Hallo, Nicky!
Als ich damals meinen zweiten Hund aus dem Tierschutzhaus geholt habe und damit am Hundeplatz war, habe mich viele meiner Hundeplatzkollegen angesprochen, warum ich mir denn keinen "gescheiten" Hund genommen habe, sondern "nur" so einen Mix. Sie hätten mir doch helfen können einen "guten" Hund von einem Züchter zu bekommen.
Solche Aussagen fand ich immer schon einfach nur dumm und das hat sich bis heute nicht geändert.
Das hat mich damals (ist ca. 20 Jahre her) so gestört, dass ich für mich beschlossen habe, niemals einen Hund vom Züchter zu nehmen. Warum soll ein Mischling kein gescheiter Hund sein?
Wie Du sicher weißt, habe ich ebenfalls mit einem Mischling begonnen. Zuerst war ich ganz normal im Abrichtekurs, dann erst habe ich Agility kennengelernt. Hexe zeigte sich anfangs sehr talentiert in UO, sodaß ich dadurch überhaupt erst auf die Idee kam, Turniere zu bestreiten. Agility kam erstmal einfach zum Spaß hinzu, entwickelte sich aber durch Hexes (und mein) Talent zu
dem Sport, der für mich
das Hobby (ja ein großer Teil meines Lebens) wurde. Ohne meine Hexe wäre ich niemals dahin gekommen, wo ich heute bin. Weder wäre ich ein besonders begeisterter Hundesportler geworden, noch Trainer, noch Funktionär.
Wie gesagt, ich suche mir meine Hunde schon sehr genau aus. Ich betreibe Hundesport und dazu sollte der Hund auch passen. Bisher hatte ich immer Glück. Inzwischen besitze ich den vierten Mischling in Folge, keiner hatte HD, alle waren im Hundesport erfolgreich.
Hexe war mit Sicherheit einer der erfolgreichsten Agilityhunde, die es jemals in Östereich gab, aber (und das war zu Zeiten, bevor es eine IMCA oder eine IFCS-WM gab) obwohl wir wohl jederzeit von der Leistung her, an Europa- und Weltmeisterschaften teilnehmen (und auch ganz vorne landen) hätten können, war dies nicht mögkich, da die FCI eben nur Rassehunde zur WM zuläßt.
Und ja, das wäre mir wichtig gewesen. Es wäre die Krönung einer großen sportlichen Karriere gewesen (für mich, aber auch für einen kleinen Bauernhofmix, den ich damals um 200 Schilling gekauft hatte).
Damals habe ich dafür gekämpft, daß auch Mixe zur FCI-WM fahren dürfen. Doch irgendwann habe ich kapiert, daß die FCI kein Sportverband ist, sondern ein Zuchtverband. Und das solch ein Verein auch das Recht hat, zu bestimmen, welche Teilnehmer er zu seinen Bewerben zuläßt. So unfair und bitter das sein mag.
Ich habe mich später für IMCA (die Mischlingshunde-WM) eingesetzt, nur war Hexe leider schon zu alt, um noch an einer IMCA teilnehmen zu können. Als die damaligen Landesvertreter beschlossen, IMCA auch für Rassehunde mit FCI-Papieren zu öffnen (Rassehunde ohne FCI-Papiere waren ja schon vorher startberechtigt, weil die ja der damaligen Ansicht nach ebenfalls als Mischlinge galten), fand ich dies gut und richtig. Denn es geht beim Agility
keinesfalls um die Herkunft eines Hundes, sondern nur um die tatsächlich erbrachte sportliche Leistung eines Mensch-Hund-Teams. Und es eröffnete mir auch mit Thora (meiner Border Collie Hündin) die Chance, an der IMCA teilzunehmen.
Vielleicht erinnerst Du Dich noch, wie man damals versucht hat, mich - obwohl ich nach den Qualifikationsbestimmungen Sieger der Ausscheidungen war - doch noch auszubooten, weil ich einen Rassehund hatte. Hier begann ein umgekehrter "Rassismus", der ebenfalls nichts mit dem Sport mehr zu tun hatte. Hier ging es plötzlich um einen "Religionskrieg" Mischling gegen Rassehund, der von einigen Mischlingsbesitzern mit noch größerem Fanatismus ausgetragen wurde, als jemals ein Funktionär den Ausschluß der Mischlinge von der FCI-WM verteidigt hätte.
Ich wollte als Sportler immer nur eines. Mit meinen Hunden (egal, ob mit meinem Mix Hexe oder mit meinem Rassehund Thora) gegen die Besten der Besten antreten. Ich habe mit Hexe europaweit genauso die Konkurrenz der besten (Rasse)Hunde gesucht (bin extra nach Dänemark gefahren, um gegen den Europameister anzutreten), wie ich mit Thora immer gerne gegen ALLE anderen Hunde (egal, welche Rasse oder Mischling und egal welcher Verband) angetreten bin.
Ich halte nichts von Ausgrenzung und war immer für ein verbandsübergreifendes sportliches Miteinander aller Hundesportler und deren Hunden.
Ich finde es Schade, dass viele Hundesportler, die mit einem Mix angefangen haben - und sogar erfolgreich waren - dann auf Rassehund umschwenken, nur um auf einer WM starten zu können.
Ich finde es schade, daß Du das mit einem etwas abwertenden Ausdruck rüberbringst. Ich habe mich erstmal dafür entschieden, einen zweiten Hund anzuschaffen, weil ich weiterhin Agility betreiben wollte. Und ja, ich wollte auch mein Ziel, an einer WM teilzunehmen erreichen.
Mir war eines immer klar: eine zweite Hexe würde es nie geben. Aber es gab Hunde, die ihr vom Körperbau und der Größe her vergleichbar waren und die vom Grundcharakter her ebenfalls sehr freundlich waren. Von den Border Collies, die ich damals gesehen hatte, hat mich keiner wirklich von seinen Ergebnissen überzeugt, das meiste war Chaos pur. Die Hunde hatten zwar Power, Arbeitseifer und waren extrem leichtführig, nur konnte sie damals keiner richtig führen. Es war tatsählich so, als gäbe es nur sehr wenige, die mit diesen tollen, aber auch sehr schwierig zu führenden Hunden wirklich umgehen könnten. Ich hingegen war überzeugt davon, es zu schaffen.
Aus dieser Zeit rührt übrigens auch der Spruch mit dem Ferrari. Viele Leute, die mit einem "VW-Golf" (also einem normal veranlagten, sehr guten, aber nicht allzuschnellen Hund) gut zurecht kamen, scheiterten an den "Sportwägen" (also grundsätzlich mal sehr arbeitswilligen, hochmotivierten und sehr schnellen Hunden), weils sie einfach das Handling nicht beherrschten. Damals sagte ich in etwa: "Nicht jeder, der einen VW-Golf fahren kann, kann auch einen Ferrari beherrschen". Denn ein Border, ein Mali und einige andere Rassen sind zwar hochgezüchtete Arbeitshunde, aber irrsinnig sensible Wesen, die nur von einem erfahrenen Hundeführer im Sport wirklich beherrscht werden können. Eben vergleichbar mit einem Rennwagen, der extrem viel Power hat, aber dadurch im Grenzbereich extrem sensibel reagiert und auch schnell mal von der Straße fliegt, wenn man zu viel Gas gibt.
Es ging also niemals um eine Wertigkeit der Hunde, sondern um die - teilweise sehr beschränkten - Fähigkeiten deren Hundeführer. Ich verstand niemals - und werde dies auch niemals tun - warum sich Menschen, die körperlich (und teilweise auch geistig) keinesfalls in der Lage sind einen blitzschnellen Hund im Agility zu führen, sich unbedingt einen Border, eine Aussie oder einen Mali anschaffen, obwohl sie eigentlich schon mit ihrem Ersthund (häufig ein Mix) an Grenzen gestoßen waren, die nicht diejenigen des Hundes waren.
Arkon wird wohl mein letzter Hund sein, den ich gezielt für Agility ausgesucht haben werde - auch ich werde weder jünger, noch schneller. Schafe hüten ist nicht mein Ding, also ist es auch fraglich, ob ich mir wieder einen Border nehmen werde. Vielleicht werde ich in 10 Jahren irgendeinen netten Tierheimhund (oder wieder einen von einem Bauernhof) nehmen, mit dem ich Agility nur mehr aus Spaß und ohne besondere Ziele betreiben werde.
Vielleicht nehme ich dann auch einen Hund, der nur zum Spazierengehen zu motivieren ist (vielleicht brauche ich dann auch schon einen Servicehund), aber jetzt versuche ich nocheinmal, mit meinem Hund ganz an die (Welt)Spitze zu kommen. Wenn es nicht klappt, werde ich mir deshalb auch keine grauen Haare wachsen lassen - ich habe mit ihm auch abseits des Agility-Parcours eine erfüllte Mensch-Hund Beziehung.
Ich war damals mit Marion befreundet, der Besitzerin von Roona. Ich fand diese Hündin wunderbar liebenswert, sier gefiel mir (natürlich auch ihr Enthusiasmus im Agility), ich war "verliebt" in sie. Auch wenn Roonas Läufe chaotisch waren und sicherlich keine echte Werbung für einen zukünftigen Sporteinseitz ihrer Nachzucht darstellten, wollte ich - das war schon lange besprochen - mir einen Welpen aus Roonas erstem Wurf nehmen. Das war dann Thora.
Ich wollte einerseits meinen liebgewonnenen Sport Agility weiter betreiben und andererseits wollte ich unbedingt einen Welpen haben. Dies schränkte die theoretischen Auswahlmöglichkeiten schon deutlich ein. Aber ausschlaggebend war für mich, daß Marions Welpen mit Familienanschluß aufwachsen würden (nicht wie bei anderen Züchtern im Stall oder im Keller) und ich durch die Freundschaft mit ihr die Möglichkeit hatte, den Welpen sehr oft zu besuchen und ich auch die erste Wahl hatte.
Ich finde es viel spannender aus "nur so einem Mischling" das beste herauszuholen.
Grundsätzlich finde ich es spannend, im Training das Bestmögliche aus einem
Hund herauszuholen. Mir ist es grundsätzlich wurscht, ob das ein Rassehund oder ein Mix ist.
Ich suche mir nicht den Hund für den Hundesport, sondern den passenden Hundesport zum Hund. So bin ich von der Schutzarbeit über Fährte und Obedience zu Agility und auch Zughundearbeit gekommen. Und wer weiss was ich noch alles für Hundesportarten entdecke.
Agility ist ein durchaus wichtiger Teil meines Lebens und es ist vor allem das Hobby, das mir gefällt. Mit keiner anderen (Hunde-)Sportart kann ich mich derart identifizieren. Also such ich mir einen 4-beinigen Partner, mit dem ich dieses Hobby bestmöglich betreiben kann.
Mir persönlich würde niemals in den Sinn kommen einen Hund vom Züchter zu nehmen... im Hundesport kann ich auch mit einem Mischling erfolgreich sein.
Stimmt, das kann man - und ich war mit Hexe wohl eines der besten Beispiele dafür.
Wenn Du Dir aber heutzutage internationale Wettbewerbe ansiehst, die für alle Hunde offen sind, wirst Du feststellen, daß die ersten Plätze überdurschnittlich oft von Rassehunden (Borders, Malis, Shelties usw.) belegt werden. Manchmal sind auch Rassehunde darunter, die keine FCI-Papiere haben, aber es sind Rassehunde. Dies ist mittlerweile auch schon bei der IMCA so.
Vereinzelt findet man auch heute noch Mixe, die es mit ihren Führern bis ganz an die Spitze schaffen. Nur - und hier hat Nicky recht - steigen die Führer solcher Spitzenmischlinge leider oft viel zu früh auf Rassehunde um, obwohl sie noch so Vieles mit ihrem Mischlingen erreichen könnten - und noch so viel mit ihnen und von ihnen zu lernen hätten.
LG, Andy