Als Soziologin MUSS ich das natürlich mit den gesellschaftlichen Veränderungen erklären
a) Soziale Verwahrlosung: Die Eltern müssen ("Arbeiterschicht") oder wollen ("Karrieremenschen") möglichst schnell nach der Geburt arbeiten gehen, das Kind kommt von einer Betreuungsstation zur nächsten. Es kann passieren dass Kinder viel auf sich alleine gestellt sind, dass Fernseher und Playstation am Abend herhalten, weil die Mami einfach zu müde oder zu beschäftigt ist zum Spielen. Es kann passieren dass Mami auch zu müde oder zu beschäftigt ist, wirklich auch Grenzen zu setzen und Konsequenzen zu ziehen.
b) Heutzutage gibt es doch kaum noch Tabus. Teenies müssen Machtspielchen mit Eltern, Lehrern, anderen Kindern spielen. Sie müssen sehen, wo die Grenzen liegen, wie die Gesellschaft funktioniert, was geht und was nicht. Nur, um an diese Grenzen zu stossen, ist heute schon einiges notwendig. Sex mit 15? Da ist man spät dran! Zigarette mit 12? Lächerlich! Früher hat man die Leute geärgert, indem man Scherzanrufe gemacht hat. Heute "muss" man sie wüst beschimpfen auf offener Straße.
Wie schon erwähnt, früher hat man sich zum Rauchen versteckt, wurde man erwischt gabs Schimpfer. Heute muss man sich schon im Klassenzimmer eine anrauchen, damit sich überhaupt wer drüber aufregt.
c) Die Lebensziele, die Werte, das alles wird von Hollywood und den Medien (falsch) dargestellt und vermittelt. Die Welt ist materiell geworden. Wer fliegt im Sommer am weitesten weg, wer hat den Flachbildfernseher mit dem größen Durchmesser, wer hat die teuerste Handtasche? Es geht nur um Macht, um Sex, um Geld. Wenn jetzt die Eltern zu müde oder zu beschäftigt sind, um dem Kind menschliche Werte und die wahren Lebensziele irgendwie näher zu bringen, dann wollen die sein wie der 50Cent, weil der hat immer geile Sachen an und ein hübsches Mädel in der Kralle.
Also: Die Ziele werden immer höher und höher gesteckt.
Gleichzeitig wird es aber immer schwieriger, diese Ziele irgendwie zu erreichen. Es fehlt an Arbeits- und Ausbildungsplätzen, Miete und Lebensmittel werden immer teurer, viele Jugendliche haben keine Perspektiven bzw. meinen, sie haben keine.
Und wenn ich keine Perspektiven im Leben habe, dann ersetze ich diese gesellschaftlichen Ziele halt durch andere- meine Ziele, die Ziele der Straße. Da kann ich mich dann wenigstens behaupten, da bin ich wer, weil ich im richtigen Leben nie wer sein werd. Da geht es drum wer am meisten trinken kann und wer am festesten zuschlägt.
Das sind meiner Meinung nach große Probleme.
Es fehlt die Geborgenheit, aber auch die Strenge einer Familie.
Es fehlen die erreichbaren Ziele im Leben.
Es fehlen die gesellschaftlichen Tabus, an die ein Teenie nun mal stossen muss.