Ist sicher ein sehr interessantes Thema, wie Erziehung im Caniden-Rudel abläuft.
Die Frage für mich ist aber, inwiefern man das wirklich auf die Mensch-Hund-Beziehung übertragen kann. Hunde sind nicht blöd und halten uns mit Sicherheit nicht für Ihresgleichen. Und als Mensch KANN ich mich - so sehr ich mich auch anstrenge - nie und nimmer wie ein Hund verhalten und somit auch das Verhalten eines Rudelführers nicht authentisch nachahmen. Geht ja schon rein physisch nicht, da ICH über keinen Schwanz, keine drehbaren Ohren, keine Schnauze usw. verfüge, aber auch verhaltensmässig kann ich nicht wie ein Artgenosse agieren. Über Rudel- und Verhalten Artgenossen gegenüber Bescheid zu wissen, es zu beobachten, sich dafür zu interessieren ist mit Sicherheit eine Bereicherung und hilft, das Lebewesen Hund besser zu verstehen - als Vorlage für meinen Umgang mit dem Hund würde ich es aber nicht her nehmen.
Viel wichtiger finde ich, darauf einzugehen, wie Hunde generell kommunizieren (in vielen Dingen sehr unterschiedlich zum Menschen - z.B. viel mehr über Körpersprache, denn über Lautäusserungen, was ja in krassem Gegensatz zu uns 2-Beinern steht), wie sie lernen und in allererster Linie an sich selbst zu arbeiten. Wie oft labert man den Hund zu, weil man nicht daran denkt, dass er einen nicht verstehen kann und in der Fülle der für ihn unverständlichen Wörter wichtige Informationen untergehen? Wie oft passen Tonfall oder Körpersprache überhaupt nicht zu dem Signal, dass eigentlich ausgedrückt werden soll (ein freundlich gesäuseltes Nein, dass eigentlich wie Fein klingt, ein bedrohliches drüberbeugen als Lob, ein fast schon panisch klingendes Hier, absolut unsichere und gestresste Signale gepaart mit "Ist schon gut, alles ok" usw.). Wie oft steht man als Hundehalter in "brenzligen" Situationen viel zu unschlüssig und passiv herum, bis Hund quasi gezwungen ist, selbst zu agieren, statt sich führen zu lassen? Wie oft ist man inskonsequent, uneindeutig oder viel zu langsam in seinen Reaktionen auf Aktionen des Hundes, so dass er nicht mehr richtig verknüpfen kann?
Ich denke, je eindeutiger, selbstsicherer und tw. auch berechenbarer ein Hundeführer für seinen Hund ist, desto besser wird dieser sich richtig verhalten können, weil er einfach wesentlich besser versteht, was von ihm erwartet wird.
Bei meinen beiden könnte ich übrigens beim besten Willen nicht eindeutig sagen, wer die höhere soziale Stellung inne hat. Ich kann aber feststellen, dass es bei uns Tage gibt, wo sie super-folgsam sind und schnell und zuverlässig auf mich reagieren und dann gibt es Tage, da hab ich das Gefühl, es klappt gar nichts. Üblicherweise ist dies sehr stark an meine eigene Stimmung gekoppelt - bin ich gut gelaunt und relaxt, habe ich die Ruhe und die Muße, mich auf mich und meine Signale zu konzentrieren, sind Nanook und Chin beinahe Engelchen; bin ich aber gestresst und missmutig, sind sie ebenfalls schnell reizbar und es bedarf meist mehrerer Ermahnungen, bis sie geforderte Dinge ausführen. Sicherlich können auch Hunde mal schlechte Tage haben; ich bin mir aber sicher, dass in erster Linie ich und meine eigene Verfassung der Auslöser für das Verhalten meiner Hunde sind.
Das beantwortet jetzt zwar deine ursprüngliche Frage bezüglich Caniden-Verhalten untereinander nicht, ist aber meiner Meinung nach dennoch ein springender Punkt...