Weil wir gerade bei den Schulen sind. Ich hatte es schon vor längerer Zeit gelesen. In Deutschland gibt es bereits Schulen, wo die Zensur/Noten abgeschafft wurde, und es soll wohl bundesweit ausgedehnt werden.
Dazu schreibt ein Prof. Dr. Florian Becker Folgendes.
Zitat
Sozialingenieure basteln am Schulsystem – und an den Kindern. Eben geht es durch die Medien: Die Anzahl der Fehler in Deutschaufsätzen soll nicht mehr direkt in die Notengebung einfließen. Stattdessen soll es eine „qualitative Rückmeldung“ an die Schüler geben. Da werde ich hellhörig. Qualitativ bedeutet letztlich einen frei formulierten Text oder Textbausteine statt einer klaren Note oder Kennzahl. Und warum eigentlich „stattdessen“ und nicht „sowohl als auch“? Jetzt wäre diese Maßnahme allein nicht dramatisch, wenn es nicht seit Jahren einen ganzen Trend in diese Richtung gäbe. Harte Standards, klare Messung und ehrliche Rückmeldung werden systematisch abgeschafft. Das fängt an bei den Bundesjugendspielen in den Grundschulen, geht über Hausaufgaben und zieht sich bis zur Notengebung durch.
Der Angriff auf die Bundesjugendspiele
Was bei den Noten noch in Arbeit ist, hat man bei den Bundesjugendspielen in den Grundschulen bereits umgesetzt. Echter Wettbewerb und klare Bewertungen nach Tabellen wurden abgeschafft, Stoppuhr und Maßband verdrängt. Mitunter zählt nur noch, dass eine Aufgabe „gemacht“ wurde – egal wie. Alle sollen jetzt immer super sein. Der Grund: Eltern hatten Druck gemacht. Ihre große Sorge: Wenn Kinder nicht zu den besten im Sport gehören, dann würden sie beschämt, ja sogar traumatisiert.
Excuse me: Wenn mein Kind durch eine schlechte Leistung im Sport „traumatisiert“ wird, dann gibt es
gröbste Defizite bei der Resilienz . Die Lösung sollte dann doch nicht sein, die Spiele für alle anderen zu verzerren und jedem mittelmäßigen Schüler eine Spitzenurkunde zu geben, damit es bloß keine Tränen gibt. Stattdessen sollte sich unsere Gesellschaft fragen: Was läuft falsch mit vielen Kindern, wenn sie immer nur gewinnen müssen, um nicht traumatisiert zu werden?
Krabben-Mentalität bei den Hausaufgaben
Eine weitere Front in diesem Feldzug gegen Leistungsstandards sind die Hausaufgaben. „Hausaufgaben verschärfen die Chancenungleichheit!“ lässt sich das Narrativ dort zusammenfassen. Tatsächlich profitieren Kinder aus sozioökonomisch besser gestellten Familien mehr von Hausaufgaben.
Doch was bedeutet der Wunsch Hausaufgaben abzuschaffen? Etwas soll weg, weil manche davon mehr profitieren als andere. Bedeutet konkret:
Lieber profitiert niemand , als dass jemand etwas mehr als andere profitieren könnte.
Dieses traurige Mindset nennt man Krabben-Mentalität . Der Begriff ist abgeleitet von Anekdoten über Krabben, die in einem Eimer gefangen sind. Immer wenn eine Krabbe versucht an der Wand hochzuklettern, dann ziehen die anderen Krabben sie wieder hinab – und sichern das kollektive Verderben.
Das verdrehte Narrativ dahinter lautet: „Wo es erfolgreiche Kinder gibt, da gibt es eben auch weniger erfolgreiche. Das ist dann nicht schön für diejenigen, die nicht so erfolgreich sind. Deshalb sollte niemand erfolgreicher als alle anderen sein dürfen! Dann ist es gerecht.“
Schulnoten unter Druck
Eine immer stärkere Lobby hetzt geradezu gegen Schulnoten. Manche Lehrerverbände fordern beispielsweise, Noten ganz abzuschaffen, in einigen Grundschulen laufen Versuche dahingehend. Das Motto: „Wir müssen künftig die Prozesse beurteilen und nicht das Ergebnis.“
Man stelle sich vor, ein Arzt würde in ähnlicher Weise sagen: „Zugegeben, wir haben aus Versehen das falsche Organ operiert – aber gucken Sie auf den Prozess: die tolle Umsetzung, die perfekten Schnitte, die erstklassige Wundversorgung!“ Oder der Vertriebsmann berichtet uns: „Ja, ich habe keinen Umsatz gemacht – aber ich habe viel telefoniert und bin im Monat 4000 km mit dem Dienstwagen gefahren!“ Das erinnert mich an Politiker, die nichts erreichen, aber uns erzählen, wie wenig sie schlafen und die viele Fotos von sich machen.
Als Professor frage ich mich: Sollen wir an den Hochschulen jetzt Ingenieure, Ärzte, Psychologen etc. auf die Menschheit loslassen, weil sie in einer mündlichen Prüfung „viel geredet“ oder „sich lange vorbereitet“ haben oder die Bachelorarbeit „viele Schriftzeichen“ hat?
Das sind die Vorteile von Schulnoten
Daten aus Ländern, die Noten abgeschafft haben, etwa Schweden, sowie andere Studien sprechen für mich eine klare Sprache:
Kinder aus bildungsfernen Haushalten und Mädchen profitieren tendenziell besonders von Noten in der Grundschule. Sie merken so: „Hey, ich bin ja gar nicht so schlecht, wie ich dachte!“
Ohne Noten profitieren eher Kinder aus gebildeten Haushalten der Oberschicht.
Sie können dann ggf. länger glauben: „Ich bin super! Hat Mama mir auch schon immer gesagt.“
Wer gut ist und gute Noten hat, wird dadurch zusätzlich motiviert. Noten können hier das Selbstbewusstsein stärken.
Wer leistungsschwach ist oder ein überzogenes Selbstkonzept hat, für den sind frühe Noten oft demotivierend.
Lernen, mit Misserfolgen umzugehen
Genau auf den letzten Punkt schießen sich einige der Gegner von Noten ein und sagen: „Noten können leistungsschwache Kinder zusätzlich demotivieren. Deshalb müssen die weg.“ Die anderen Aspekte lassen sie dabei gerne unter den Tisch fallen.
Ich finde: Wir können
nicht alle anderen opfern , nur damit sich ein paar Egos und Leistungsschwache besser fühlen. Wichtig ist stattdessen, dass alle Kinder
lernen, mit Misserfolg umzugehen , diesen als Ansporn verstehen. Kurz: Wenn jemand schlechte Leistungen zeigt und durch eine schlechte Note demotiviert wird, dann hat das Kind nicht gelernt, mit Misserfolg konstruktiv umzugehen. Dort ist anzusetzen – und nicht für alle anderen die Noten abzuschaffen.
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Ich stelle mir gerade wirklich vor, wenn diese Schüler Arzt oder Jurist werden will.....