Das Märchen von der Dominanz – altbewährte Tradierung im Umgang mit dem Hund

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Milano: Ja, genau so meine ich das.

Und Husky:

Ich selbst habe vier Hunde daheim. Zu tun habe ich mit Rudeln bzw. Gruppen bis zu zehn Hunden und das regelmäßig. Aber das tut auch nichts zur Sache.

Deine Definition ist die psychologische Definition. Und auch die ist falsch ausgelegt. Gehen wir mal zur aktuellen Verhaltensbiologischen Defintion, die für unsere Zwecke noch relevanter ist.

Grundsätzlich heißt dominare übrigens nicht beherrschen, sondern "überlegen sein" - da ist der Lateiner im Vorteil :-)

Verhaltensbiologisch unterscheidet man zwischen formaler und situativer Dominanz.Zwischen diesen Begriffen muss klar differenziert werden.


Dazu folgendes:

Dominanz wird grundsätzlich immer in einer Zweierkonstellation getestet und erarbeitet.

Für alle Mitglieder einer Gruppengemeinschaft sind in erster Linie die einzelnen Dominanzbeziehungen wichtig.

Bei der situativen Dominanz geht es primär um den Wettbewerb um Ressourcen - immer im Rahmen einer situativen Kostewn-Nutzen-Abwägung. In jeder Dominanzbeziehung findet eine individuelle Schadensvermeidung und Bedürfnisangleichung statt.
Unterwürfigkeit, respektive Beschwichtigung ist eine freiwillige Leistung des Unterlegenen und resultiert vor allem aus der Körpersprache des Ranghohen. Körperliche Gewalt kommt dabei so gut wie gar nicht vor - außer es ist situativ notwendig. So werden Abbruchsignale unter Tieren sehr wohl im Bedarfsfall auch mit körperlichem Nachdruck durchgesetzt.


Bei der formalen Dominanz, die stets von oben nach unten gerichtet ist kann der Ranghöhere auf seine "Rechte" in bestimmten Situationen verzichten. Auch dominante Tiere respektieren den Besitz anderer Tiere - allerdings situativ. das heißt, wenn es zu ihrer eigenen Ressourcenabdeckung nicht notwendig ist, sich dieses Besitzes zu bemächtigen. Das ist wichtig zur Aufrechterhaltung der Gruppenstruktur.

Dominanz gegenüber Dritten kann übrigens auch eine Leistung des eigentlich rangniedrigeren FÜR das ranghöhere Gruppenmitglied sein - zum Beispiel, wenn es um die Verteidigung geht (dein Beispiel: nicht der Rudelführer geht in die Konfrontation mit anderen Hunden).

Verhaltensbiologisch heißt Dominanz nichts anders als dass ein Individuum vom anderen stets aufgrund seiner Stellung im sozialen Gefüge Privilegien einfordern kann (nicht muss), ohne dabei Gewalt anzuwenden. Oder auch: Ein Individuum schränkt die Rechte des anderen ein, nimmt sich aber selbst diese Rechte heraus und vom anderen wird das akzeptiert.
 
Und da ist die wichtige Frage: warum verhalten sich die anderen Individuen submissiv gegenüber einem bestimmten Individuum ?

Sie wählen das aus, das ihnen als am geeignetsten erscheint, würde ich sagen. Das es am meisten "verdient" hat.

Obwohl es durchaus sein kann, dass die Rolle gar nicht gerne angenommen wird. Meine Alison stand nach Catos Tod plötzlich alleine mit ihren zwei Töchtern da, das war ihr gar nicht recht, sie wusste nicht recht, wie tun. Früher hatte beim Spaziergang immer Cato die fremden Hunde "abgefangen", und sie hatte sich um gar nix gekümmert bzw. nur um mich und das Balli....

Gerade in der Zeit aber war Aideen extrem unterwürfig ihr gegenüber, so als wolle sie sie unbedingt in diese Rolle hineindrängen.
 
@Harley: das kann ich nachvollziehen. Aber warum haben Dir dann meine Königinnen-Beispiele nicht gefallen? Die beschreiben sowas doch ziemlich genau - und nochmals: mit Menschen hat das nichts zu tun und ich würds auch nicht so starr ausdrücken, denn Hunde verfügen durchaus über Großmut und Humor :)
 
Nach meinen eigenen Beobachtungen triffts das "überlegen sein" ziemlich genau! Und zwar in Punkto Alter (= Erfahrung?) und ganz besonders in Punkto Intelligenz. Meine "überlegenen" Hunde waren nie die größten oder stärksten, aber dafür mit Abstand die Klügsten.

Boah, ich bewundere Hunde immer mehr, je länger ich über sie nachdenk :)
 
@Harley: das kann ich nachvollziehen. Aber warum haben Dir dann meine Königinnen-Beispiele nicht gefallen? Die beschreiben sowas doch ziemlich genau - und nochmals: mit Menschen hat das nichts zu tun und ich würds auch nicht so starr ausdrücken, denn Hunde verfügen durchaus über Großmut und Humor :)

Inhaltlich haben sie mir eh nicht so schlecht gefallen :-) Und mit menschen hat es sehr wohl etwas zu tun, da Hunde dieses verhalten durchaus auch Menschen gegenüber zeigen!
 
Nach meinen eigenen Beobachtungen triffts das "überlegen sein" ziemlich genau! Und zwar in Punkto Alter (= Erfahrung?) und ganz besonders in Punkto Intelligenz. Meine "überlegenen" Hunde waren nie die größten oder stärksten, aber dafür mit Abstand die Klügsten.

Boah, ich bewundere Hunde immer mehr, je länger ich über sie nachdenk :)

Alter (Erfahrung) und Intelligenz sind zwar nicht die einzigen Faktoren, aber jedenfalls sehr bedeutsame!
 
Was verstehst Du unter dominantem Verhalten bzw. echter Dominanz? Glaubst Du im Ernst, dass es eine individuelle Eigenschaft namens "Dominanz" gibt?:confused:

Dann müsste ich A.M. und anderen nämlich vollinhaltlich Recht geben.

lg
Gerda

Gerda - ich glaube daran dass man zwischen zwei Dingen sauber unterscheiden muss:

1) Dominanz (als Eigenschaft)

2) dominanten Verhalten

Dominanz als Eigenschaft .... besteht für mich aus einer Summe mehrerer CHARAKTEReigenschaften / WESENSeigenschaften - eine Eigenschaft ist immer etwas das dem Individuum EIGEN ist - daher kommt ja der Begriff ...

Cato hat es schön beschrieben mit dem Individuum das auf den ersten Blick nicht viel dazu tun muss dass die anderen mit Submission reagieren - dieses Individuum wäre in meinem Verständnis ein vom Wesen her dominantes Individuum. Dieses muss sich nicht unbedingt dominant VERHALTEN weil seine Eigenschaft auch ohne Handlung wahrgenommen wird.

In dem Sinn ist Dominanz KEINE INDIVIDUELLE EIGENSCHAFT sondern eine EIGENSCHAFT die sich aus einer Summe von Eigenschaften zusammensetzt/ergibt.

Nur nachdem in diesem Thread gerne Dominanzverhalten beschrieben wird und gleichzeig erklärt wird dass es Dominanz nicht gibt - hab ich versucht in nur 2 Kategorien zu teilen - Sein (Eigenschaft) und Verhalten - ich denke das würde fürs Verstehen ausreichen.

Meine Erfahrung hat mich auch gelehrt dass es durchaus dominantes Verhalten von Hunden gegenüber Menschen gibt - dass dieses oft (aber nicht immer) von Unsicherheit bestimmt. Es gibt aber auch dominante Hunde (abgeleitet aus der Summer ihrer Wesenseigenschaften) und dann sollte der Besitzer besser wissen dass er einen solchen führt.

Diese Sichtweise teilen viele Verhaltensbiologen, Trainer, Züchter und HH - aber vielleicht sind das alles "Nichtwissende" aus Deiner Sicht - dann bitte ich darum in diese Nichtwissenden eingeordnet zu werden
 
Inhaltlich haben sie mir eh nicht so schlecht gefallen :-) Und mit menschen hat es sehr wohl etwas zu tun, da Hunde dieses verhalten durchaus auch Menschen gegenüber zeigen!

Und da bin ich wieder bei Camellia: gezeigtes Verhalten muss schon auch als solches richtig verstanden werden, sonst bringts dem, ders zeigt ja nix. Und ich hab in 23 Jahren mit (eigenen) Hunden noch kein Verhalten gesehen, das MICH in submissive Haltung gebracht hätte. Also, entweder hab ichs nicht mitbekommen falls sowas gefordert wurde (was ich nicht ganz glaub, denn ich hab nicht viele Stärken, aber einzuschätzen, wie mein Gegenüber drauf ist, kann ich ziemlich gut) oder es wurde nie gezeigt. Alles, was ich von und über Hunde gelernt habe, widerspricht dem auch. Hundebeziehungen untereinander haben bei uns nur in sehr geringem Maße mit Menschen zu tun. Wenn ich eingebunden bin, gehts nie um überlegen oder unterwürfig sein.
Andererseits bin ich bei Waldspaziergängen voller Bewunderung über die Sinnesleistungen meiner Hunde. Vielleicht reicht ihnen das?
 
@Harley Ja. jetzt hast du das auf den Punkt gebracht.

Sie zeigen dieses Verhalten Menschen gegenüber. Betonung auf zeigen. Aber sie können Menschen nicht dominieren, denn dazu muss der Mensch diese Gesten verstehen und sich auch durch diese Gesten dominieren lassen. Diese Gesten und dieses Verhalten können aber nur HH deuten. Einfach weil wir wissen, dass das Dominzgesten sind. Es ist aber einer Spezies nicht möglich eine andere zu dominieren wenn sie damit nichts anfangen kann. Man darf nicht eine Reaktion aufgrund von Furcht die der Mensch vor einem Hund empfindet mit dominiert werden verwechseln.
 
Catos Postings treffen übrigens zwei weitere wichtige aspekte in der dominanz zwischen mensch und hund bzw. umgekehrt ziemlich auf den punkt.

1) das aktive Anbieten unterwürfigen Verhaltens. Das ist es, was auch manche Hundehalter unbewusst gegenüber ihren hunden tun - dadurch wächst der Hund natürlich in seiner Rolle (und das hat jetzt bitte nix damit zu tun, wie nett man seinen hund behandelt)

2) das in eine rolle hinein zwingen: so manch schwacher hundehalter zwingt seinen hund auch in eine dominante rolle.

Nur zwei Beispiele, warum nur in den seltensten Fällen die Dominanz die Ursache für Probleme ist. Die Dominanz ist meist ein Problem, das aus anderen Ursachen resultiert. Oder auch gar kein Problem.
 
@Harley Ja. jetzt hast du das auf den Punkt gebracht.

Sie zeigen dieses Verhalten Menschen gegenüber. Betonung auf zeigen. Aber sie können Menschen nicht dominieren, denn dazu muss der Mensch diese Gesten verstehen und sich auch durch diese Gesten dominieren lassen. Diese Gesten und dieses Verhalten können aber nur HH deuten. Einfach weil wir wissen, dass das Dominzgesten sind. Es ist aber einer Spezies nicht möglich eine andere zu dominieren wenn sie damit nichts anfangen kann. Man darf nicht eine Reaktion aufgrund von Furcht die der Mensch vor einem Hund empfindet mit dominiert werden verwechseln.

da gebe ich dir absolut recht!
 
@Harley Ja. jetzt hast du das auf den Punkt gebracht.

Sie zeigen dieses Verhalten Menschen gegenüber. Betonung auf zeigen. Aber sie können Menschen nicht dominieren, denn dazu muss der Mensch diese Gesten verstehen und sich auch durch diese Gesten dominieren lassen.

das tun Menschen instinktiv auch ohne zu verstehen warum. Der HH tut gut daran wenn sein Hund aus Unsicherheit zB dominantes Verhalten zeigt dem betroffenen Menschen oder den Hund aus der Situation zu entfernen - sonst ist ein Biss nicht unwahrscheinlich.

Gilt auch für Rudelverhalten - die Rudel-Interaktion kann kann zB zu einem Biss führen wenn der HH solche Mechanismen wie von Harley beschrieben nicht erkennt...

Diese Gesten und dieses Verhalten können aber nur HH deuten. Einfach weil wir wissen, dass das Dominzgesten sind. Es ist aber einer Spezies nicht möglich eine andere zu dominieren wenn sie damit nichts anfangen kann. Man darf nicht eine Reaktion aufgrund von Furcht die der Mensch vor einem Hund empfindet mit dominiert werden verwechseln.

Es reicht ja wenn der HH es deuten kann und daher die Situation entschärft bevor etwas passiert. Nur wenn der HH Dominanz oder dominantes Verhalten von Grund auf negiert ist die Möglichkeit groß dass er dieses Verhalten missinterpretiert - das kann einen Biss verursachen - der bei Kenntnis um die Problematik zu vermeiden gewesen wäre ...
 
danke milano für die antwort. das wollte ich snuffi auch grad schreiben:)

Ein Zustand von Eigenständigkeit und Selbstbestimmtheit, im Gegensatz zur Fremdbestimmtheit. - Das ist Souveränität beim Menschen.

Ich kann nix dafür wenn Milano Begriffe falsch besetzt.

Daher halte ich es für problematisch den Begriff "Souveränität" für das was im Zitat von Milano steht einzusetzen. Ich kann natürlich auch sagen der Himmel ist grün und dann versuchen blau in grün umzudefinieren - aber es ist nicht hilfreich in Diskussionen ...
 
1) Dominanz (als Eigenschaft)

2) dominanten Verhalten

Harley hat es ohnehin schon sehr schön beschrieben: Dominanz kennzeichnet immer eine Zweierbeziehung - benötigt ergo immer ein Individuum, das dominiert und eines, dass sich dominieren lässt. Dominanz kann daher niemals eine dauerhafte Eigenschaft wie z.B. rothaarig oder blauäugig sein. Um dominant zu sein bzw. dominantes Verhalten zu zeigen bedarf es immer eines Individuums, das sich dominieren lässt. Lasse ich meinen Hund z.B. selbst wählen, wohin er gehen möchte, ist er in diesem Moment und dieser Situation selbstverständlich der dominante Part. Na und?:)

Welche Motivation diesen Führungsansprüchen zugrunde liegt und welche sonstigen Eigenschaften dafür erforderlich sind ändert ja nichts an der grundlegenden Definition, wird hier aber z.B. von Husky damit gleichgesetzt. Und das ist nicht korrekt.

lg
Gerda
 
Harley hat es ohnehin schon sehr schön beschrieben: Dominanz kennzeichnet immer eine Zweierbeziehung - benötigt ergo immer ein Individuum, das dominiert und eines, dass sich dominieren lässt. Dominanz kann daher niemals eine dauerhafte Eigenschaft wie z.B. rothaarig oder blauäugig sein. Um dominant zu sein bzw. dominantes Verhalten zu zeigen bedarf es immer eines Individuums, das sich dominieren lässt. Lasse ich meinen Hund z.B. selbst wählen, wohin er gehen möchte, ist er in diesem Moment und dieser Situation selbstverständlich der dominante Part. Na und?:)

Dominantes Verhalten 100% Zustimmung

Dominant als Eigenschaft - nein benötigt keinen "Partner" - Du bis wie Du bist egal ob noch wer im Raum ist oder nicht. Was aber richtig ist - siehe Cato und Harley - Dominanz als Eigenschaft wird durch Interaktion verstärkt aber die Eigenschaft (sagen wir Anlage dafür) muss vorhanden sein - sonst funktioniert es nicht.

Welche Motivation diesen Führungsansprüchen zugrunde liegt und welche sonstigen Eigenschaften dafür erforderlich sind ändert ja nichts an der grundlegenden Definition, wird hier aber z.B. von Husky damit gleichgesetzt. Und das ist nicht korrekt.

das versteh ich jetzt sinngemäß nicht ... was meinst Du da genau?

lg
Gerda[/QUOTE]
 
Präsent bin ich durch Autorität, Ausstrahlung, Persönlichkeit


uff, hab schon wieder die hälfte vergessen. diesen teil der antwort hatte ich gemeint.
ich bin durchaus ein autoritärer mensch mit einer für viele sehr starken ausstrahlung.
ich neige aber überhaupt nicht du dominanz (herrschsucht).
somit funktioniert präsenz ohne dominanz.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dominant als Eigenschaft - nein benötigt keinen "Partner" - Du bis wie Du bist egal ob noch wer im Raum ist oder nicht. Was aber richtig ist - siehe Cato und Harley - Dominanz als Eigenschaft wird durch Interaktion verstärkt aber die Eigenschaft (sagen wir Anlage dafür) muss vorhanden sein - sonst funktioniert es nicht.

Ein Beispiel: wenn ein Manager in seiner Arbeit seine Angestellten schikaniert ist er eindeutig dominant. Wenn er nach Dienstschluss zur Domina geht und anschliessend von seiner Frau mit dem Nudelholz empfangen wird ist er eher submissiv. Und am Wochenende ist er sowieso nicht dominant. Man kann Dominanz also eher wie einen Hut, den man aufsetzt, betrachten.
Was Du im obigen Beispiel meinst ist eher Souveränität.:)

lg
Gerda
 
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