Meiner Meinung nach wird in den Dachverbänden immer noch viel zu wenig Wert auf Alltagstauglichkeit gelegt - es gibt Ausbildungen für Welpen und Junghundekursleiter/trainer und solche für UO/BgH und diverse Sportarten. Wie gut diese Ausbildungen sind, dazu möcht ich mich hier nicht äussern, aber immerhin wird versucht, den Jungtrainern und Kursleitern etwas zu vermitteln.
Fakt ist aber, dass die große Gruppe der Hundehalter die aufgrund kleinerer oder größerer Probleme im Alltag, wie z.B. Gehen an lockerer Leine (OHNE!!! Fuß oder anderem Signal welches den Hund in eine Übung zwingt, die mehr oder weniger Aufmerksamkeit erfordert), zuverlässiges Kommen ohne Vorsitzen, geradem Sprint o.ä., ruhiges Vorbeigehen an Artgenossen, Fahrradfahrern, Joggern immer noch vernachlässigt bis ignoriert wird. Es gibt hier (meinem Wissen nach) keine "Trainerausbildungen" dazu, in den wenigsten Hundevereinen gibt es Kurse zu diesen Themen oder wird in den angebotenen Kursen darauf eingegangen. Natürlich gibt es Dinge, die am besten und sinnvollsten im Einzeltraining erarbeitet werden, vieles liesse sich aber durchaus auch in Kursen in Kleingruppen erarbeiten.
Früher mag es anders gewesen sein - da hat man seinen 4-Beiner auch nicht überall mithin geschleppt, wenn sich Bello und Rex einmal in die Wolle bekommen haben und Bello ein Cut im Ohr davon getragen hat - ja mei - is ja nur a Hund. Oft hats die Leute nicht einmal sonderlich geschert, wenn der Wauz einmal streunern ging; es war nicht abnormal, dass der große Hofhund die Kinder eigenständig zum Schulbus begleitet hat - da hat sich keiner aufgeregt. Man ist halt 1-2x/Woche auf den Hundeplatz gegangen und hat UO trainiert und Sport mit dem Hund gemacht; da hat mit Sicherheit auch die soziale Komponente beim Menschen eine große Rolle gespielt. Man ist nun mal gerne mit Leuten zusammen, die ähnliche Interessen haben und mit denen man sich austauschen kann, verstanden fühlt usw. Heute ist der Hund mehr Begleiter, Freund, Familienmitglied und Freizeitpartner als je zuvor und - zumindest subjektiv habe ich das Gefühl, es gibt auch mehr Hunde denn je zuvor. Alltagstauglichkeit ist (oder sollte zumindest sein) heute wesentlich wichtiger, dazu kommt eine Gesellschaft, die den 4-Beinern am liebsten den Knopf ins Ohr takkern würde - zumindest sollte der Beutegreifer Hund Wesen und Verhalten eines Steiff-Kuscheltieres zeigen.
Ein erfahrener Hundeführer wird seinen Hund sicherlich mittels gutem Gehorsam problemlis durch den Alltag führen können - keine Frage. Der Durschnittshundehalter ist aber nur Hundebsitzer und noch lange nicht Hundeführer und schafft es nicht, seinen 4-Beiner mittels ein paar Gehorsamsübungen, bei denen auf dem Hundeplatz hauptsächlich auf die präzise Ausführung, denn auf soldide Ausführung auch unter wechselnder Ablenkung Wert gelegt wird, durch den Alltag zu führen. Es fehlt oft schon allein das grundlegende Verständnis, manche sind einfach furchtbar "patschert", können mit dem Tempo der anderen nicht mithalten usw.
Für mich ist es einfach unverständlich, weshalb die großen Verbände unter dem ÖKV diese Nische noch nicht abgedeckt haben. Man lässt die Jung- (oder Alt-) trainer quasi im Regen stehen. Wer sich nicht selbstständig weiterbildet, erliegt oft dem (offenbar vermitteltem) Glauben, Gehen an lockerer Leine könne einfach mit Hilfe "Fuß laufen" unter Kontrolle gebracht werden, ein zuverlässiges Kommen auch unter hoher Ablenlekung wie Wild oder Artgenossen liesse sich mit dem einstudierten Hier ausführen usw. und arbeitet danach. Wichtig wäre meiner Meinung nach, einmal zu vermitteln, dass hier u.U. anders gearbeitet werden muss. Gut wäre auch, wenn Trainern ein Grundwissen/Überblick über verschiedene Methoden gegeben wird, damit sie zumindest schon einmal von "Hausnummer" dem Clicker gehört haben und wissen, wofür er da ist u.ä.
Und - weils oben irgendwo erwähnt wurde - auch ein z.B. Schutzdiensthelfer, Agility-Trainer, Fährenleger usw. sollten über Grundwissen verfügen - einerseits den Hund betreffend (Lerntheorie, wie kommunizieren Hunde und ähnliche grundlegende Dinge), andererseits aber würde auch ein wenig Schulung im Umgang mit Menschen oft nicht schaden.