Also echt....wenn dein Hund nur startet, wenn ihm das Wild quasi vor der Nase davonrennt, dann hilft wahrscheinlich kein Training, und es ist auch nicht notwendig. Das ist kein "ein bißchen jagen", und das wird auch nicht schlimmer. Und nein, auch mit einer Schleppleine von 200 Metern Länge kann man einem Hund nicht wirklich das bieten, was er braucht.
Das seh ich genauso! Ich glaub auch nicht, dass man einen Hund ordentlich körperlich auspowern kann, wenn er dauernd an der Schlepp oder Leine hängt. Das wär, als würd ich ein Wildtier in einen kleinen eingezäunten Garten sperren. Sicher, leben kann es irgendwann damit, aber artgerecht ist das nicht.
Und ein Hund muss sich auch körperlich mal ordentlich auspowern und nicht nur geistig.
Nur um mal ein Beispiel zu nennen: meine Freundin hat eine total brave und liebe Aussie Hündin, 1 Jahr alt. Sie wohnt in einer Wohnung in Amstetten und hat keinen eingezäunten Garten. Sie lässt die Hündin fast immer und überall frei laufen, sie kann sie aus 10 m Entfernung in Sitz oder Platz schicken (falls ein Jogger oder Radfahrer kommt), wenn sie ne Straße überqueren, wird sie natürlich sicherheitshalber angehängt. Und ihre Hündin läuft im ersten Moment auch kurz hinterher, wenn genau vor ihr ein Hase aufspringt. Sie kann sie aber nach 5 Metern stoppen, einmal rufen genügt.
Sie geht mit der Hündin auch fast täglich durch ein Waldstück, das in ihrer Nähe ist, dort ist der Hund auch ohne Leine. Vor einigen Tagen wurde sie dort von einem Jäger blöd angemacht, dass sie gefälligst ihren Hund anhängen soll, weil der erschreckt sonst das Wild und das läuft auf die Straße (gleich an das Waldstück grenzt eine vielbefahrene Straße an). Sie hatte dann eine endlos-Diskussion mit ihm, dass sie ihren Hund nicht anhängt, weil er nicht wildern geht und aufs Wort gehorcht. Der Jäger meinte dann, sie soll den Hund doch gefälligst im Garten laufen lassen, sie darauf: "ich habe aber keinen Garten". Sie haben dann eine Weile diskutiert und sind im Endeffekt auf keinen grünen Zweig gekommen. Wenigstens war der Jäger nicht so ein Spinner, der gleich mit abknallen gedroht hat, zum Teil hat er es sogar eingesehen.
Bei uns am Land gibts leider keine eingezäunten Hundefreilaufflächen oder Hundezonen oder wie das heißt (oder manchmal denk ich mir Gott sei Dank wenn ich immer wieder lese dass dort zu viele Hunde sich tummeln und einige unverträgliche Hunde dabei sind, die dann auf andere Hunde losgehen).
Ich muss mit mir dauernd einen innerlichen Konflikt ausmachen: riskier ich es und lass meinen Hund frei laufen, mit dem Risiko, dass irgendwo ein Hase aufspringt und er kurz hinterherstartet, aber er dafür körperlichen Auslauf bekommt oder lass ich ihn an der Leine oder Schlepp und schränk ihn in seiner Bewegungsfreiheit ein? Ich hab weder bei dem einen, noch bei dem anderen ein gutes Gefühl, es ist beides für mich höchst unbefriedigend, weil ich will meinem Hund so viele Freiheiten bieten wie es halt irgendwie geht. Und mein Hund ist ein Jagdhundmix, er hat das jagen im Blut, trotzdem wag ich mal zu behaupten, ich hab ihn so unter Kontrolle, dass er kein Wildtier tötet. Dass er kurz einige Meter hinterherstartet, falls es direkt vor uns aufspringt, weil ich im ersten Moment auch total erschrocken bin und nicht gleich reagieren kann, das gesteh ich meinem Hund einfach zu, schließlich kann ich seinen Trieb nicht einfach ausschalten. Sogar meine Hundetrainerin (wo ich das Anti-Jagdtraining mache) meint, einen jagdtriebigen Hund wird man nie den Trieb nehmen können, entweder man gesteht ihm zu kurz hinterherzulaufen und übt ein Abbruchsignal ein, sodass er stehenbleibt bzw. umdreht oder man schickt ihn auf sitz oder platz (das setzt aber voraus, dass man selber das Wild VOR dem Hund sieht). Wenn ich das Wild vor ihm seh, dann brauch ich nur sagen "Chico dableiben" und er bleibt auch bei mir. Also ich glaube nicht, dass mein Hund eine wildernde Bestie ist, die man abknallen muss. Da sind viele Autofahrer viel rücksichtsloser, wenn sie bewusst nicht abbremsen, obwohl sie sehen, ein Hase oder eine Katze oder was auch immer überquert die Straße.
Und dass ein Wildtier gleich einen irreparablen Schock bekommt, nur weil ein Hund mal ein paar Meter hinterherstartet glaub ich auch nicht. Das ist nunmal die Natur, es gibt Jäger und Gejagte. Die Wildtiere sind dauernd auf der Hut vor ihren Feinden, das ist ein tägliches Katz- und Mausspiel dem sie so oder so ausgesetzt sind.
Und ja, ich gebs zu, wenn ich im Auto unterwegs bin und auf der Straße ein überfahrenes Tier sehe, dann denk ich mir immer: "ma, hoffentlich ists nicht schon wieder eine Katze". Wenn ich dann sehe, dass es ein Hase ist, tuts mir zwar auch leid, aber wenn ich ehrlich sein soll, bin ich immer auch ein bisschen erleichtert, dass es keine Katze ist, sondern "nur" ein Wildtier.
Das heißt jetzt aber nicht, dass ich meinen Hund wahllos auf Wildtiere loslass, weil mir das egal ist, ich geh immer so vorausschauend wie es halt irgendwie möglich ist, aber manchmal verstecken sich die Hasen oder Rebhühner so gut bzw. fliegen oder laufen erst im letzten Moment weg, dass ich sie vorher gar net sehen kann. Jetzt, wo überall das hohe Gras steht und ich die Wiesen nicht überblicken kann, ist mein Hund immer angeleint, weil 1. seh ich dort nicht, ob ein Hase oder Rebhuhn sich versteckt und 2. mögen es die Bauern ohnehin nicht, wenn man das hohe Gras zertrampelt.
Ehrlich gesagt bin ich schon froh, dass wir bald einen eingezäunten Garten haben, wo mein Hund sich auch mal mit Hundefreunden austoben kann und ich mich entspannt zurücklehnen kann und ihnen zuschaun kann, ohne dauernd Angst zu haben, dass in der nächsten Sekunde wo ein Rebhuhn auffliegt, er kurz hinterherstartet und das der falsche Jäger sieht.