Ich hab gestern noch lange über dieses Thema grübeln müssen.
Nachdem ich ja schon ein "älteres Semester" bin, hab ich im Laufe meines Lebens durchaus auch schon einige Menschen mit sehr trauriger Kindheit kennengelernt. Und obwohl ich KEINEM dieser Menschen zutraue nachts einfach aufzustehen und grundlos einen Dackel zu Tode zu quälen, ist mir beim Grübeln doch aufgefallen, daß die Frage WELCHER ART "psychischer Störungen" ein Mensch mit "trauriger Kindheit" entwickelt, sehr stark abhängig davon ist, in welcher Weise die Kindheit traurig war.
Ich dachte z.B. an:
-einen Menschen, der während des Krieges als kleines Kind Vollwaise geworden war und die Zeit in den Luftschutzkellern dann mit ihm nahezu fremden Pflegeeltern verbringen mußte
-einen Menschen der in einer Diktatur aufgewachsen ist, wo es üblich war, daß Regimegegner im Morgengrauen aus ihren Häusern geschleppt wurden und für immer "verschwunden" blieben. Dieser Mensch hat es nie verwunden auch nahe Angehörige auf diese Weise verloren zu haben.
-einen Menschen dessen Mutter nach dem sehr frühen Tod des Vaters in schwerste Depressionenen verfiel, sodaß er (selbst erst im Volkschulalter) fortan damit beschäftigt war, nach der Schule zu putzen und zu kochen und die kleineren Geschwister zu versorgen.
-einen Menschen der als 14-jähriger Holocaust-Überlebender bei Kriegsende halb verhungert aus dem KZ befreit wurde und dann KEIN EINZIGES Familienmitglied mehr hatte.
-2 Geschwister die im Balkankrieg durch ein "Massaker" in ihrem Dorf schwerst traumatisiert wurden.
Alles das, sind/waren reale Menschen, die ich kenne /kannte. Alle haben psychische Schäden davon getragen - v.a. Schlafstörungen und Albträume, zeitweise wiederkehrende Angstzustände oder Depressionen.
Aber KEINER von ihnen neigt/ neigte auch nur ansatzweise zu Gewalttätigkeit oder Sadismus - eher das Gegenteil, diese Menschen reagieren sehr mitfühlend und hilfsbereit auf Leid und Not anderer. KEINER dieser Menschen hat /hatte ein "unterentwickeltes" Gewissen.
Aber ich kenne auch Menschen, die eine ganz andere Form von "trauriger Kindheit" hatten, die anscheinend viel eher dazu führt, daß Schwierigkeiten bei der "Aggressionsbewältigung" , "Impulskontrolle" bei der Fähigkeit Empathie zu empfinden oder Verhalten ethisch bewerten zu können, besteht . Menschen, die teilweise Alkoholprobleme bekommen haben und gelegentlich auch mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind. (wehrlose Tiere gekillt hat meines Wissens trotzdem keiner)
Diese Menschen haben eines gemeinsam; sie sind nicht zu Hause aufgewachsen, sondern in Kinder- und Jugendheimen - z.B. diesem hier:
http://kurier.at/chronik/wien/wien-letztes-horrorheim-wird-zugesperrt/805.799
Was diese Kinder dort erlebt haben, war allerdings keine "traurige Kindheit" sondern, der absoulte "Super-Gau". Erzählungen von schimmligem Essen, das man falls man erbrochen hat, in erbrochenem Zustand wieder essen mußte, weil es sonst Hiebe gab; Erzählungen von Schlägen auf die Geschlechtsteile, falls man dabei "erwischt" wurde, sich mal selbst angefaßt zu haben und vieles mehr, klingt mir heute noch im Ohr. Die Täter des Doppelmordes (der ein Raubmord wegen eines Päckchens das die Opfer von zu Hause bekommen hatten, war) haben völlig emotionslos über die Tat gesprochen (wurde mir von Menschen, die zu der Zeit in diesem Heim gelebt haben, zumindest so erzählt). Für mich war das lange Zeit kaum zu glauben, aber diese Mißstände wurden eines Tages ja auch öffentlich aufgedeckt und sind wahr.
Was diese Menschen in erster Linie nicht verkraften können war die Tatsache, daß sie ja von den eigenen Eltern "abgegeben" und somit an Sadisten ausgeliefert wurden (auch wenn die Eltern wohl nicht gewußt haben, was in den Heimen "abgeht").
Diese Menschen haben vor nicht allzu langer Zeit eine "Entschädigungszahlung" für die erlittenen Qualen erhalten. Nach SO einer Kindheit allerdings ein sehr schwacher Trost.
Drum kam mir beim Grübeln so die Frage: Weiß man eigentlich ob diese zwei Tierquäler um die's hier geht zu Hause oder in einem Heim aufgewachsen sind?
Liebe Grüße, Conny