Eben … warum nicht?
Sehr geehrter Herr Sticha!
Im Auftrag des Herrn Klubvorsitzenden Mag. Josef Taucher darf Ich Ihnen nachstehende Beantwortung übermitteln.
Ein Kind ist in Wien nach einer Attacke eines Listenhundes gestorben, da eine stark alkoholisierte Tierhalterin ihren Rottweiler nicht im Griff hatte. Es gab ein großes Entsetzen in der Wiener Bevölkerung und den Ruf an die Politik zu handeln. Als verantwortungsbewusste Politik müssen wir dafür sorgen, dass sich so ein Vorfall nicht mehr wiederholt und Maßnahmen setzen, um Menschen und vor allem Kinder unserer Stadt zu schützen. Wir tun damit, was alle Staaten dieser Erde tun: wir setzen - im Rahmen unserer Kompetenzen als Bundesland - gesetzliche Maßnahmen, um Menschen vor Verletzungen und Tötung – egal durch wen oder was - zu schützen. Wir beachten dabei das berechtigte Interesse der ganz großen Mehrheit der Wiener Bevölkerung, sich ohne Angst und Risiko vor Verletzungen oder Tötungen durch Hunde im öffentlichen Raum bewegen zu können. Denn das Wohl von Tieren kann in einer Stadt nicht über dem Wohl von Menschen stehen. Es wäre also verantwortungslos, nach so einem Vorfall zur Tagesordnung überzugehen und bloß zu hoffen, dass sich so ein Vorfall nicht wiederholt. Wir gehen dabei maßvoll vor, denn andere Städte in Europa verbieten ganz einfach gefährliche Hunderassen.
Ich habe den Auftrag, im Namen der Landtagsabgeordneten der SPÖ Wien auf häufig vorgetragene Einwände gegen geplante Maßnahmen einzugehen:
· Gegen eine Rasseliste, weil die Gefährlichkeit von Hunden nicht anhand einer Liste festgelegt werden kann:
Sämtliche Hunde auf der Wiener Liste weisen ein erhöhtes Gefährdungspotential auf, weil sie
o über eine hohe Beißkraft verfügen,
o sich in ihre „Opfer“ verbeißen und nicht mehr loslassen und
o kleine Kinder in ihr Beuteschema passen.
Auch der Verfassungsgerichtshof hat diese Rasseliste als verfassungskonform bestätigt.
· Gegen eine generelle Leinen- und Maulkorbpflicht:
Eine generelle Leinen- und Beißkorbpflicht für alle Hunde war niemals geplant. Das wäre eine überschießende Maßnahme, auch hier gegen wir maßvoll vor. Geplant ist eine Maulkorbpflicht für alle Listenhunde, außer in den umzäunten Hundezonen, weil von den Listenhunden durch ihre große Beißkraft eine wesentlich größere Gefahr für Leib und Leben ausgeht als von kleinen Hunden. Wir folgen hier dem Beispiel anderer europäischer Großstädte. Eine Leinenpflicht für Listenhunde außer in den Hundeauslaufzonen und in den Hundezonen war ebenfalls geplant, beides findet sich aber NICHT in dieser Novelle zum Tierhaltegesetz. Nicht nur aus den oben genannten Gründen bietet ja die Leine alleine bei den sogenannten Listenhunden zu wenig an Sicherheit für die Menschen, weil diese Hunde aufgrund ihres Gewichtes und ihrer Kraft nur schwer zurückgehalten werden können, wenn sie auf ein Ziel losstürmen. Beim Beißkorb sollte jeder Hundehalter außerdem darauf achten, dass er ausreichend groß ist, um dem Hund das Hecheln oder Wasser trinken zu ermöglichen. Das ist leider nicht immer der Fall, zu viele Projekte, die im Tierhandel angeboten werden, entsprechen diesen Vorgaben.
· Gegen die Tötung gesunder und grundsätzlich friedfertiger Hunde:
Dagegen sind wir alle, das hat auch niemand vor. Wenn ein Tier einen Menschen lebensgefährlich verletzt oder tötet, wird dieses Tier eingeschläfert. Sonst in keinem anderen Fall. Konstruierte und kommunizierte Fälle, dass Hunde Einbrecher oder Vergewaltiger zu Tode beißen und dann eingeschläfert würden, kamen noch nie vor. Außerdem ist die Beißkorbpflicht in Wohnungen ja nicht vorgesehen.
· Für einen Sachkundenachweis für alle Hundehalter vor der Anschaffung eines Hundes:
Das ist eine interessante und verfolgenswerte Idee, um den richtigen Umgang mit Hunden zu lernen, Dieser Nachweis kann aber die Maulkorbpflicht für Listenhunde zum Schutz von Menschen vor Verletzungen oder Tötungen keinesfalls ersetzen kann.
· Für verpflichtende Trainingsstunden und Begleithundeprüfung für auffällig gewordenen Hunde:
Das wird umgesetzt - verpflichtende Stunden sind im Gesetz enthalten und die Polizei konnte das schon im geltenden Gesetz vorschlagen.
· Für Leine und Maulkorb in der Nähe von Schulen:
Im geltenden Tierhaltegesetz ist schon derzeit eine Leinen- und Beißkorbpflicht bei Menschenansammlungen vorgeschrieben.
· Für bessere Kontrollen:
Dafür sind wir auch. Hier arbeiten wir mit der Polizei zusammen, denn auch diese hat ein hohes Interesse, die Sicherheit in Wien zu erhöhen und Leib und Leben zu schützen.
· Für die Förderung von „Mensch und Hund“-Beziehungen, indem bereits in Kindergärten und Schulen der richtige Umgang gelehrt wird:
Wien setzt in vielen Bereichen auf Bewusstseinsbildung schon ab dem Kindesalter. So unterstützt die Stadt Wien im Zuge des Umweltbildungsprogramms EULE Aufklärung in Schulen und Kindergärten zur „Sprache“ der Hunde. Die Kinder lernen richtiges Verhalten gegenüber Hunden, alles über die Vermeidung von Gefahren-und Konfliktsituationen und respektvollen und sicheren Umgang mit Hunden. Dazu gibt es u.a. die Programme „Der Hund spricht mit dir“ oder „Sicherheitspädagogische Tage“. Alle Infos dazu auf www.eule-wien.at. Leider schützt aber auch die beste Aufklärung und Prävention nicht davor, dass noch was passiert. Die sicherste Maßnahme, um Menschen und vor allem Kinder vor gefährlichen Verletzungen oder ihrer Tötung durch Hunde zu schützen, ist und bleibt der Beißkorb.
Zu den speziellen Anregungen für Hundeorganisationen dürfen wir folgendes mitteilen:
· Automatisierung der Abnahme und Verfallen-Erklärung ohne Parteienstellung:
Im geltenden Tierhaltegesetz (nicht nur in Wien) ist es schon JETZT geltendes Recht, dass die Behörde (also in Wien die Polizei) bei Gefährdung von Menschen und/oder bei Gefahr in Verzug, jedes Tier unverzüglich abnehmen darf und dieses Tier auch sofort verfällt. Das ist seit Jahren geltendes Recht und auch absolut notwendig zur raschen Abwendung von Gefahren, da es leider immer wieder sehr verantwortungslose Hundehalter gibt.
· Verbot des Haltens durch Personen im gemeinsamen Haushalt:
Leider ist es so, dass Menschen mit Tierhalteverbot dieses Verbot umgehen, indem im gleichen Haushalt lebende Menschen als offizielle TierhalterInnen einspringen. Es ist aber auch notwendig zu erreichen, dass jemand, der wegen Tierquälerei verurteilt ist, weil er seinen Hund fast zu Tode gequält hat, nicht weiterhin mit einem Hund leben darf. Um ein Tierhalteverbot von der Polizei verhängt zu bekommen, müssen SEHR gravierende Vorfälle stattgefunden haben, ein solches Verbot verhängt die Polizei niemals leichtfertig.
· Erweiterung der Listenhunde durch weisungsgebundene Magistratsbeamte:
Wenn eine Erweiterung der Liste geplant ist, hätte sie auch nach geltendem Recht durch Beschluss der Landesregierung umgesetzt werden können, es ist daher kein wesentlicher Unterschied zur jetzigen Rechtslage.
· Zuchtverbot für sogenannte „Listenhunde“:
Da diese Hunde ein erhöhtes Gefährdungspotential aufweisen, ist eine Zucht in der Stadt nicht erwünscht. Auch möchten wir damit den „Hinterhof-ZüchterInnen“, die im halblegalen Bereich züchten, einen Riegel vorschieben.
· Verschärfung der Bestimmung bei Nichtbestehen der Hundeführscheinprüfung – Anordnung von Nachschulungen und Teilnahme an (kostenpflichtigen) Ausbildungseinheiten durch private Prüfer ohne amtlicher Beauftragung:
Zur Hundeführscheinprüfung ist zu sagen, dass die Bestimmungen verbessert wurden. Man bekommt eine dritte Chance, die Prüfung zu bestehen (statt nur zweimal wie bis jetzt) und die PrüferInnen, die ja am besten sehen, woran es mangelt, können ganz gezielt Weiterbildungsmaßnahmen vorschreiben. Es ist ja das Ziel, dass Mensch und Hund eine Einheit bilden und der Mensch seinen Hund „lesen“ kann. Wer das nicht kann, sollte in Wien keine Listenhund halten dürfen. Grundsätzlich kann aber jede Nachschulung eines Hundehalters nur ein Vorteil für das Tier sein.
· Tierschutzwidrige Tötung des Hundes ex lege bei schweren Bissunfällen ohne Beweisaufnahme und Anhörung:
Tierschutzwidrig ist es nicht, denn laut Tierschutzgesetz heißt es: „Es ist verboten, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten.“ Eine Gefährdung von Menschen hintanzuhalten, das ist ein mehr als vernünftiger Grund. Es gab in Wien seit Menschengedenken genau einen Fall, auf den diese Bestimmung zugetroffen hätte, nämlich bei dem ein Hund eingeschläfert wurde, weil er ein Kind getötet hat. Tiere, die grundlos einen Menschen töten, sollte man aus dem Verkehr ziehen, da weitere Gefährdungen nicht ausgeschlossen werden können. Im Gegensatz zu den im Internet verbreiteten Behauptungen sind Tiere, die in Notwehr oder in Selbstverteidigung agieren von diesem Paragraphen nicht betroffen. Bisher hat es allerdings in Wien noch keinen einzigen Fall gegeben, wo ein Einbrecher von einem Hund lebensgefährlich oder gar tödlich verletzt wurde. Auch andere Fälle in denen Tiere aus Notwehr gehandelt haben und dabei schwere Verletzungen verursacht haben, sind in Wien nicht bekannt.
Selbstverständlich wurde die Änderung des Wiener Tierhaltegesetzes im Zusammenwirken mit ExpertInnen und Experten sowie durch Juristinnen und Juristen und somit auch rechtlich sorgfältig erarbeitet. Jede Verletzung und besonders jede Tötung eines Menschen, die dadurch künftig verhindert werden kann, ist das wert. Und auch das Zusammenleben von Mensch und Hund in unserer Stadt wird besser werden, wenn Menschen keine Angst mehr haben müssen vor Hunden, weil man am ersten Blick - durch den Beißkorb - sieht und weiß, dass von ihnen keine ernsthafte Gefahr mehr ausgehen kann.
Sollten Sie darüber hinaus noch Fragen oder Anregungen haben, dürfen wir Sie ersuchen, sich direkt an das Büro der zuständigen Stadträtin Mag.a Ulli Sima zu wenden.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Sabrina Kukacka
Landtags- und Gemeinderatsklub der SPÖ
rathausklub@spw.at