Zum doch sehr eindeutigen Ergebnis der Umfrage: Kann vielleicht einfach daran liegen, dass natürlich nur Interessierte voten - und da ist eben eine klare Mehrheit dafür. Lieber WTV, liebe Vier Pfoten - 99,9 Prozent der Bevölkerung geht sowieso das ganze Thema am A.... vorbei...
Das Demokratieverständnis fehlt in diesen Kreisen aber ohnehin komplett - während der liebe Herr Willer und seine Freunde in der Facebookgruppe Freiheit und Respekt alle Hundesportler in die nationalsozialistische Ecke stellen darf, seine in die Hose gegangenen Umfrage damit rechtfertigt, dass der Klick am Computer ja die gleiche Bewegung wie die Bedienung eines TIGs wäre und Fräulein Vivien einen hervorragenden Universitätslehrgang diskreditiert, wird man sofort für die Gruppe gesperrt, sobald man süffisant in Frage stellt, ob man seinem Hund zur Linderung der Silvesterknallerei aus Büchern des Dalai Lama vorlesen soll, wie das von ihr propagiert wird ;-)
Wie manipulativ die Krone hier vorgeht, zeigt aber auch, dass sie einfach eine Presseaussendung der selbsternannten Tierschützer übernimmt und diese als "Interview" darstellt.... Und was ich vom ominösen Gutachten der Frau Dr. Binder halte, habe ich ihr schon persönlich vor einigen Tagen mitgeteilt - Antwort ist leider keine gekommen....
Sehr geehrte Frau Dr. Binder,
als Teilnehmer des Lehrganges "Angewandte Kynologie" bin ich sehr an der kontroversiellen, vor allem aber wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Hundewesen interessiert. Meines Wissens werden wir auch Sie als Vortragende erleben und ich hoffe dabei auf wertvolle Inputs und spannende Diskussionen rund um das Thema Tierschutz. Nachdem ich Ihr Interview auf
www.krone.at gelesen und mir danach Ihr Gutachten aus 2006 zu Gemüte geführt habe, bin ich jedoch einigermaßen konsterniert.
Abgesehen davon, dass Sie weder Ihr Dr. iur. noch Ihr Dr. phil. dazu befähigt, kynologische Materien zu beurteilen (was Sie aber in Ihrem Gutachten fortlaufend tun), habe ich selten in einer wissenschaftlichen Arbeit eine derart selektive und tendenzielle Auswahl der Zitate erlebt. Zudem kommen noch zahlreiche unzulässige Rückschlüsse, die zum Teil schon an Unterstellungen grenzen. Ich darf einige Beispiele aufzählen:
1) Auf Seite 5, Abs. 1 schreiben Sie von im Schutzhundesport gängigen "Allmachts- und Beherrschungsfantasien" - diese Pauschalierung begründen Sie einzig und allein anhand der Aussage eines singulären Buchautors (Müller), auf den Sie sich auch in Folge noch mehrmals ziemlich selektiv beziehen. Anzumerken ist dabei, dass das zitierte Werk des Autors weder eine wissenschaftliche Arbeit, noch auch nur annähernd aktuell ist (Ausgabe von 1996).
2) Im Kapitel 4.4 (Methoden) schlussfolgern Sie aufgrund der Aussagen des selben Autors aus dem Jahre 1996 auf die Praxis von heute: "Es kann somit keineswegs ausgeschlossen werden, dass Hunden im Rahmen der Schutzhundeausbildung bzw. - prüfung tierschutzrelevante Beeinträchtigungen zugefügt werden." Sehr geehrte Frau Dr. Binder, ich kann natürlich auch nicht ausschließen, dass Sie Ihren Katzen zu Hause tierschutzrelevante Beeinträchtigungen zufügen - schließlich finden sich auch in veralteten Katzenbüchern äußerst fragwürdige Praktiken, wie man Katzen beispielsweise stubenrein bekommt. Ich gehe aber nicht davon aus, dass das von Ihnen praktiziert wird, nur weil ich das irgendwann einmal gelesen habe.
3) Im 5. Kapitel beziehen Sie sich im Zusammenhang mit der Datenlage auf Wikipedia, was ich jetzt nicht unbedingt als hochwissenschaftliche Quelle heranziehen würde. Aber nun gut, insgesamt müssen auch Sie in dieser Passage einräumen, dass keine Verhaltensauffälligkeiten bei sportlich geführten Schutzhunden beobachtet werden konnten, auch unter Nennung anderer Studien (Schneider, 2005).
4) Dass Ihre Recherche nicht ganz auf der Höhe der Zeit war, zeigt die Bemühung des längst nicht mehr aktuellen Autors Ochsenbein. Ochsenbeins Bücher lassen sich zwar sicher noch in den Regalen einiger Hundesportveteranen finden, seine Methoden sind im Hundesport aber schon seit Jahrzehnten Geschichte.
5) Sie vermischen auch ständig die sportliche Schutzhundeausbildung mit der Ausbildung von Schutzhunden für den privaten Wachdienst. So auch auf S. 33, Absatz 4, wo Sie von einem ambivalenten Bild sprechen, wo einerseits behauptet würde, es handle sich nur um sportliche Betätigung und andererseits echte Schutzhunde zum zivilen Bevölkerungsschutz dienen würden. Die Ambivalenz kann ich leider nicht erkennen - handelt es sich doch um völlig verschiedene Materien, die miteinander nicht einmal bedingt vergleichbar sind. Ihr bemerkenswerter Zugang lässt sich schon aus der Tatsache erkennen, dass Sie sich im Titel Ihres Gutachtens auf die Prüfungsordnungen des ÖKV beziehen, im Gutachten dann aber immer wieder auf die Ausbildung von Schutzhunden für Sicherheitsunternehmen bzw. Wachhunden Bezug nehmen.
6) Sie können auch wieder einmal "nicht ausschließen", dass mit Hilfsmitteln wie dem Stock, der Peitsche oder der Wurfkette Tiere in Angst versetzt werden können und damit gegen das Tierschutzgesetz verstoßen wird. Frau Dr. Binder, auch ich kann vieles nicht ausschließen. Aber was ich zu 100 Prozent ausschließen kann, ist, dass diese Ihrerseits nicht mit Fakten unterlegte Aussage geeignet ist, in einem wissenschaftlichen Gutachten getätigt zu werden.
7) Eine echte Unterstellung sind Ihre Aussagen zur Haltung auf Seite 24, wo Sie mutmaßen, dass Schutzhunde aufgrund ihrer angeblich gesteigerten Aggressivität nicht mehr artgerecht und damit tierschutzrelevant gehalten werden können. Ich darf Sie herzlich zu mir oder zu allen meiner Trainingskollegen einladen, wo die Hunde alle im Familienverband und meist im Rudel gehalten werden.
8) Noch schlimmer wird es in den folgenden Absätzen, wo Sie auf Basis der Aussage Ihres "Lieblingsautors" Müller, dass ängstliche, feige, nervöse, scheue oder schreckhafte Hunde "nicht in unsere Welt" passen würden, ableiten, dass Schutzhundesportler nicht geeignete Hunde töten oder die Tötung zumindest befürworten würden. Frau Dr. Binder, durch diese Aussage fühle ich mich persönlich angegriffen und beleidigt! Ein Hund wie oben passt auch nicht in meine Welt - genauso wie meine Hunde wahrscheinlich nicht in Ihre passen. Davon aber abzuleiten, dass ich diesen Tieren die Existenzberechtigung absprechen würde oder sie gar euthanisieren würde, wäre gelinde gesagt eine Frechheit! Über die weitere Aussage Müllers bzgl. des Ausmerzens von Welpen sind wir ausnahmsweise einer Meinung - das ist weder rechtlich noch moralisch auch nur ansatzweise vertretbar und jedenfalls zu verurteilen. Aus der Meinung eines einzelnen Autors in einem vor 15 Jahren in Deutschland erschienen Buch Rückschlüsse auf den österreichischen Schutzhundesport zu ziehen ist aber wissenschaftlich nicht zulässig. Zudem darf ich Sie auch darauf hinweisen, dass mit Prof. Eberhard Trumler einer der bedeutendsten Kynologen überhaupt die selbe Meinung bis zu seinem Ableben auch noch vertreten hat. Trumler wird wie viele andere Wissenschafter (Müller ist übrigens keiner) auch heute noch hoch geschätzt (auch an Ihrer Universität), auch wenn sich viele seiner Absichten und Forschungsergebnisse mittlerweile überholt haben.
9) Auf Seite 25 führen Sie vollkommen ohne Zusammenhang Statistiken über die Tötung von hyperaggressiven Hunden aus, ohne jedoch auch nur in einem Satz Schutzhunde zu erwähnen. Lassen Sie mich raten, warum - es waren keine darunter?
10) In Ihrer Zusammenfassung führen Sie auf Seite 33 aus, dass Grund zur Annahme bestünde, "dass die Aggressivität und damit die Gefährlichkeit von Hunden durch die Schutzhundeausbildung.... jedenfalls vorübergehend ... erhöht wird." Diesen Schluss ziehen Sie als Juristin und Philosophin, ohne jegliche kynologiosche Ausbildung und ohne sich dabei auf eine entsprechend wissenschaftliche Aussage zu beziehen.
11) Auf Seite 34 unterstellen Sie dem Schutzhundesport eine "Affinität zum Starkzwang" - ohne das auch nur irgendwie zu begründen. Noch dazu stellen Sie in den Raum, dass im Falle "dass andere als die in der Prüfungsordnung vorgesehenen Softstöcke", also Stöcke aus anderem Material dem Hund Schmerzen zufügen könnten, die aus tierschutzrechtlicher Sicht relevant sein könnten. Es tut mir leid, aber unwissenschaftlicher geht es wohl wirklich nicht mehr - und auch nicht tendenziöser. In der Prüfungsordnung sind Softstöcke vorgesehen und diese werden auch verwendet. Davon ist in der Beurteilung auszugehen und von nichts anderem. Sie können ja auch nicht das sportliche Luftdruckgewehrschießen unter dem Hinweis in Frage stellen, dass es bei der Verwendung von Maschinengewehren mit scharfer Munition anstatt der im Reglement vorgesehenen Luftdruckgewehre möglicherweise gefährlich werden könnte....
12) Zudem meinen Sie, dass im Gegensatz zu anderen Sportarten im Schutzhundesport den Hunden beigebracht würde, auf Kommando anzugreifen und zu beißen. Alleine diese Behauptung zeigt, wie wenig qualifiziert Sie in der Materie sind. Ich stelle mich gerne als Testobjekt zur Verfügung: Ein rein sportlich geführter Schutzhund wird vom Hundeführer auf mich geschickt - ich trage keinen Ärmel und keinen Schutzanzug... Schutzhundesportler wissen, was dann passiert - Sie auch? Top, die Wette gilt. Jederzeit und überall!
13) Bis zu einem gewissen Grad beipflichten kann ich Ihnen bei Ihrer Empfehlung, den Zugang zum Schutzhundesport durch behördliche Bewilligung zu reglementieren. Meine einzige Sorge dabei wäre, dass "Experten" wie Sie dann darüber entscheiden, wer diesen wunderbaren Sport für Hund und Mensch ausüben darf und wer nicht!
Und ja, Sie haben Recht: Schutzhundesport ist nicht unverzichtbar. Aber auch die Haltung von Tieren insgesamt ist nicht unverzichtbar, wie vieles andere im Leben auch. Aber der Schutzhundesport bereitet vielen Hunden und Menschen Freude und hat damit seine Berechtigung.
Verzeihen Sie die offenen Worte, aber ich konnte diese Aussagen nicht einfach so im Raum stehen lassen. Ich freue mich dennoch auf ein spannendes und interessantes Modul im Lehrgang.
Mit höflichen Grüßen,
Peter Puller