvermeidende Variante, solange er nicht schon in arger Bedrängnis ist - und es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das nicht soweit kommt.
Zb beim Spaziergang, wenn Passanten anfangs nahe an uns vorbeigingen, drehte der in dem Moment um und versuchte sie von hinten zu beißen, wenn sie genau an uns vorbeigingen.
Jetzt guckt er mich an, wenn jemand unheimlich frontal auf uns zukommt, kommt ran und geht dann von sich aus etwas abseits neben mir einen kleinen Bogen und wenns nur Zentimeter sind, die er dafür Platz hat.
Gibts dazu keine Möglichkeit, sucht er den Blickkontakt und geht im Blickkontakt zu mir vorbei, anstatt rüberzuschnappen.
Der läßt sich inzwischen beim TA ohne Maulschlaufe spritzen, Analdrüse ausdrücken, kriegt momentan täglich von mir Augentropfen verpasst, läßt sich die Pfoten und Krallen inspizieren, auch festhalten und auch fremden Menschen gegenüber hat er eine sehr aufgeschlossene, souveräne , freundliche Grundhaltung entwickelt.
Situationen, in denen er vorher geschnappt bis gebissen hätte, bereiten ihm keinen Stress mehr und dementsprechend braucht er nicht mehr abwehraggressiv zu reagieren.
Dazu war aber nötig, dass er erstmal kennenlernen konnte, dass er geschützt wird, nicht mehr bedrängt oder gar schmerzhaft konfrontiert wird. Er hat gelassenes "Aushalten" gelernt - nicht unter Zwang, sondern unterhalb der Reizschwelle, die langsam aber sicher und stabil immer mehr gestiegen ist.
Und Artgenossen gegenüber braucht er einfach manchmal noch Anleitung, weils sehr wenige, wirklich souveräne Hunde hier bei uns gibt. Aber auch dabei nimmt er sehr feinfühlig die Anweisungen an, wenn er sich zB zu sehr reinsteigert. Da scheint er richtig "froh" zu sein, wenn ich ihn ausbremse und er kommt sofort runter, entspannt sich und erinnert sich ans konfliktvermeiden, anstatt austragen.
Der Altrüde war vor der 5 Woche ebenfalls schon ohne Mutter aufgewachsen und der stärkste im Wurf - ein total unsicheres Kerlchen, das ebenfalls die Zähne als Schutzwerkzeug kennengelernt hatte. Allerdings lernte er von der Hündin, die bei uns dazukam, als er halbjährig war, sehr viel an gutem Benimm gegenüber Artgenossen - allerdings mit der Einschränkung, dass er rassespezifisch ein Kontaktrüpelchen ist,aber nie auf Krawall gebürstet. Schäfer-Labi-Retrievermix.
Menschen gegenüber anfangs ähnlich ähnlich "bissig" wie der Terrier, aber mit deutlicher Rückzugstendenz - obwohl der bei der ersten Begegnung als Welpe sich an meiner Hand festbiss, als ich über die Boxenwand hinhalten zum schnüffeln lassen wollte.
Der ist froh, wenn er keinen Konflikt haben muss - kann aber in Hundegruppen sehr gut und souverän splitten. Machte da bei Wanderungen, dem Rudelleben mit den Windhunden und auf Treffen immer einen guten Job.
Menschen gegenüber äusserst tollerant geworden.
Auch ihn habe ich bewusst vor übermässigen Bedrängungen geschützt, solange ich es für notwendig empfand und ihm gezielt Möglichkeiten für Alternativverhalten beigebracht.
Heute kommt mir der vor, als würde er denken, egal was der Mensch macht, der Mensch meints immer gut mit ihm. Selbst wenn er pötzlich arg bedrängt werden würde, würde er nachfragen:"Ok, ich versteh das grad nicht, erklär mir, was Du möchtest und ich machs".
Der wurde so der Typ, dem man mit nachwerfen eines Gegenstandes als Abbruch eine Freude machen würde, weil er dächte: Uiii, Mensch hat was verloren, ich brings ihm gleich wieder.
Ich bin mir sicher, dass es viele Situationen mit allen drei Hunden gegeben hätte, in denen nur der Maulkorb ausreichend Schutz vor beschädigendem Biss geboten hätte - WENN ich diese Situationen zugelassen hätte.
Aber das hab ich nicht und sie konnten dabei sehr schnell viel mehr Gelassenheit lernen, sodass es nicht notwendig wurde.
Was das packen von Kleinhunden als Beute betrifft, hab ich schon mehrmals erlebt, wie große Hunde plötzlich mit Hetzlaut einen Kleinhund gehetzt und gepackt haben. Da bin ich mir echt nicht sicher, on die in dem Moment den Hund als solchen erkennen. Kann mir vorstellen, dass aufgestaute Energie bei einem sehr jagdtriebigen Hund durchaus fälschlicherweise dann bewirkt, dass dem die Sicherungen knallen un er sich einen Kleinhund als Jagdbeute schnappt.