Mit allen anderen Hunden vor meiner Hündin war mir jeder "Fehler" anderer Hundehalter absolut schnurz, weil ich keine Probleme damit hatte, egal wie blöde sich andere benahmen. Die Hunde waren alle schnell unkompliziert, folgsam und sozial.
Aber ein Hund hat mich viel, viel lernen lasse, mehr als alle anderen Hunde in 40 jahren zuvor und sie ist für mich der Auslöser gewesen, in vielen Dingen umzudenken:
Als ich meine Hündin, Tochter einer scheuen Strassenhündin die sich nicht anfassen ließ, bekam, hatte sie Null Interesse am Menschen, hatte die 2einhalb Jahre ihres Lebens vielmals erfolgreich gejagt, war schon ein Jahr lang vermittelt gewesen, wo sie aus einem 8köpfigen Hunderudel als einizige ständig über den hohen Zaun ausbüxte und zur Strafe dann an die Kette kam, wo sie vom Rudel dann mehrmals an der Kette angegriffen wurde, ohne ausweichen zu können.
Auch wurde sie geschlagen, mit Kette usw. und hatte panische Angst - vor schnellen Bewegungen, wenn etwas klapperte, schepperte, vor Füßen, vor Fahrzeugen, vor Knall und v.m. Die Vorbesitzer waren angeblich Alkoholiker.
Nach einem Jahr dort übernahm sie wieder die Tierschutzorganisation, die dann die Ausläufe speziell wegen ihr mit Stromzaun sichern musste, weil sie täglich über 2,20 Meter ausbrach, sich nicht fangen ließ, weil keinerlei Menschenbindung, anstatt dessen Meideverhalten wenn keine Flucht möglich, ansonsten angstaggressiv.
Leinenspaziergänge kannte sie allerhöchstens von den wenigen Leinengängen im Tierheim in freier Flur, doppelt gesichert, weil sie sich rauswand. Das war nicht oft, weil sie nur unter strengsten Auflagen vermittelt worden wäre.
Sie hat uns ausgesucht und ich ließ mich darauf ein.
Um überhaupt an sie ranzukommen musste ich sehr viel über die "Sicht-und Empfindungsweisen" eines Hundes lernen, da sie derart verdorben war im Bezug auf Menschen, dass "normale Erziehungsmethoden" alles nur noch schlimmer gemacht hätten.
Vom Wesen her war und ist sie ein absolut instinktsicheres, souveränes Tier mit äußerst hoher sozialer Kompetenz. Freilaufend total sicher, indem, wie sie mit anderen Hunden umgeht. Deutlich eine Führungsnatur und zwar auf sowas von souveräne, konfliktvermeidende Art- und Weise, da könnten sich gaaaanz viele Hunde eine Scheibe abschneiden. Die bringt auf sehr souverän-dominante Art absolute Ruhe und Entspannung in Situationen unter Hunden, die ansonsten leicht eskalieren können - und jetzt zum Knackpunkt: WENN SIE SICH FREI BEWEGEN KANN.
Durch die Erlebnisse, angehängt und dann von mehreren Hunden angegriffen zu werden und dazu noch vom Menschen angehängt bestraft zu werden , haben ihre Reizschwelle beim Fixiert sein und nicht frei und unabhängig agieren Können, gegen Null gesenkt.
So, dann hast da so einen Hund, der gerade anfängt Dir zu vertrauen, eine Bindung aufzubauen und den du wegen des extremen Jagdtriebes und der Verkehrsscheuheit (noch) nicht frei laufen lassen kannst, musst also angeleint unterwegs sein und dem Hund zeigen, dass er auch an Leine sicher ist und Leine nicht gleichbedeutend ist mit wehrlos angegriffen werden.
Hat gut geklappt, bis zu dem Tag, als wir durch die Siedlung unterwegs waren und eine freilaufende Hündin auf uns zuschoß und sie von "ihrem Rüden" knurrend abdrängte, an den sie sich schon sehr gebunden hatte und quasi seine hündische Erziehung übernommen hatte, was sie sooooooo Klasse machte, denn er war ab der 4. Woche ohne Hundemutter und Sozialisierung aufgewachsen.
Die andere Hündin war doppelt so groß, kennt keine Leine, weil "sie da so zieht und eh nix tut" und sie kannte den Rüden, beanspruchte ihn quasi für sich.
Das Ganze war neben einer Strasse und mir blieb nix anderes übrig, als ruhig zur Seite zu gehen, die Leinen locker zu lassen und abzuwarten.
Die Große ging auf meine in eindeutiger Absicht, nicht nachgeben zu wollen los und es kam zum Kampf, im Laufe dessen meine Hündin weglaufen wollte, aber nicht konnte, weil die Leine nicht so lange war und ich sie auch nicht unter die Autos kommen lassen wollte.
Klar, dass die aus Panik heraus austickte und wir konnten die zwei dann zwar trennen, als die Große weiter auf meine einbiss, während die schon am Boden lag, sich aber nicht unterwarf, sondern weiter verteidigte - aber das hat mir ganz viel Vorarbeit versaut und wäre vermeidbar gewesen, würde sich dieser Volldepp von Hundehalter an die Leinenpflicht in der Siedlung halten und sich damit befassen, seinem Hund Leinenführigkeit beizubringen. Aber das tut er nicht, weil sie nämlich bei Hundebegegnungen an der Leine unkontrollierbar agiert und sowieso zieht wie Sau.
Er ist der Meinung, seine tut eh nix, wenn sich die anderen Hunde "sozial" verhalten und unterwerfen, sie sei halt dominant und es liegt immer, wenn was nicht klappt, nur an den anderen Hunden.
Gut - dem gehen wir weiträumig aus dem Weg und ichbin danach freundlich auf ihn zugekommen, habe ihn in einem ruhigen Gespräch gebeten, falls ich ihn übersehe, dass er mir dann aus dem Weg geht, oder sie anleint. Klappte auch gut.
Also haben wir ne Zeit dran intensiv gearbeitet, bis Laika trotz momentaner wirklich heftiger Leinenaggressivität, wieder vollkommen ruhig und gelassen, im Vertrauen auf mich, an anderen vorbeigehen konnte. Übrigens hatte dieses Erlebnis auch auf den Jungrüden einen prägenden Einfluss!
Ok, wir also in wildreichem Gebiet an Schleppleine unterwegs, kommt uns eine hier schon bekannte Hundehalterin mit Hündin entgegen. Diese Frau ist deshalb bekannt, weil sie vor dieser Hündin eine Schäferhündin geführt hat, die sie nicht unter Kontrolle hatte und die schon viele andere Hunde auf Grund IHRES Fehlverhaltens, angegriffen hatte. Aber was solls, da sie ihre sowieso nicht anleinen würde, sind wir -Junghund frei, weil folgsam - und Hündin an Schleppe, einen kleinen Bogen andeutend, so wie die Hunde selbst das gelassen und beschwichtigend "vorschlugen" weiter gegangen.
Da kam die andere Hündin steif angespannt staksend und deutlich direkt frontal auf meine Hündin zu, die sie zuerst ignorierte und beschwichtigend am Boden schnüffelte. Dann kam der Junghund näher und sie ging auf den los. Dann splittete meine Hündin immer noch sehr souverän, konfliktvermeidend - aber die andere Hündin griff meine an und verbiss sich ins sie.
Die Hundehalterin hatte zuvor schon versucht, schimpfend ihre Hündin "abzurufen".
Ich trennte mit einem Fußtritt und als die andere Luft holend nachsetzen wollte, bekam sie noch einen Tritt und ich ging eindeutig aggressiv auf sie los, so dass sie abließ und die Frau bedankte sich dafür bei mir.
Meine Hündin ließ mich machen, auch mein Rüde hielt sich im Hintergrund.
Wir gingen dann sogar noch ein kleines Stück parallel und die Hündinnen beruhigten sich und konnten sich soweit tollerieren, dass sie sich entspannten.
Auch mit dieser Hundehalterin vereinbarte ich, wenn wir an Leine unterwegs seien, bitte künftig keine Konfrontationen mehr zuzulassen, da sich die zwei Zicken nach diesem Vorfall mehrmals über die Strasse böse angezickt hatten - ihre lief keifend an Flexi halb über die Strasse in Richtung meiner noch ruhig neben mir gehenden angeleinten Hunde und dann war klar: Die werden keine Freundinnen.
Für uns durch die Anzickerei an Leinen wieder ein Rückschritt.
Ein Hund, der ansonsten keine schlechten Vorerfahrungen hat, steckt solche Situationen wahrscheinlich gelassen weg - nicht aber ein derart traumatisierter Hund, wie meine Hündin. Das kann man nicht vergleichen. Das steckt drin, kann zwar dran gearbeitet werden, aber neu hochgeholte Traumata können alte Verhaltensmuster wieder auslösen.
Wieder arbeiteten wir erfolgreich dran. Eines Tages kommt uns um die unübersichtliche Ecke genau diese Frau wieder entgegen. Ich grad am Üben, beide Wuffels im vertrauensvollen, freudig motivierten Fuß an der Leine.
Die Frau packt sofort ihre Hündin, die grad neben ihr schnüffelte und zieht sie an uns vorbei, wir gehen vollkommen ruhig und unaufgeregt weiter.
Doch die Frau ließ ihre Hündin viel zu früh los und sie kam hinterrücks um die Ecke geschossen und stürzte sich auf meine Hündin, die mich gerade noch im Kommando freudig anguckte. Das ging so derart schnell, dass ich sie nicht abwehren konnte und meine lag sofort am Boden, wo sich die andere Hündin verbiss. Ich hatte echt Mühe, die zu trennen und ich bekam dabei auch was ab. Meine Hündin hatte blutende Ratscher, aber Gott sei Dank nicht zu tief, die andere war unverletzt. Der Rüde wollte auch mitmischen, ließ sich aber durch ein deutliches Abwehren von mir davon abhalten mitzumischen.
Diese Hündin hat schon mehrere Anzeigen bekommen, weil sie unvermittelt und asozial angreift und meist nicht gesichert wird. Die Frau - mit der ich übrigens danach noch öfters gemeinsam gegangen bin, wenn ich nur den Rüden dabei hatte, weil der einer der wenigen Hunde war, den die Hündin tollerierte, weil er sich absolut sozial, konfliktvermeidend und nicht bedrängend verhielt, hatte von Anfang an mit der Hündin (ehemals Strassenhund) an der Leine große Probleme mit Hundekontakten und ließ sie deshalb fast immer freilaufen. Dabei wurde sie auch das ein oder anderemal von anderen freilaufenden Hunden arg bedrängt und niedergemacht................................
Wir vereinbarten, uns aus dem Weg zu gehen, wenn ich Beide oder nur die Hündin dabei habe - und es klappt seit Jahren hervorragend.
Bis auf einmal, als sie freilaufend 30 Meter vor ihrem Frauli in die Siedlung kam und durchstartete, als sie meine Hündin sah.
Wißt ihr, was ich gemacht habe?
Ja - schlagt mich, hängt mich, lacht Euch kaputt - aber ich habe sofort in einem Reflex meine Hündin auf den Arm genommen. 22kg bei 53cm Schulterhöhe.
Bei diesen zwei Weibern ist offensichtlich, dass sie kämpfen würden, bis eine den geist aufgibt.Meine auf dem Arm hielt vorbildlich still und die andere respektierte ein grantiges "hau ab" mit eindeutiger Körpersprache meinerseits und trollte sich zurück zum Frauli.
Allerdings hat uns die Beißerei im Kommando aus dem Hinterhalt absolut zurückgeworfen und auch wiederum eine Dynamik zwischen meinem Rüden und meiner Hündin in Gang gebracht, die schwer wieder rauszuarbeiten war. Sie konnte ihn dann bei Hundesichtung mit einem Blick "einschalten", sodass auch er eine zeitlang, wenn wir gemeinsam unterwegs waren, ziemlich Leinenaggressiv reagierte, wenn gewisse Distanzen unterschritten wurden.
Es war ein langer Weg, meiner Hündin und auch ihm wieder zu vermitteln, dass ich - trotz meines "Versagens" doch fähig bin, sie wieder konsequent zu schützen, sodass sie meiner Führung vertrauen können.
Ja, sie sind wieder und weiterhin total sozial. Sie vertrauen darauf, dass ich die richtigen Entscheidungen treffe und brauchen zum Kennenlernen nur wenige Minuten an lockeren Leinen ohne Kommando mit ein wenig Distanz und parallel gemeinsam gehen, bis ich sagen kann: Ok, Leinen ab, das klappt.
Ich will mir das nicht mehr versauen lassen!
Natürlich kam es wiedermal vor, dass andere, unkontrolliert freilaufende Hunde an uns angeleint gehenden rankamen - und nix passierte.
Ich bleib dann entweder ruhig und geb sie frei, je nach anderem Hund mal zuerst die Hündin, mal zuerst den rüden oder auch beide - situationsbedingt.
Oder ich wehre aus Distanz den anderen Hund ab.
Inzwischen kann ich BEIDE bei solchen Begengnungen ruhig Leinen losmachen, weil auch die Hündin trotz Jadgdtrieb nicht sofort durchstartet und noch wichtiger, bei Angst meine Nähe sucht, anstatt panisch kopflos zu flüchten, wenn zB eine Fehlzündung eines Fahrzeuges knallt, ein Ballon die Düsen auf macht, ein Pferd angallopüpiert kommt , irgendwo eine Kette scheppert oder eine Flasche klimpert.
Aber das ging eben nicht, als sie bindungslos, traumatisiert und in vielen Situationen noch panisch war.
So - und nun hab ich diesen Jungspund hier, der bisher gewohnt war frei zu streunen, ohne Mutter oder erfahrene Althunde aufgezogen wurde, ziemliche Defizite im Sozialverhalten mit gleichzeitig terriermässigem Größenwahn hat und der durch eine sehr schwere OP und wenig später noch die Kastration und innnerhalb von 5 Wochen zweimal umziehen, total verunsichert ist, ebenfalls Panikattacken beim Festgehalten werden bekommt und Leinenbegegnungen kaum kennt, weil selten an Leine ausgeführt wurde.
Da freu ich mich tierisch, wenn ich mit den Dreien gleichzeitig unterwegs bin, wenn andere Hundehalter ihre rücksichtsvoll anleinen, weil sie meine Leinen sehen.
Hundehaltern, von denen ich weiß, dass sie ignorant sind, ihre Hunde weder zuverlässig abrufen können, noch rechtzeitig anleinen, gehe ich aus dem Weg, wenn ich alle drei dabei habe und übe vorerst ohne konfliktträchtige Ablenkung an der Leinenführigkeit des Kleinen bei Hundesichtung.
Gehe viel Einzeln und auch im Zweierpack - je nach Bedarf und was der Kleine grad lernen soll.
Über Hundebesitzer, die sich korrekt verhalten und sich sogar zum Üben bereiterklären, bin ich sehr dankbar.
Die anderen gehen mir am A**** vorbei, weil ich sie meide - und wenn das mal nicht möglich ist, habe ich ja noch meine zwei Großen, die das dann mit Erlaubnis souverän für mich klären.
Aber sooooooo viele Probleme wären vermeidbar gewesen und für meine Hündin tut`s mir einfach nur leid, dass die Menschen sich manchmal einfach nicht rücksichtsvoll an eigentlich allgemeingültige Regeln halten wollen - Regeln, die eben genau solche blöden Situationen vermeiden sollten, die wir erlebt haben.
Aber ja: So wie bei EvaJ mit den über rot fahrenden Autos ist das auch mit Hundehaltern:
Ich verlass mich auf MICH - und nicht auf die anderen.