Puh... als ich das Eingangsposting gelesen hatte, dachte ich mir noch: WOW da hat jemand wirklich den Willen dazu dieser Hündin eine Chance zu geben und an diesem "Problemchen" zu arbeiten.
Allerdings hat sich dieses Bild dann (leider) gewandelt....
Ich hab meinen Hund auch aus dem Ausland, aus einer Tötung... und hab ihn als Welpe (!) bekommen. Dieser kleine Welpe war nicht nett, der war auch nicht lieb (nur sehr selten) - der war eine Zumutung

Ich war verzweifelt - und hab das hier im Forum schon sehr oft erzählt.
Ich hab mehr als ein halbes Jahr gebraucht, bis ich diesen Flegel "lieben" konnte und wir uns zusammen gerauft hatten.
Ich war einfach nur enttäuscht, dass dieser Hund so gar nicht meinen Erwartungen entsprach - er war wild, stürmisch, ungehobelt, wollte nicht geknuddelt werden... wir wurden aus dem Welpenkurs "geschmissen" an unserem ersten Tag, wir wurden immer "böse" angeschaut wenn er mal wieder jemanden gezwickt hatte oder an jemanden hoch gesprungen ist (ich bin mit dem entschuldigen gar nicht nachgekommen), wir haben zig Trainer aufgesucht und haben unermüdlich trainiert.
Erfolge? Die haben sich erst nach laaaanger, laaaanger Zeit eingestellt.
Nicht nur einmal hab ich die Nerven geschmissen und wollte dieses Tier einfach nur dem nächstbesten in die Hand drücken und sagen: Ich bin einfach zu dämlich um diesen Hund zu erziehen, ich kann und will nicht mehr.
Es gab auch einige Trainer die mir ernsthaft geraten haben, diesen Hund abzugeben - weil wir einfach nicht zusammen passen. Er wäre unglücklich mit mir und ich ebenso unglücklich mit ihm. Das war auch damals garantiert so.
Warum hab ich es nicht getan?
Zuerst mal hab ich mir immer folgendes überlegt: ICH wollte dieses Tier haben, ICH hab es übernommen mit dem festen Vorsatz sein ganzes Leben lang für ihn zu sorgen, ihn lieb zu haben und ihm ein gutes Leben zu ermöglichen. ICH wollte beweisen, dass auch ein Hund aus der Tötung ein liebenswertes Wesen haben kann und gar nicht so vermurkst sein kann (jo... ok, dass ist mir wohl nicht sonderlich gut gelungen

) und letztendlich hab ich mir überlegt: WER, wenn nicht ich, würde diesen Hund überhaupt haben wollen? Er ist eine absolute Gefahr für Kinder, er mag keine fremden Menschen (und zeigt das auch), er zerstört leidenschaftlich gern die Wohnungseinrichtung UND mitnehmen kann man diesen Hund nirgends.
Mir wurde klar, dass er einfach in einem Tierheim versauern würde - abgestempelt als bissig, aggressiv und dominant. Damit hätte ich nicht leben können - diese "und hinter mir die Sintflut" Mentalität ist mir fremd.
Also hab ich es durchgezogen und beschlossen nicht aufzugeben.
Thyson und ich, haben eine verdammt harte Schule hinter sich... einige hier werden beim Lesen meiner Zeilen vermutlich amüsiert den Kopf schütteln und sich denken "die war einfach unfähig, ein anderer hätte das 10x besser hinbekommen". Das glaube ich aber nicht, denn niemand hätte mit mir tauschen wollen. Eine bekannte Dog Dancing Trainerin (auf die man viele große Stücke hält) hat mir mal gesagt, dass sie diesen Hund "schon längst an die Wand geklatscht hätte"

....und viele weitere Trainer haben in der Vergangenheit einige ähnliche Kommentare abgelassen...
Ich habe Bücher gewälzt (und zwar ausschließlich ALLE Bücher die man hier im Forum propagiert), ich bin auf Seminare gelatscht (von beinahe jedem Trainer den man hier gern mal in den Himmel hebt) - aber lange Zeit hat sich einfach nix getan.
Was ist heute anders als früher?
Wir haben uns arrangiert und kommen gut zurecht. Thyson mag immer noch keine Kinder und das ist "milde" ausgedrückt.
Nelly mag Kinder - sie bringt sie mit dir gemeinsam ins Bett, sie kann neben ihnen liegen, Kinder können sie streicheln und sogar knuddeln, sie mag ihre Anwesenheit usw. - sie mag es nur nicht bedrängt zu werden und weiß sich einfach noch nicht anders zu helfen.
Thyson hingegen kann an Kindern vorbeigeführt werden, wir können uns mit Leine und Maulkorb auf einen Kinderspielplatz setzen und entspannt den Kindern beim toben zuschauen, wir können auch Kindergeschrei ertragen(alles nach 3 Jahren Training!) - ABER überschreitet ein Kind den "Wohlfühlradius" ist es vorbei. Und da wird nicht nur geknurrt... sondern die Zähne gefletscht, geknurrt und hingefahren - und zwar innerhalb von Sekunden.
Mir persönlich, macht das nicht mehr viel aus, nur mein Umfeld reagiert "komisch". Ich habe keine Kinder, will diese auch nicht um mich haben und empfange auch keinen Kinderbesuch. Von daher ist dieses Problem für mich nicht besonders relevant. Aber es schränkt natürlich massiv ein. Mit dem Hund in die Stadt, ins Einkaufszentrum, zum Heurigen, etc. - kannst alles vergessen. Ich würde wahnsinnig werden vor lauter aufpassen.
Damit will ich nur aufzeigen: Nelly ist ein kinderfreundlicher Hund der den Umgang mit ihnen nur noch lernen muss. Nelly mag sie ja und versucht auch mit ihnen zurecht zu kommen - wieso sollte man ihr den Umgang mit ihnen verwehren? Wieso soll Nelly in einen kinderlosen Haushalt vermittelt werden?
Nelly braucht Führung und man muss ihr zeigen, was man von ihr erwartet, was ok ist und was nicht. Woher soll sie wissen, dass es nicht ok ist deinen Sohn anzuknurren - einen aufdringlichen Welpen würde sie auch anknurren.
Das was du schilderst ist ein Problem, das man schnell mit einem kompetenten Trainer lösen kann. Wenn man den Willen dazu hat.
Wenn du sie jetzt weggibst wirst du nie merken, was das "gemeinsame" miteinander arbeiten bringen kann... nämlich eine unglaubliche Verbindung zu deinem Hund.
Thyson und mich verbindet so viel - wir haben gemeinsam so viel durchgemacht (ich mit ihm und er mit mir bestimmt auch

) - wir sind einen steinigen Weg gegangen der uns bei jedem Meter enger aneinander geschweißt hat. Ich liebe diesen Hund, so wie er ist, bei weitem nicht perfekt und immer noch anstrengend, aber er ist MEIN Hund der mich liebt und für mich u. meine Familie durchs Feuer gehen würde.
Wir haben soviel voneinander gelernt und ich weiß mittlerweile, dass er mich nicht strafen oder enttäuschen will, wenn er mal wieder aus der Reihe tanzt, sondern das er einfach nicht anders kann wenn die Angst ihn packt. Es liegt an mir, dafür zu sorgen, dass er Ängste und Unsicherheiten überwinden kann. Nicht an ihm... denn er ist "nur" der Hund, mein Partner bei dem ich allerdings den Ton angebe
Woher seine Ängste kommen und wieso sie sich manifestiert haben, wird mir immer ein Rätsel sein (er kanns mir ja nicht erzählen) - genausowenig kann dir Nelly sagen wie es ihr bisher ergangen ist.
Wichtig ist das jetzt - sie baut vertrauen zu dir auf, eine Bindung und du wirst sie wieder enttäuschen und an jemand anderen weitergeben. Weißt du ob dieser jemand gut zu ihr sein wird? Was wenn nicht? Hast du kein bisschen Empathie für sie übrig? Denn das genügt schon um darauf aufzubauen.
Es lohnt sich - auch wenn man einen Hund nicht auf den ersten Blick liebt und das Gefühl "nicht stimmt" - es kommt... ganz sicher, denn so war es auch bei mir. Je mehr man miteinander erlebt und miteinander arbeitet, sich kennen lernt, zu verstehen versucht und begreift wie sehr der Hund einen braucht... und schon mogelt er sich in dein Herz
Dieses "aufgeben" und die "Flinte ins Korn schmeissen" ist mittlerweile so verbreitet, dass es mir direkt Angst macht. Kann ein Mensch wirklich nur noch auf den ersten Blick lieben um beim ersten Hindernis den Partner Hund "abzuschieben"?