Ich hab mich mit Zucht und Vererbung jetzt noch nicht soooo intensiv befasst, aber ich glaube nicht, dass das Ganze ein Wunschkonzert ist oder man wie bei einem Rezept einfach hiervon ein bisschen mehr und hiervon ein bisschen weniger nimmt, sondern dass Veränderungen eine langfristigere Sache sind und immer mehr als nur einen Faktor betreffen.
Naja, wenn ich mir die ganzen Rassen so anschau, die meilenweit entfernt vom ursprünglichen Hund sind, dann ist für die Menschen das Aussehen des Hundes schon ein Wunschkonzert.
Unter Verträglichkeit anzüchten versteh ich lediglich, dass man nur jene Hunde miteinander verpaart, die Artgenossen gegenüber ein gutes Sozialverhalten zeigen, das wird aber jeder seriöse Züchter so oder so machen, genauso wie er auf die Gesundheit der Tiere achten sollte, ist auch das Wesen der Zuchthunde wichtig. Problem sind hier mal wieder die ganzen Vermehrer, die alles und jeden vermehren (aber die schaun weder auf die Gesundheit, noch auf das Wesen der Hunde).
Ich persönlich steh auf "so natürlich wie möglich" - deshalb hab ich mir ja auch meine Rasse ausgesucht. Mit jedem Artgenossen auszukommen ist für mich allerdings nicht unbedingt natürlich. Sicherlich einfacher und wahrscheinlich in unsere unnatürliche Steiff-Tierchen-Gesellschaft besser passender, aber wenn man danach geht, dürfte es viele Rassen gar nicht mehr geben, was doch äusserst schade wäre.
Ich bin da vielleicht extrem in meiner Einstellung, aber meiner Meinung nach wärs besser, wenns einige Rassen nicht mehr geben würde, was jetzt nicht heißt, dass ich diese Rassen von heute auf morgen verbieten lassen würde, nur nicht mehr so viel nachzüchten. Ich rede hier von Rassen, die einfach nicht mehr wirklich "Hund" sind, weil sie so überzüchtet sind vom Aussehen her, dass es eigentlich einfach nur mehr pervers ist. Der Mensch bastelt sich hier irgendwas zusammen, egal ob der Hund gesundheitliche Nachteile hat oder nicht.
Ich weiß, auch mein Hund hat Schlappohren, ist auch net natürlich und solche Hunde haben oft Probleme mit den Ohren, aber das ist auch schon das einzige, was bei ihm extrem von der Natur abweicht.
Was heisst hier inakzeptabel? Die kommen ja nicht so zur Welt. Ich glaube schon, dass Verträglichkeit zu einem gewissen Teil unabhängig von Sozialisation und Erziehung ist, aber irgendwelche Anzeichen gibt es "normalerweise" eigentlich immer - für manche halt nicht eindeutig genug oder viel zu kurz, aber da sind sie. Es sei denn, der Hund lernt, dass warnen nichts nützt oder sogar Nachteile bringt.
Und ein nicht ganz so verträglicher Hund kann durch die vielen verträglichen "Tut-Nixe", die genau deshalb ja auch ungefragt zu jedem hindürfen, noch unverträglicher werden. Und das seh ich z.B. nicht ein.
Ich rede hier nicht von bedingt verträglichen Hunden, die durch knurren oder sonstige Drohgebärden einem Hund anzeigen, dass sie nicht spielen wollen oder keinen Kontakt wollen. Da hab ich nix dagegen, mein Hund muss sicher nicht alles und jeden mögen, obwohl er das tut. Er freut sich wie ein Irrer über jeden Hund, das ist auch manchmal anstrengend, weil er auch nicht mit jedem Hund Kontakt haben muss bzw. darf (man weiß ja nie wie der andere Hund "drauf" ist)
Ich rede hier von Hunden, die sofort auf ernst machen, weil sie
a) entweder scharf gemacht wurden
b) schlecht sozialisiert wurden
c) gelernt haben, dass Knurren usw. nichts nützt
Jeder normal sozialisierte Hund kann die Hundesprache und macht sich erst mal ohne zu beißen verständlich, dass er keinen Kontakt will. Das ist das einzige, was ich von einem Hund verlange, und nicht dass er alles und jeden mag.
Es geht nicht immer und überall, dass ich einem fremden Hund komplett aus dem Weg gehe. Ich bin ja froh, dass ich z.B. nicht in Wien wohne, da hört man ja dauernd Horrorgeschichten von den ganzen Hundeauslaufzonen. Oder ich würd auch nie in den Linzer Wasserwald fahren, da hab ich auch schon einiges gehört, dass verträgliche Hunde von unangeleinten, unverträglichen angefallen wurden. Dass der Hund selber nix dafür kann ist klar, aber was, wenn der Hundehalter auch keine Einsicht zeigt?
Also ich bleib bei meiner Meinung und würds nicht schlimm finden, wenn man als Hundezüchter die Verträglichkeit anderen Hunden gegenüber etwas beeinflussen kann bzw. bei manchen Rassen etwas verbessern kann. Das finde ich zumindest weniger bedenklich, als das ganze Zurechtschnippeln von bestimmten Merkmalen was das Aussehen eines Hundes betrifft.
Mit einem verträglichen Hund ist es mit Sicherheit genauso anstrengend wie mit einem unverträglichen Hund, weil man auch immer auf der Hut sein muss, weil überall verantwortungslose Hundehalter rumrennen, die ihre Hunde frei laufen lassen ohne Rücksicht auf andere. Bei uns in der Gegend wohnt ein unkastrierter Rottweiler, das Frauchen ist 70 Jahre alt, kann nicht mehr gscheit gehen und der Hund ist unerzogen und viel zu dick. Sie fährt im Auto, der Hund läuft nebenher. Mein Hund hat einmal ne schlechte Erfahrung mit diesem Hund gemacht, so schnell konnte ich gar net reagieren, war der unangeleinte Rotti auf meinem Welpen drauf und hat ihn niedergedrückt und wollte ihn besteigen. Er hat null reagiert auf sein Frauchen, diese hat aber auch keine Anstalten gemacht ihren Hund zurückzuholen, sie hat nur hilflos nach ihm gerufen. Da bin ich dann hin und hat meinen verängstigen Welpen unter dem Rotti hervorgezogen, der ihn net loslassen wollte. Dann hatte ich meinen Welpen auf dem Arm und der Rotti wollte an mir hochspringen (war total lustig bei nem 50 kg Hund :-((
Diesem Hund geh ich seither immer aus dem Weg oder ich dreh um wenn ich ihn von weitem sehe. Der Rotti ist nicht von Grund auf böse oder total unverträglich, er ist einerseits unerzogen und andererseits sehr dominant (Rassebedingt?) unkastrierten Rüden gegenüber. Ich kann eigentlich heilfroh sein, dass mein Rüde kastriert ist, so sieht er ihn wenigstens nicht als Konkurrenz, sondern "nur" als Objekt, das man besteigen kann. Und ich hab keine Lust wegen dieser unfähigen Hundehalterin, dass mein Hund bedrängt wird.
Unfähige Hundehalter und gewisse Rassen, die eine konsequente Hand in der Erziehung brauchen, aber nicht bekommen, sind eine gefährliche Kombination. Aber das ist eigentlich ein anderes Thema.