Ich hab auch so einen leinengefrusteten Rüpel. Gott sei Dank ist er nur mein Pflegehund. Es ist bei ihm so, daß er ohne Leine der friedlichste Hund ist und an der Leine angesichts eines Rüden wütet wie ein Berserker. Als es mir endlich reichte und alle Hundetrainermaßnahmen nichts nützten, hab ich begonnen, die Leute anzusprechen, ob sie mit mir spazieren gehen würden. Die meisten sagen natürlich nein angesichts des wütend kläffenden Monsters, aber es gab doch einige, die sich dazu bereit erklärten. Ich hab die Erfahrung gemacht, sobald man sich bewegt und zusammen spaziert, daß sich die Hunde innerhalb kürzester Zeit beruhigen. Während einer Stehzeit fangen sie dann oftmals wieder an zu streiten. Also immer schön in Bewegung bleiben. Jedenfalls macht der Kleine bei diesen Hunden keinen Aufstand mehr, er fährt vielleicht mal hin, falls ihm der andere zu nahe kommt, das wars aber auch schon. Nur einen Hund gab es, bei dem nützte alles nichts, aber man kann eben nicht mit jedem gut Freund sein. So haben wir jetzt schon viele Freunde gewonnen. Ich habe auch die Nachbarn gebeten, ob ich sie beim Spaziergang begleiten darf (da wütet der Wüterich am ärgsten), aber die sind eben der Meinung, daß der Kleine ein unerzogenes, gräßliches Untier ist, bei dem Hopfen und Malz verloren ist. Es passiert jetzt immer öfter, daß wir auf unbekannte Hunde treffen und mein Wüterich hält sich zurück. Man kann sich bei solchen Hunden nur über kleine Schritte freuen und nicht erwarten, daß es von heute auf morgen besser wird. Ich trainiere jetzt über ein Jahr, die schon bekannten Hunde werden weiter attackiert, bei unbekannten hält sich der Kleine aber schon merklich zurück. Daß dahinter keine Aggression oder gar dominantes Verhalten, sondern Unsicherheit steckt, ist klar. Ein Alpha-Hund hat es nicht nötig, so auszurasten.
Ich habe überdies alles ausprobiert, von Leckerlis über Schreien, Hinlegen, Raufnehmen, Griff ins Nackenfell, Wasserpistole und beruhigendes Zureden. Vom Schreien oder Schlägen bzw. Griff ins Nackenfell wurde die Aggression noch stärker. Hinlegen hat nichts genützt, Wasserpistole ebenfalls nicht. Gut hilft: Kopf wegdrehen (Sichtkontakt unterbrechen) und - bevor die Attacke beginnt - beruhigendes und begeistertes Zureden (Schau, was für ein supersüßes Hunderl, das ist gaaaaaaaanz liiiiiiiiiieeeb), auf keinen Fall im Mitleidston. Meine Strategie ist jetzt: begeistertes Zureden (mein Hund reagiert leider weder auf Leckerlis noch auf Spielsachen, das wäre nämlich das klassische Umkonditionieren auf Positivreiz: böser Hund kommt, juchuuuu, Leckerlie mmm super).Wir kommen auch schon wirklich nah ran. Falls es zu drohendem Knurren kommt, sofort raufnehmen und den Kopf wegdrehen und weiter begeistert davon sprechen, wie süß und lieb das Hunderl ist. Bei großen Hunden ist das Halti eine gute Möglichkeit, den Kopf wegzudrehen.
Ich hoffe, ich hab doch noch einige Möglichkeiten aufgezeigt, wie es besser wird. Mit den bekannten attackierten Hunden könnte ein gemeinsamer Spaziergang Besserung bringen, aber es scheitert leider an der Bereitschaft der Hundebesitzer. Und auch immer versuchen, die Leine locker zu lassen. Je mehr sie gespannt ist, umso heftiger die Attacke. Dh. Leinengängigkeit üben (bei gespannter Leine gehts nicht weiter!)
Lg