Am Mittwoch kommt das Urteil gegen Ursula von der Leyen.
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Ein Urteil mit Sprengkraft für die politische Zukunft Ursula von der Leyens wird diese Woche am Europäischen Gerichtshof erwartet. Es geht um nicht weniger als die Frage, ob die EU-Kommissionspräsidentin mit dem Zurückhalten von Textnachrichten an Pfizer-Chef Albert Bourla gegen europäische Transparenzvorgaben verstoßen hat – ein Fall, der unter dem Schlagwort „Pfizergate“ längst europaweite Aufmerksamkeit erlangt hat.
Die Entscheidung der Richter in Luxemburg am Mittwoch könnte nicht nur das öffentliche Bild der Kommissionschefin stark beschädigen, sondern auch ihre zweite Amtszeit überschatten, die erst im Dezember 2024 begonnen hat. Im Zentrum der juristischen Auseinandersetzung steht ein milliardenschwerer Impfstoffdeal aus der Corona-Zeit, bei dem von der Leyen laut New York Times persönlich per SMS mit dem Pfizer-CEO verhandelt haben soll, berichtet dazu aktuell Politico.
Was zählt als offizielles Dokument?
Der Kern des Konflikts liegt in einer rechtlichen Grauzone: Müssen Textnachrichten, die im Kontext offizieller Entscheidungsfindung stehen, als Dokumente im Sinne der EU-Transparenzverordnung gelten? Während Kritiker fordern, solche Kommunikation müsse veröffentlicht werden, vertritt die Kommission die Ansicht, dass Kurznachrichten nicht automatisch dokumentationspflichtig seien.
Dass der Fall politisch hochsensibel ist, liegt auf der Hand. Von der Leyen steht als oberste Hüterin europäischer Rechtsnormen nun selbst im Verdacht, gegen diese verstoßen zu haben. Sollten die Richter gegen sie entscheiden, würde dies nicht nur einen erheblichen Reputationsschaden nach sich ziehen, sondern auch Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit in Sachen Rechtsstaatlichkeit und Transparenz aufwerfen – zwei Prinzipien, die sie in ihrer zweiten Amtszeit ausdrücklich stärken wollte.
Politischer und rechtlicher Druck wächst
Der Fall nahm Fahrt auf, nachdem The New York Times und ihr damaliger Brüsseler Büroleiter Klage gegen die Kommission eingereicht hatten. Sie forderten die Herausgabe der mutmaßlich entscheidenden SMS, die zwischen von der Leyen und Bourla vor dem Abschluss des größten EU-Impfstoffvertrags ausgetauscht wurden: ein Abkommen über bis zu 1,8 Milliarden Dosen des Pfizer-BioNTech-Vakzins, das im Mai 2021 besiegelt wurde.
Die Europäische Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly sprach bereits 2022 von einem klaren Fall von Missstand (Maladministration), da die Kommission es unterlassen hatte, aktiv nach den Textnachrichten zu suchen. Sie warf von der Leyen persönlich vor, eine „Kultur der Zurückhaltung“ zu fördern und kritisierte ihre Abwesenheit bei der einzigen öffentlichen Anhörung vor Gericht: „Der Elefant, der nicht im Raum war.“
Richterschelte in Luxemburg
Während der Gerichtsanhörung im November 2024 machten mehrere Richter ihrem Unmut Luft. Die Kommission räumte erst zögerlich ein, dass es die fraglichen Nachrichten tatsächlich gegeben habe – was im Saal für ungläubiges Lachen sorgte. Die Richter stellten präzise Fragen: Wurde von der Leyen direkt gefragt? Wurde ihr Mobiltelefon überprüft? Wurden andere Kommunikationskanäle wie Signal einbezogen? Doch die Antworten blieben vage oder ausweichend.
Richter José Martín y Pérez de Nanclares warf der Kommission vor, keine „angemessenen und sorgfältigen Maßnahmen“ zur Aufklärung ergriffen zu haben. Richter Paul Nihoul sprach von einem „verwirrenden Dossier“. Die Anwältin der New York Times, Bondine Kloostra, kritisierte: „Wir wissen immer noch nicht, ob die Nachrichten über ein Handy oder einen Laptop verschickt wurden – oder ob überhaupt gesucht wurde.“
Ermittlungen der EU-Staatsanwaltschaft
Parallel zum Gerichtsverfahren wurde zudem bekannt, dass die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) Ermittlungen gegen die Kommission wegen möglicher finanzieller Verfehlungen im Zusammenhang mit der Impfstoffbeschaffung aufgenommen hat. Laut EPPO-Chefin Laura Codruța Kövesi wurden bereits mehrere Kommissionsbeamte befragt. Die Behörde äußerte sich bislang nicht zu Details der laufenden Untersuchung.
Urteil mit Sprengkraft im "Pfizergate" Fall von Ursula von der Leyen. Hat sie durch das Zurückhalten von WhatsApp -Chats gegen europäische Regeln verstoßen. Ein Urteil könnte ihr Bild in der Öffentlichkeit weiter beschädigen.
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