Ich durfte vor ca. 1 Jahr an einem Baumann-Raufer 2-Tages Seminar als passive Teilnehmerin (ohne Hund) dabeisein. Ich berichte mal, wie das so abgelaufen ist...
Der erste Tag bestand rein aus Theorie und einer genauen Einschätzung der Hunde am Vormittag und anfäglichen Führtraining für die Hundehalter am Nachmittag. Die Einschätzung sah so aus, dass die Hunde zum einen im Verhalten gegenüber den anderen Hunden an der Leine auf eine gewisse Distanz und im direkten Kontakt mit einer lebensgroßen Hundepuppe gefilmt wurden. Die Videos wurden im Anschluss in der Gruppe durchbesprochen.
Der Vormittag des 2ten Tages bestand ebenfalls aus Führtraining und am Nachmittag ging es dann ans "Raufen". Der Verlauf sieht aber bei Weitem nicht so aus, dass einfach mal alle Hunde auf einen Haufen geworfen werden und man mal schaut was so passiert. Die Grundregel besteht darin, dass Raufereien erlaubt sind, aber immer nur 2 Hunde darin verwickelt sein dürfen. In unserem Falle eines einmaligen Seminars (also keiner fortlaufenden Gruppe) wurde auch schon im Vorhinein besprochen wer mit wem Kontakt bekommt und wer auf keinen Fall zusammen darf. Die Auswahl geschah also ganz gezielt, sodass zB der prollige Jungrüde auch mal "wo anrennen" konnte und in weiterer Folge dann Kontakt zu einem andern Hund bekam, wo vorhersehbar war, dass eine positive Interaktion folgen würde - es sollten möglichst alle mit einer netten Abschluss-Erfahrung nach Hause gehen, was bei den meisten auch gelungen ist.
Auch wurde kein Hund in so eine Situation gezwungen. Die Hunde hatten immer die Möglichkeit selbstständig dem Konflikt zu entgehen (indem sie sich zB dem Besitzer zuwandten und dem anderen Hund den Rücken kehrten) und wurden dafür so nebenbei aktiv bestätigt!
Ich persönlich habe aus diesem Wochenende sehr viel mitgenommen. Als erstes, dass ich noch sooo unendlich viel nicht sehe, wie ich es damals nicht geglaubt hätte

. Es war schon beeindruckend einen in diesem Fall echten Profi zuzusehen, wie er Hunde einschätzt und warum. Ich fand es sehr sehr toll, dass ALLES mitgefilmt wurde und immer zwischendurch Videoanalysen gemacht wurden, sodass jeder immer wusste warum etwas geschehen ist. Ebenso beeindruckt hat mich Baumanns ruhige und kompetente Art, sowie die Tatsache, dass er Fehler einfach zugeben konnte und auch mal so nebenbei einwerfen konnte "vor 10 Jahren hätt ich das auch noch anders gemacht, aber man lernt eben dazu".
Es gibt sicher auch Dinge, die nicht so 100%ig mein Ding sind, aber ich hab irgendwie noch keinen Trainer getroffen der 100% meins ist, somit wär das nix Neues

.
Weiters ist natürlich klar, dass von einer einmaligen Interaktion kein Hund "geheilt" wird, aber wenn ich das Konzept richtig verstanden habe, sollte das Ganze ja dann weitergehen mit einer Eingliederung in eine "Rüpelgruppe" (die quasi so ein Zwischending zwischen "Raufer" und "normaler" Hundegruppe darstellt) und dann geht's weiter in die normale Spielgruppe.
Was ich außerdem noch mitgenommen habe ist, dass so eine Raufergruppe Profi-Sache ist. Man muss die Hunde schon sehr gut einschätzen können, um richtig damit umzugehen. Einfach mal so kurz zwei raufende Hunde zusammenwerfen und schauen was passiert is nicht und kann auch verdammt in die Hose gehen.
Vielleicht tut man sich jetzt leichter die Idee dahinter zu verstehen. Und eins sollte klar sein - anschauen, bevor nix wissen und urteilen
PS: so nebenbei - man kann souveräne und ausgeglichene Hunde auch verbraten, wenn man sie (zB als Trainer) ständig als Dummy für Raufer gebraucht, nur um die zu "sozialisieren". Insofern würde ich auch hier Vorsicht walten lassen
