Ich bin gerade etwas schockiert, dass manche anscheinend eher lesen, was sie lesen wollen, aber gut, erstmal der Reihe nach. Ich möchte mich auf Caro beziehen, weil ich denke, dass in der Antwort dann alle Inhalte abgedeckt werden.
1) Ganz wichtig: Ich äußere mich nicht zu der Situation in Deutschland, einfach weil ich sie nicht kenne. Caro, du kommst aus Hessen, hast du geschrieben, demnach sprechen wir hier von 2 verschiedenen Ländern und auch derzeitigen Situationen.
In Österreich ist es so, dass es paar große Lager gibt und viele kleine, von denen man kaum was hört. Die Kleinen, sind meist besser versorgt, die Ressourcen recht fair verteilt, die Leute werden gut informiert und es wird darauf geachtet, dass nur Menschen in einem Heim untergebracht werden, die ähnlicher Herkunft sind, um Konflikte zu vermeiden. Hier hungert keiner, hier weiß jeder wo ein Arzt zu finden ist, usw. Je nach Bundesland und Gebiet, kommt es auch bei den kleinen Heimen bei uns zu Gegendemonstrationen.. so erst vor kurzem erlebt in meinem Heimatdorf, wo eine handvoll Jugendliche untergebracht werden sollten. Das kommt bei uns durchaus vor.
Dann gibt es noch die großen Lager, die bei uns viel häufig in aller Munde sind, da dort die meisten Übergriffe statt finden. In diesen Lagern, sitzen viele hunderte Menschen, viele ohne Dach über dem Kopf. Diese Lager sind im Moment einfach voll, die Hygiene-Situation katastrophal und die Essensversorgung wird größtenteils von der Zivilbevölkerung aufrecht erhalten. Viele Asylwerber haben keine Ansprechperson, es gab Fälle von Geburten im Außenbereich sowie Menschen, die mit Verletzungen und Erkrankungen einfach irgendwo einige Wochen ausharrten, weil sie nicht wussten, wo das örtliche Krankenhaus ist. Ans Essen und Ressourcen im Lager kamen die "Starken", die schwächeren wie unbegleitete Kinder oder allein reisende Frauen, hatten das Nachsehen. Verzweifelte boten Prostitution an um an Güter zu kommen. Es gibt Regeln in den Heimen, Ausgangssperren.. keine Privatsphäre- ähnlich einem Knast oder eben Ghetto oder eben KZ (dazu komm ich noch) Die Leute haben nichts zutun, viele sitzen Monate hier herum, mit 40€ monatlich in der Tasche. Einige fingen an zu horten..und ihre Zeit zu vertreiben- was bei jungen Erwachsenen meistens zu nichts Gutem führt. Keine psychologische Betreuung, viele wissen nicht mal, wo sie gerade sind oder dass wir Trinkwasser haben. Hinzu kam, dass es keine Möglichkeiten der Trennung gibt von Gruppen, die sich aus ethischen oder religiösen Gründen nicht vertragen.
Das mag man als intelligenter Mensch ablehnen und als höchst kriminell einstufen, aber dann muss man sich auch fairerweise ein Fußball-Match anschauen, wo die Fans beider Teams zusammen gesetzt werden für die 3h.. Da geht es oft dramatischer zu- und nicht wegen Religion, alter politischer Konflikte oder sonst was.. sondern wegen einem Spiel, mitten im aufgeklärten Europa. Ohne Frage.. ich finde es auch blödsinnig, sich überhaupt wegen irgendwas zu kloppen.. Aber all das wäre kein Problem, würde man es so machen, wie jedes Fußball-Stadion: Nämlich genügend Platz schaffen um bestimmte Menschengruppe wohnlich zu trennen. Im Nachhinein würde ein Konflikt im Stadion ja auch keinen wundern..
2) Fazit in Österreich: Bei uns leben die Asylwerber (Vorsicht, wir sprechen hier nicht vom Flüchtling), nicht wie die Maden im Speck, sondern in Ghetto-gleichen Anlagen, die der Infrastruktur, der sozialen Schichten und leider oft auch den Bedingungen damaliger KZs entsprechen. Es ging mir nie um einen Vergleich mit den Nazis oder der Juden-Vernichtung. Ich treffe diesen Vergleich, weil es mir persönlich so vorkommt bei meinen Besuchen in manchen besonders großen Lagern. Die Heime sind keine Hilfsunterbringungen (bis auf jene, die von Caritas und co betreut werden) sondern viel mehr "Verwahrungseinrichtungen", die vom ORS betreut werden, welche eine bezahlte, gewinnortientierte Firma ist. Es geht dabei nicht darum, den Leuten zu helfen, sondern Gesetze einzuhalten.
Ich konnte diesen Vergleich aufgrund dem ziehen, was ich von meiner Uroma weiß, die ein KZ überlebte. Keiner muss diese Ansicht teilen, ABER es ist so, wie ich zuvor sagte: Man kann eigentlich erst dann wirklich mitdiskutieren, wenn man mal in so einem Lager war. Jedem hier muss klar sein, dass viele dieser Menschen daheim sofort hingerichtet werden würden, eine Abschiebung für sie also den Tod bedeuten würde.
Ich denke, viele hier lesen Zeitung, manche schauen auch Nachrichten.. vielleicht Österreicher dabei? Die werden jene Sachen, die ich angesprochen hab zumindest aus den Meldungen kennen, die Caritas und Amnesty International haben Österreich ja öffentlich ein Armutszeugnis ausgesprochen für die Bedingungen vor wenigen Wochen.
3) In einem Asylquartier sitzen keine Flüchtlinge, sondern Asylwerber, was einen gewaltigen Unterschied macht im Falle von Straftaten. Immer wieder wird gesagt, man wäre gegen kriminelle Flüchtlinge, meint dann aber doch Asylwerber.. oder wundert sich, warum der böse Flüchtling, der seit 5 Jahren bei uns lebt, nicht sofort abgeschoben wurde nachdem er was angestellt hat. Hier ist es einfach sehr wichtig zu unterscheiden.. Generell gilt aber in Österreich: Straftaten werden wie gewohnt bestraft und wirken sich sehr wohl auf ein laufendes Asylverfahren aus. Auch die Geldsituation ist eine andere.. die meisten Konflikte, die entstehen und worüber man dann auf 6 Seiten lesen kann, sind aus größeren Lagern. Ich habe nie gesagt, jeder Asylwerber wäre unschuldig.. ORS wären die Bösen, oder was auch immer. Nur muss man einfach mal die Ausgangssituationen kennen und mal gesehen haben, bevor man Jmd einfach den Verbrecher-Schuh anzieht. Niemand, der glücklich und zufrieden ist, wird von sich aus gewaltätig. Die Leute sind nicht daher gekommen, um Drogen zu verkaufen oder Frauen zu vergewaltigen.. vieles was passiert, davon bin ich überzeugt, ist ein Spiegel der Umgebung und unserer Gesellschaft. Klar, gibts schlechte Menschen.. aber keiner von uns darf sich anmaßen Jmd Fremden ohne Kenntnis einer Situation als schlechten Menschen einzustufen, der die Abschiebung und somit einen potentiellen Tod verdient.
4) Sich gegen Abschiebung zu wehren, z.b. auf die Polizei einschlagen, ist tatsächlich ein Akt der Verzweiflung- keine kriminelle Äußerung aus Langeweile. Deine Unverständlichkeit ist mir in diesem Fall unverständlich. Ich persönlich kann jeden nachvollziehen, der eine solche Reise hinter sich hat, den nichts gutes erwartet.. sich hierbei wie ein Löwe zu wehren. Klar, wir können nicht alle aufnehmen.. aber verstehen kann ich es. :/
So.. Sry, ist echt viel geworden. Ich kann mich nur wiederholen und darauf aufmerksam machen, dass man am besten sich abseits der Medien mit all dem beschäftigt und selber mal Heime aufsucht. Es sind derzeit sehr viele Menschen, definitiv müssen wir über alternative Lösungen nachdenken, weil wir dem ganzen nicht mehr Herr werden. Dafür können die Leute aber nichts, die wollen einfach nur Leben. Mit Abschiebungen alleine werden wir dauerhaft nichts lösen.. :/