Ich kann da einiges beisteuern, weil ich ja in einer Tierarztpraxis arbeite und dementsprechend viele Hundebesitzer kommen zu uns.
Wir haben die Wattebauschfraktion:
Hund bekommt alle 2 Minuten selbst mitgebrachtes, frisch gekochtes Fleisch als Leckerlie in den Rachen geschoben, weil er so brav sitzt.
Bevor er sich auf den Rücken legen muss (z.b.: nach Kastrationskontrolle)wird er zuerst vorsichtig ins Platz dirigiert, dann wird eine halbe Rolle gemacht, diese mit vieeeel Leckerlie gelobt und bestätigt, dann vorsichtig festgehalten und dann erst darf sich der Herr Doktor mal ranwagen
Bei jeder Spritze wird so laut mit ihm geredet, dass er jaaaa nix mitkriegt vom Piekser und wehe, ich halte Hundsi währenddessen am Halsband fest, das könnt ihn ja würgen
Brustgeschirr geht aber auch nicht, denn da lässt er sich nicht anfassen ...
Wir haben einige Besitzer, die mit ihren Hunden zum Krallenschneiden kommen, weil sich der Hund von ihnen nicht anfassen lässt. Ebenso beim Augen eintropfen oder Ohren ausputzen. Da wird geknurrt, gefletscht und notfalls geschnappt (beim Besitzer!). Bei uns in der Ordi sind sie streichelweich.
Wir haben auch das Gegenteil:
Rottweiler, Beauceron- und Schäferhundbesitzer, die nur mit Strenge, harter Hand und so weiter arbeiten. Die Hunde dürfen sich nicht rühren, müssen trotz Angst Sitz, Platz und Kunststücke vorführen, weil sie das ja ach so toll beherrschen
Und Gott sei Dank haben wir auch viele, die den goldenen Mittelweg gefunden haben. Da weiß der Hund, was er darf und was er nicht darf. Es wird mit Menschenverstand und Bauchgefühl reagiert und trotzdem werden Tipps und Tricks gerne angenommen. Es wird abgewogen, welche Tipps im eigenen Fall sinnvoll sind und umgesetzt werden und nicht blind alles befolgt.
Bei diesen Mensch-Hund-Beziehung findet man meiner Meinung nach die meiste Nähe und Vertrautheit. Da gibts die wenigstens Verhaltensauffälligkeiten, Probleme, usw.
Ich war in Sachen Tier immer ein Bauchmensch, habe wenig Bücher gelesen, war in keiner Huschu, habe mich wenig informiert....Erst als Jack, mein Rüde aus dem Tierheim einzog, hab ich angefangen, das Wuff zu studieren, Bücher zu lesen, Huschus und Trainer heimzusuchen, Bekannte/Verwandte zu fragen. Mit dem Ergebnis, dass Hund und ich nur noch verwirrt waren und keinen Zugang mehr zu einander fanden.
Inzwischen verlass ich mich wieder auf meinen Instikt, mein Bauchgefühl und beobachte meinen Hund ganz genau. Das war bei uns des Rätsels Lösung.
Ja, ich verwende manchmal eine Kette (nicht auf Zug), ja wir gehen hin und wieder mit Halti, nein ich verwende kein Brustgeschirr und ja, meine Hunde sind täglich 7 Stunden alleine.
Sie müssen sich weiters mit Sitterhunden arrangieren, es gibt einen Brüller, wenn sie in mein Bett springen und im Freilauf wird nicht gebellt. Es flog schon mal eine Leine in Richtung Hund, wenn er in der Ferne was gefressen hat und ein Schuh auf die Rückbank, weil er anfing zu schreien, was das Zeug hielt (er hat die Baumalle erkannt, die auf einen Spaziergang hindeutet
).
Ich habe auch das Gefühl, dass bei vielen einfach das Bauchgefühl abhanden gekommen ist und die Hunde mehr und mehr zu Kindern oder Freunden gemacht werden. Spricht ja nix dagegen, aber wenns soweit kommt, dass Herr Hund sich nicht in die Ohren schauen lässt, weil er das nicht mag, dann frag ich mich schon...
Lg Cony