Das Märchen von der Dominanz – altbewährte Tradierung im Umgang mit dem Hund

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

scura

Profi Knochen
Im Zusammenhang mit dem Zusammenleben mit Hunden hört man immer wieder die Begriffe: „Chef, Alpha, Dominanz, Rudelführer…“.
Auch wenn es viele Menschen dann auch nicht so ausführen, zumindest vom Gedanken her meinen sie, den Chef, das Alphatier darstellen zu müssen. Besonders auch in Fragen der Hundeerziehung werden aktuelle verhaltensbiologische Arbeiten an Wild- und Haushunden nicht als Wissenserweiterung genutzt, sondern viele HundehalterInnen verlassen sich auf das Alltagswissen, worin die Angst zugrunde liegt, der Hund könnte den/die BesitzerIn beherrschen.
Der Dreh- und Angelpunkt scheint die Dominanz zu sein – viele Hundeleute meinen damit, dass der Hund mit dem Menschen ein Rudel bildet, und der Hund möchte seinem Instinkt folgend die Alphaposition erreichen. Er versuche also der Dominante im Rudel zu sein. Deswegen müsste man Hunden ständig zeigen, dass sie in der Hierarchie unter einem stehen – also ihnen ihren Rang immer wieder zuweisen. Dies ist oft mit sehr seltsamen, fast schon skurrilen, Anweisungen gepaart wie: Der Hund dürfe nicht auf die Couch (nur das Alphatier darf auf erhöhten Flächen liegen), der/die HundehalterIn müsse immer als erster durch die Tür, man müsse immer zuerst essen….
Nun, ich halte die Dominanztheorie für äußerst fragwürdig, umso mehr die daraus resultierenden Ratschläge. Leider würde es meine Arbeit bei weitem sprengen, mich näher damit zu befassen, die Kritikpunkte darzulegen. Sehr empfehlenswert zu diesem Thema ist auf jeden Fall das Buch „Die Dominanztheorie bei Hunden – eine wissenschaftliche Betrachtung“ von James O´Heare.
Die Dominanz-Theorie selbst wurde entwickelt, um die Beziehung zwischen den Individuen strukturierter Tiergesellschaften zu beschreiben. 1802 beschrieb Pierre Huber eine Rangordnung erstmals bei Hummeln.[1] Dieses Modell wurde später von einem Norwegischen Zoologen Schjelderup-Ebbe bei Hühnern weiterentwickelt. Er beschrieb in seiner Dissertation die Hackordnung bei Hühnern.[2] 1949 wurde diese Hackordnung von Alfred E. Emerson auf alle sozialen Tiere übertragen.[3]

[1] vgl. O´Heare 2005: 22

[2] Wikipedia: [online 20.09.2010]

[3] vgl. Dr. Emerson: [online]
 
Der Verhaltensbiologe Rudolf Schenkel beobachtete eine wahllos zusammengesetzte, in ein Gehege gesperrte Gruppe Wölfe und verfasste 1947 eine Studie über das Verhalten der Wölfe, wo er eine durch Rangordnung strukturierte Gruppe beschrieb, ähnlich der Hackordnung bei Hühnern, welche durch ein Alpha- Männchen und Weibchen dominiert wurde. Dieses Buch wurde als wichtige Literaturquelle bezüglich des sozialen Verhaltens bei Wölfen benutzt. David Mech schrieb 1960 ein Buch „Der Wolf: Ökologie und Verhalten einer bedrohten Art“ wobei er des Öfteren Bezug auf Schenkels Studien nahm. Die meisten später erschienenen Bücher bezogen sich dann auf dieses Buch. So verbreitete sich die Fehlinformation immer weiter. 1999 korrigierte sich Mech, in einem Artikel "Alphastatus, Dominanz und Arbeitsteilung im Wolfsrudel" im "Canadian Journal of Zoology". Da er mehrere Sommer wilde Wolfsrudel beobachtet hatte, stellte er fest, dass diese Familiengruppen sind, sich anders verhalten als Wölfe in Gefangenschaft und die Dominanztheorie nicht zutreffend ist.[1]

[1] vgl. Mech: [online 2008] und Wer ist hier der „Alpha“?: [online 2.04.2010]
 
Irgendwann dürfte jedoch das vermeintliche Verhalten der Wölfe, also dieses angebliche Bestreben, die Alphaposition zu erreichen, auf das Verhalten der Hunde umgelegt worden sein. Dieses Wissen wurde in vielen Hundeschulen und in vielen Erziehungsratgebern angenommen und weiter verbreitet. Beinahe jedes Verhalten des Hundes wurde als dominant ausgelegt und alles wurde daran gesetzt, dass der Hund keinesfalls die Alphaposition, die er angeblich begehrt, erreichen kann. Auch in einigen Hundeerziehungsratgebern, sowie bei Hundetrainern geistern diese Theorien umher. Ohne darauf zu achten, dass erstens Hunde keine Wölfe sind, selbst bei Wölfen dieses Erklärungsmodell nicht mehr gebräuchlich ist und Menschen mit Hunden, da zwei verschiedene Spezies, schon gar kein Rudel bilden können.[1]
Das Märchen über das Dominanzstreben der Hunde dürfte sich im Laufe der Jahre zu einer Art Paradigma in der Hundehaltung entwickelt haben. Es wird in vielen Hundeerziehungsratgebern immer noch thematisiert, und läuft es in der Hund-Mensch-Beziehung nicht gut, wird die Lösung oft darin gesucht, dem Hund seinen „Rang“ zuzuweisen. Auch im Alltagswissen der Bevölkerung ist diese Theorie noch weit verbreitet und viele sind der Meinung, der Mensch habe der „Chef“ zu sein und dem Hund deutlich seinen ihm zustehenden unteren Rang zuzuweisen.

[1] vgl. Eaton
 
„Die pauschale Annahme, dass jeder Hund durch ein inneres Verlangen zur Kontrolle von Menschen oder Hunden getrieben wird, ist, offen gesagt, lächerlich. Dies unterschätzt in großem Maße die komplexen kommunikativen Fähigkeiten und Lernbereitschaft von Hunden. Diese Annahme führt ebenso zu aversiven Trainingstechniken, was tierschutzrelevant ist und aktuelle Verhaltensprobleme auslöst.[1]

In den meisten Mensch-Hund-Beziehungen ist dies aber nicht sehr relevant, weil Hunde sowieso Meister im Manipulieren sind und auch sehr schnell Menschen lesen und deuten können. Die meisten BesitzerInnen lernen auch meistens im Laufe der Jahre mit dem Hund zusammenzuleben und die vermeintliche Rangordnung wird zur Nebensache.

„Trainingstechniken, die als „Rangreduktion" bekannt sind, sind nicht hilfreich, so die Wissenschaftler, sie variieren von wirkungsloser Behandlung bis gefährlich und verschlimmern das Verhalten noch mehr. Dem Hundehalter zu erklären, dass es wichtig ist, vor dem Hund zu essen oder durch Türen zu gehen, haben keinen Einfluss auf die allgemeine Empfindung der Hunde-Halter-Beziehung. Besser ist es, dem Hund in den speziellen Situationen das richtige Verhalten beizubringen. Schlimmer noch, solche Techniken, wie den Hund auf den Rücken zu werfen und festzuhalten, an den Lefzen zu ziehen oder Gegenstände nach dem Hund zu werfen, machen den Hund ängstlich – oft gegenüber dem Besitzer – und führt unter Umständen zu einer Eskalation der Aggression.“ [2]


[1] Dr. Casey: [online 21.05.2009]

[2] vgl.ebd.
 
scura, auch ich sag danke, ich freu mich sehr, daß sich hier jemand findet, der neue theorie postet ! :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann sag ich mal DANKE, einigen Exemplaren der Generation vor mir

die schon damals von "Pseudowissen" sprachen

sich weigerten mit ihren Hunden in Verine auf Abrichteplätze zu gehen und sich den "schmarrn" anzuhören und auch noch zusehen zu müssen, wie er Hunden angewendet wird....und dafür angepöbelt und ausgelacht wurden.....

die es mir beigebracht haben, schon vor mehr als 20 Jahren gegen den Strom zu schwimmen....

soviel ich weiß, gab es nie einen gelernten Verhaltensbiologen,auf Hunde spezialisiert, der den Schwachsinn "essen sie vor dem Hund , gehen Sie vor dem Hund durch die Tür" verzapft hat.....:D

das waren andere......
 
Danke auch - leider funktionieren die links nicht?

Manche angeblichen Anti-Dominanz-Tricks funktionieren (leider, weil das so lange fälschlich als "Beweis" mißbraucht wurde...) schon, zumindest ein wenig - nur aus völlig anderen Gründen. So kann es recht praktisch sein und die Hunde ruhiger und aufnahmefähiger machen, wenn sie nicht gleich mal extrem aufgeregt zur Türe raus stürmen dürfen. Aber wie gesagt, nicht weil man damit ihre vermeintliche Dominanz untergräbt....
 
scura:Die meisten BesitzerInnen lernen auch meistens im Laufe der Jahre mit dem Hund zusammenzuleben und die vermeintliche Rangordnung wird zur Nebensache.

Finde ich gut ,sehe es auch so . Ich hab nie versucht der Rudelführer zu sein so wie es in vielen Bücher steht das man dies und das nicht machen darf .Ich habe nie das gemacht ,sondern einfach immer versucht eine gute bindung und vertrauen zu schaffen . Irgendwie merkt man eines tages vom bauchgefühl her ,hey das ist mein hund jetzt ,man spührt es und es passt dann ein langes zusammenleben mit couch schlafen oder mal im bett ,da denkt man nicht an rangordung ,sondern man fühlt sich einfach wohl wenn sich dein Wuffi neben dich kuschelt und dir mit seinen augen treuherzig ansieht ist das ein schönes gefühl . Grenzen usw. ist schon klar und erziehung ,aber villt mehr mit gefühl und man merkt das ob es deinen Wuff gefällt oder nicht .Aber jeder sieht das anderes ,manche erzählen nur von der Rangordung und das der hund ständig dies verändern möchte zu seinen gunsten ,ich persönlich habe das nie erlebt oder gespührt ,es hat einfach alles gut gepasst und Thats it !:cool:

LG kläffer :)
 
ich persönlich habe das nie erlebt oder gespührt ,es hat einfach alles gut gepasst und Thats it !:cool:

LG kläffer :)


Man/frau muss sich nur den richtigen Hund oder Partner oder Weihnachtsbaum (was immer sonst ) aussuchen, dann passt das meist auch. :)
Wenn du mit offenen Kerzen nicht umgehen kannst oder magst, dann nimm dir eine Led-Beleuchtung (ökologisch auch vernünftiger).

Wenn aber im Vorfeld nicht gut überlegt (oder "gefühlt") wird, dann gibt es später eben viele Konflikte und Dominanzprobleme, dann brennt sozusagen der Weihnachtsbaum.

Das Problem mit der Dominanz ist nämlich keineswegs ein Märchen, wie die Threaderöffnerin plakativ-vereinfachend meint, es gehört einfach zum Säugetierverhalten, ist ganz normal. Die Frage ist nur, wie man damit umgeht, ob mit roher Gewalt oder mit Verstand und Gefühl.
 
Rabe:Wenn aber im Vorfeld nicht gut überlegt (oder "gefühlt") wird, dann gibt es später eben viele Konflikte und Dominanzprobleme, dann brennt sozusagen der Weihnachtsbaum.

Liebe Frau Rabe :)

Ich hatte bis jetzt 2 Hunde und 1 Hund über jahre für viele wochen auf Pflege (roti 70kilo) und jetzt zwei Wuffis ,sind fast 5 Wuffis :) und ich hatte nie "später eben viele konflikte und Dominazprobleme " gehabt .
Liegt villt an meiner austrahlung und die Wuffis haben mich eben nur Lieb :D oder zum Fressen gerne xd wer weiss das schon genau :D Könnte aber sein das die Hunde sehen wie guti ch meine Frau abgerichtet habe ,und sie nehmen sich daran ein beispiel ,weiss net villt ist es so :D



LG Kläffer :rolleyes:
 
Danke auch - leider funktionieren die links nicht?

Manche angeblichen Anti-Dominanz-Tricks funktionieren (leider, weil das so lange fälschlich als "Beweis" mißbraucht wurde...) schon, zumindest ein wenig - nur aus völlig anderen Gründen. So kann es recht praktisch sein und die Hunde ruhiger und aufnahmefähiger machen, wenn sie nicht gleich mal extrem aufgeregt zur Türe raus stürmen dürfen. Aber wie gesagt, nicht weil man damit ihre vermeintliche Dominanz untergräbt....


:) Auf den Punkt gebracht.

Weil Hunde nunmal Individuen sind, unterschiedlich sind, weils schlicht Hunde gibt, die eher mal die Ohren auf Durchzug stellen als andere, Hunde die eher und öfter probieren, ob sie nicht doch ihren Willen, ihre "Gelüste" durchsetzen können...was absolut nichts mit Dominanz zu tun hat

Hund will schlicht nur in dem Moment machen was er will, allerdings keineswegs eine Dominanz über irgendwas erreichen...

all das wurde eiligst vermischt und herangezogen um eine Wissenschaftstheorie zu untermauern. Wobei man doch glatt übersehen hat, dass die sowieso nicht für Hunde gegolten hat

und die dies behauptet hatten, absolut keine Fachleute waren.....
 
Wenn aber im Vorfeld nicht gut überlegt (oder "gefühlt") wird, dann gibt es später eben viele Konflikte und Dominanzprobleme, dann brennt sozusagen der Weihnachtsbaum.

.

Die gibt es nicht:)

Es gibt Probleme mit schlechter Führung, es gibt Verständnisprobleme, es gibt Probleme -nur beim Menschen - den Hund ehrlich zu begreifen, zu erkennen.

es gibt womöglich alle möglichen Probleme

aber kein Dominanzproblem.

Irgendwie ist das das Unwort im Zusammenhang mit Hund
 
genau: caniden haben kein dominanzproblem mit primaten, so einfach ist das!

aber das angebliche hündische "dominanzverhalten" seinem menschen gegenüber entschuldigt und rechtfertigt vorgestrige erziehungsmethoden - nix andres steckt dahinter...
 
Ich lebe seit über 20 Jahren mit immer 3-4 Hunden. Meine eigenen Beobachtungen sind natürlich ziemlich umfangreich und vielleicht die Ursache für manche hier sehr unterschiedlich aufgenommene Postings.

Meine Hunde sind (fast) alle als Welpen zu bereits erwachsenen Hunden dazugekommen, manche davon eng bis sehr eng verwandt miteinander.

Untereinander haben sie sehr komplizierte dem jeweiligen Alter und der Intelligenz angepasste Beziehungsgeflechte, die man ganz vereinfacht betrachtet, durchaus als Rudelstruktur mit einer gewissen Hierarchie bezeichnen kann. Aber jeder Hund hat ganz selbstverständlich und ohne mein Eingreifen bestimmte Aufgaben, seinen Veranlagungen entsprechend übernommen, die aber je nach Ort, oder Anforderung auch variieren.

In all den Jahren konnte ich aber nie beobachten, dass diese Ordnung etwas mit mir oder anderen Menschen zu tun hätte. Netterweise wird mit mir trotzdem gekuschelt, auch wenn ich von Hundebelangen eigentlich ausgeschlossen bin. Da aber Hunde sehr soziale Wesen sind, darf ich mich wohl zum erweiterten Rudel zählen und Menschenaufgaben übernehmen :)
 
Danke scura, dafür, dass du nicht aufgibst in diesem Forum!

Leider ist diese Meinung noch immer weit verbreitet und nicht nur unter HH, sondern auch unter Trainern. Wie sonst kommt es zu Zurechtweisungstheorien oder dazu, dem Hund Knurren oä zu verbieten, weil er das "bei mir nicht zu tun hat"? Es werden immer noch Welpen auf den Rücken gedreht und festgehalten und es wird immer noch beim Spielen darauf geachtet, dass ja der Mensch gewinnt, damit der Hund nicht zu selbstbewusst wird. Für mich hängt das alles zusammen.
 
Das Problem mit der Dominanz ist nämlich keineswegs ein Märchen, wie die Threaderöffnerin plakativ-vereinfachend meint, es gehört einfach zum Säugetierverhalten, ist ganz normal. Die Frage ist nur, wie man damit umgeht, ob mit roher Gewalt oder mit Verstand und Gefühl.


Unter seinesgleichen, Ja. Hund sieht uns aber nicht als seinesgleichen.
Das ist schier unmöglich.
 
Ich lebe seit über 20 Jahren mit immer 3-4 Hunden. Meine eigenen Beobachtungen sind natürlich ziemlich umfangreich und vielleicht die Ursache für manche hier sehr unterschiedlich aufgenommene Postings.

Meine Hunde sind (fast) alle als Welpen zu bereits erwachsenen Hunden dazugekommen, manche davon eng bis sehr eng verwandt miteinander.

Untereinander haben sie sehr komplizierte dem jeweiligen Alter und der Intelligenz angepasste Beziehungsgeflechte, die man ganz vereinfacht betrachtet, durchaus als Rudelstruktur mit einer gewissen Hierarchie bezeichnen kann. Aber jeder Hund hat ganz selbstverständlich und ohne mein Eingreifen bestimmte Aufgaben, seinen Veranlagungen entsprechend übernommen, die aber je nach Ort, oder Anforderung auch variieren.

In all den Jahren konnte ich aber nie beobachten, dass diese Ordnung etwas mit mir oder anderen Menschen zu tun hätte. Netterweise wird mit mir trotzdem gekuschelt, auch wenn ich von Hundebelangen eigentlich ausgeschlossen bin. Da aber Hunde sehr soziale Wesen sind, darf ich mich wohl zum erweiterten Rudel zählen und Menschenaufgaben übernehmen :)

so ähnlich erlebe ich es auch, wobei unser Feldwebel sehr streng ist...was ich dann manchmal doch ein bissl regeln muss...den auf die Bank dürfen bei mir alle, oder keiner fertig...wenn es nach unserer Mausi ginge, dürften nur sie und wir Menschen (schließlich braucht sie wen, der ihr den Bauch krault :cool:) auf die Bank...und der Rest der Belegschaft nicht...

Es gibt auch bei Hunden Diktatoren
 
Ich mag v.a. Barry Eaton "Dominanz - Tatsache oder fixe Idee" ganz gerne. Allerdings frage ich mich, was der Auslöser für diesen Thread ist oder anders gesagt - bezieht sich dieser Thread auf den Wattebausch-String? Wenn ja, muss ich wohl oder übel davon ausgehen, dass diese Zeilen auch an mich gerichtet sind, da ich ja sehr wohl die Meinung vertrete, dass es nicht immer und bei jedem Hund nur mit positiver Motivation klappt. Wenn nein, wird es wohl dennoch keine komplette Themenverfehlung werden, da ja vieles miteinander zusammen hängt und in der Praxis selten separiert betrachtet werden kann.

Zunächst einmal halte ich absolut nichts vom Dominanzgespenst (wobei es sowohl Dominanz als auch dominieren durchaus - auch bei Hunden - gibt; wenn auch nicht in dem lange Zeit falsch verwendeten Kontext; ich empfehle hierzu einfach bei Wikipedia nachzuschlagen; wichtig auch: weder Dominanz noch dominieren automatisch mit Souveränität gleichzusetzen) - habe das auch in der Vergangenheit mehrfach zum Ausdruck gebracht. Das Ganze geht - wie ja schon richtig erläutert wurde, auf Beobachtungen an Hühnern und Gehegewölfen zurück und wurde dann - fälschlicher-, wie auch; da plötzlich für alles eine Erklärung habend; praktischerweise pauschal auf Caniden umgemünzt. Zudem wird es wohl des Einen oder Anderen Ego aufpolieren, wenn er sich gegen einen "dominanten" Hund zu beweisen und ihn zu dirigieren vermag. :cool:

Ich bin der festen Überzeugung, dass die wenigsten Hunde eine Führungsrolle anstreben, glaube aber ebenso fest daran, dass ein Hund - genauso wie jedes andere Lebewesen auf dieser Welt - sich zu den eigenen Gunsten so weit ausbreitet, wie es eben möglich ist. Nicht weil er böse oder machthungrig oder führungsgeil ist, sondern weil es jeder für sich selbst so angenehm und vorteilsbehaftet wie möglich möchte. Und weil Strategien die zum Erfolg führen logischerweise beibehalten werden. Um das zu erkennen braucht ein Lebewesen noch nicht einmal sonderlich hoch entwickelt oder intelligent zu sein. :rolleyes:

Zudem dürften wir uns ja großteils darin einig sein, dass Hunde (wie im Übrigen auch Kinder oder Mensch ganz allgemein) Regeln und Grenzen benötigen. Wer die Spielregeln nicht kennt, kann sich klarerweise auch nicht daran halten. Wenn mir mein Chef nicht verständlich macht, wie ich meine Arbeit erledigen soll, schlimmer noch, sie heute so, morgen genau umgekehrt und übermorgen ganz anders erledigt haben will, werde ich ihn nie zufrieden stellen; mich nie richtig verhalten können, weil ich es einfach nicht weiß bzw. die Regeln schwammig sind oder sich permanent ändern. Stellt mein Chef aber bspw. die Regel auf: "surfen nur in der Mittagspause" und ich komme irgendwann drauf, dass es diese Regel nur "zur Zierde" gibt, weil auf ihre Einhaltung sowieso kein Wert gelegt oder die Nicht-Einhaltung keinerlei Konsequenzen hat, werde ich mich nicht dran halten. Und zwar nicht weil ich mich bereits als neuer Boss im Lederchefsessel lehnen sehe, sondern weil mir im Internet surfen manchmal eben mehr Spaß macht, als zu arbeiten. Insofern hat für mich auch ein "Regeln austesten, Grenzen ausloten" nichts mit Dominanz oder gar Böswilligkeit zu tun, sondern lediglich mit dem Versuch zu erkennen, wo man selbst steht und ob man für sich selbst vielleicht noch ein bisschen mehr heraus holen kann. Ein - wie ich finde - völlig verständliches, mehr noch, sogar intelligentes Verhalten. :D

So weit so gut und nun kommen die verschiedensten Charaktere und Individuen ins Spiel. Da gibt es eben Hunde, die sich eher und bereitwilliger fügen und solche, denen bestimmte Dinge, Aktivitäten und/oder Verhaltensweisen wichtig sind und die sich dann weniger bereitwillig fügen; vehementer versuchen, ihren Willen durchzusetzen. Nicht um zu demonstrieren, wie "dominant" sie sind oder den Chef raushängen zu lassen, sondern einfach weil sie es in dem Moment wollen oder es in dem Moment für sie angenehmer ist. Ich respektiere einen Hund als fühlendes, denkendes Lebewesen mit eigenem Willen und individuellem Charakter. Ich bin immer dafür, so viel wie möglich positiv zu arbeiten. Aber weil ich einem Hund zugestehe, einen eigenen Willen zu haben und weiß, dass es manchen 4-Beinern eben wichtiger ist, diesen durchzusetzen als anderen muss ich auch eingestehen, dass es eben nicht immer nur mit Alternativverhalten anbieten und bestätigen funktioniert. Ich glaube sofort und gerne, dass es Hunde gibt, wo man damit ausschließlich auskommt. Wieso tun sich manche so schwer damit, zu begreifen, dass es eben auch Hunde gibt, wo das nicht funktioniert. Und bevor ich missverstanden werde, wiederhole ich gerne nocheinmal: ich will damit selbstverständlich kein Schlagen, Treten, TIG, Franzosenbandl, Stachler o.ä. rechtfertigen. :o

Das Wörtchen "Rudelführer" für die Beziehung Mensch-Hund mag ich übrigens auch nicht - ich bin kein Rudel und führe auch keines - jedenfalls nicht im biologischen Sinn. Nicht umsonst gibt es aber auch den Begriff "Hundeführer" und dieser umschreibt eigentlich schon den Idealzustand - Mensch = Führer = aktiv, agierend, leitend und Verantwortung tragend und Hund = Geführter = passiv, reagierend; zudem setzt ein sich führen lassen voraus, dass Vertrauen in den Führenden vorhanden ist. vertrauen wiederum hat neben sich sicher und geborgen fühlen auch mit Vorhersehbarkeit und sich auskennen zu tun, was wiederum eng an Regeln, Grenzen, Konsequenz aber auch Konsequenzen gekoppelt ist, wodurch der Bogen wieder zurück gespannt wäre. :cool:
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Oben