Borches - Zwangseinschläferung wg Alter?

Der "Fall Borges" ist ja eigentlich schon lange "gelaufen". Da gerade jetzt und hier das Interesse an diesem "Fall" nochmals aufflackert, bin ich mal so frei, "meinen Senf hinzuzugeben". Ich erfuhr von diesem "Fall" am 31.08.2014 durch einen Zeitungsartikel im Berliner "Tagesspiegel":

http://www.tagesspiegel.de/themen/r...oder-nicht-ein-hund-fuers-leben/10632158.html

Aus diesem (nach meinem Eindruck sehr ausführlichen und recht einfühlsamen) Artikel geht u.a. hervor, daß die (anonyme?) Anzeige, die den "Stein ins Rollen" brachte, wohl zwischen dem 10. und 15. August erstattet wurde. Zu diesem Zeitungsartikel wurde Anfang September u.a. im Gästebuch des Tierhofs Straelen diskutiert (wobei auch ich mich beteiligte). Die Pankower Veterinäre hätten zwischen dem 21.08.2014 und dem 11.09.2014 ihre Anordnung zur Euthanasierung des Hundes Borges zweifellos durchsetzen (und damit Fakten schaffen) können, wenn sie es denn unbedingt gewollt hätten. Mir scheint, daß der Vollstreckungswillen der Pankower Veterinäre wohl doch nicht so unbarmherzig ist, wie es dargestellt wird. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn ein Amtsvet z.B. unsere Nadia während der Ereignisse des "Schmalen Grats" angetroffen hätte...

http://www.hundesenioren.de/nadia.html#dsg

Mir bliebe in einem solchen Fall nur, mit allen mir zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln gegen eine solche Verfügung anzukämpfen (entweder während dieser Zeit des Ankämpfens geht es meinem Hund dann beweisbar besser, oder mein Hund beendet diesen "Kampf" durch sein Ableben). Und was bleibt, ist dieser "Schmale Grat", auf dem wir selbst entscheiden müssen, ob wir unserem tierischen Freund zuviele Leiden zumuten (und dieses beenden müssen), oder ob das hiesige Dasein noch längst nicht beendet ist (und wir diese Chance offenhalten müssen)...

Schön und gut: Anfang Oktober nun wurde diese merkwürdige "Webnode"-Webseite ins Internet gestellt, und per Verteilermails (die teilweise recht reißerisch abgefasst waren) wurde die URL zu dieser Webseite bekannt gemacht. Zunächst war der Informationsgehalt dieser Webseite gleich null, glänzte jedoch durch das Vorhandensein eines jener unsäglichen "PayPal"-Buttons - sowie durch das Nicht-Vorhandensein eines vernünftigen Impressums (die Kontaktinformation hinsichtlich der Frau Elena Kasiyanova ist hierbei rechtlich irrelevant). Am 10.10.2014 ist nun wenigstens dieser "Kontaktinformation" hinzugefügt worden, daß "verantwortlich für den Inhalt seien: Juri Klebanoff, Martin Lipke, Elena Kasiyanova". Ersterer taucht immerhin als Spendenkohle-Empfänger beim "PayPal"-Button auf (juri_klebanoff@yahoo.de), dort wird dann auch ein "Spendenbeleg" in Aussicht gestellt (Hä? Für privates Geldeinsammeln ?). Die andere Möglichkeit, sein Geld loszuwerden, wird mit der Angabe einer Kontoverbindung offeriert (merkwürdig, daß die in Berlin wohnhafte Frau Kasiyanova ein Konto ausgerechnet der Sparkasse Göttingen angibt...) - die Angabe, daß mittlerweile 1444,00 Euro (Stand: 10.10.2014) eingesammelt wurden, zeugte davon, daß es (richtig eingefädelt) nicht allzu schwer ist, an das Geld anderer Leute (speziell Tierschutz-interessierter Leute) zu kommen. Und dies, obwohl jegliche Transparenz, jeglicher Nachweis der Mittelverwendung und jegliche Legitimation fehlen...

Gleichzeitig wurden am 10.10.2014 (wohl weil eine ganze Reihe von kritischen Nachfragen hinsichtlich des aktuellen Gesundheitszustandes von Borges und des aktuellen Stands der rechtlichen Auseinandersetzung im Raum standen, die bis jetzt freilich nicht beantwortet waren) unter der Rubrik "Neuigkeiten" einige Informationen eingestellt. Diese Infos waren hinsichtlich des Zustandes von Borges äußerst nichtssagend. Zum Stand der rechtlichen Auseinandersetzung ist nur eines auffallend:

Das Verwaltungsgericht in Berlin befand am 11.09.2014, das die Euthanasierungsforderung hinsichtlich von Borges rechtswidrig sei. Daraufhin änderte das zuständige Veterinäramt am 15.09.2014 seine Anordnung insofern, daß nunmehr der Hund Borges unverzüglich in einem Berliner Tierheim einem Amtstierarzt vorzuführen sei, der dann ggfls. über eine Einschläferung zu entscheiden hätte.

Eine Stellungnahme hierzu wurde seitens des Anwaltes der Frau Kasiyanova zu spät dem Gericht vorgelegt, d.h. es wurde eine wichtige Frist versäumt. Für diesen Anwaltsmurks sollen nun die geneigten SpenderInnen bezahlen? Denn das Verwaltungsgericht entschied, wie deutsche Gerichte nun mal entscheiden, am 18.09.2014 (wegen fehlender Stellungnahme), daß Frau Kasiyanova sich beharrlich weigere, den Hund Borges dem Amtstierarzt vorzuführen, und deshalb der Einspruch abzulehnen sei.

Bei fristgerechter Stellungnahme hätte das Verwaltungsgericht sicherlich die Euthanasierungsanordnung bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zurückgestellt. Nun aber ging das Verfahren in die nächste Instanz (vor das Oberverwaltungsgericht). Die Angabe auf der Webseite, daß der Fall Borges zu einem "Präzedenzfall" werden solle, ist Blödsinn, Euthanasierungsentscheidungen sind immer Einzelentscheidungen.

Welcher Eindruck blieb? Geldverbrennung durch Verfahrensverschleppung, nach dem Anwalt soll's nun eine Anwältin richten, für die Missachtung einfachster Spielregeln vor Gericht sollen nun die Spender blechen, oder nach der anfänglichen Publizität des Falles durch den Zeitungsartikel im "Tagesspiegel" entstand die Begehrlichkeit, diese Publizität womöglich zu "versilbern" - und dies funktioniert, will man dem angegebenen "Spendenergebnis" glauben, ziemlich gut. Dafür spricht auch die Machart der "Webnote"-Webseite und die umfassende Intransparenz hinsichtlich der eingeworbenen Spenden. Jedenfalls wurde inhaltlich an der "Webnode"-Webseite nach dem 12.10.2014 eifrig herumgebastelt...

Da wurde der (selbstkritische) Hinweis, durch die verspätete Eingabe einer Stellungnahme beim Verwaltungsgericht Berlin eine Frist versäumt zu haben, ersatzlos getilgt. Es heißt auf dieser Webseite nur noch, daß die Stellungnahme vom Gericht nicht berücksichtigt worden sei... Na klar, das Verwaltungsgericht und die Veterinärbehörde müssen ja "die Bösen" sein - die eigenen Fehler passen da nicht ins Bild.

Auch der blödsinnige Hinweis, daß der "Fall" Borges zu einem "Präzedenzfall" gemacht werden soll, wurde getilgt. Und natürlich sind auch die bis jetzt in Abständen angegebenen "Zwischenergebnisse" des Spendenflusses mittlerweile verschwunden (zuletzt am 10.10.2014 ein Betrag von immerhin schon 1.444 Euro).

Man stelle sich vor, die Spenden sprudeln weiter in dem bisherigen Tempo, und irgendwann stellen auch die naiven SpenderInnen fest, daß das Verfahren angesichts des geringen Streitwerts ja nun auch nicht so teuer sei, und daß man nicht tausende von Euro braucht, um ein angekündigtes "Informationsportal zu Themen 'Alte Tiere' / 'Rechtsunterstützung für Tierhalter' / 'Einschläfern oder nicht' " einzurichten (andere Tierschutz-Interessierte machen so etwas für lau...)

Alle diese Änderungen lassen freilich diese Webseite und diesen ganzen Fall keineswegs in einem besseren Licht erscheinen, im Gegenteil: Die eigenen Fehler wurden vertuscht oder totgeschwiegen und das Minimum an Transparenz, das vorhanden war, ist ersatzlos vernebelt worden. Dabei kann man es der Frau Elena Kasiyanova und ihrem Anhang nicht verdenken, daß sie sich mit "Spendenkohle" vollkippen lassen - wenn das Spendenvolk trotz der deutlichen Faktenlage so blöd ist und auf den "PayPal"-Button haut... Ich fürchte, auf eine schlüssige Darstellung der Mittelverwendung können diese SpenderInnen lange warten (und demnächst wird sowieso irgendwoanders eine "neue Sau" durchs "nächste Dorf" getrieben). Jedenfalls ist es immer gut, von solchen merkwürdigen Webseiten Screenshots zu haben und damit die mannigfaltigen Veränderungen dieser Webseiten dokumentieren zu können...

Einer durch aufgeregte TierschützerInnen ins Netz gestellten Online-Petition folgte eine Gegendarstellung des Veterinäramts und danach wiederum eine "Gegen-Gegendarstellung" der Frau Elena Kasiyanova - dies unter dem reißerischen Titel: "Die Behörde lügt!". Ob sich die Hundehalterin mit derlei Behördenbeschimpfungen angesichts eines eventuell anstehenden Verfahrens vor dem OVG Berlin einen Gefallen tut, wage ich mal heftig zu bezweifeln, zumal sich Frau Elena Kasiyanova oder ihr Texte-Verfasser an diversen Stellen der "Gegen-Gegendarstellung" heftig vergaloppieren. Beispiel:


Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass sich sowohl die mündliche Anordnung von Amtstierarzt Herr Kunath vom 21.08.2014, als auch die schriftliche Anordnung von Amtstierärztin Frau Dieudonne vom 29.08.2014 zum Töten meines Hundes auf eben solchen unkorrekten Darstellungen von Sachverhalten, Lügen und sogar Verleumdungen begründen.
Unkorrekte Darstellungen von Lügen, unkorrekte Darstellungen von Verleumdungen? Häh? Wer stellt "unkorrekt dar", wer "lügt" und "verleumdet"? Und wird durch die "unkorrekte Darstellung" eine Lüge oder Verleumdung gar zur Wahrheit?

Das hochgeladene Video von Borges empfand ich als wenig hilfreich: Naturgemäß wird ein solches Video inhaltlich den Hund Borges in einem eher positiven Gesamteindruck darstellen, und die Abbildung negativer Aspekte vermeiden. Selbst bei ungeschnittenen Videos kann man die Aufnahmen ggfls. zwanzigmal wiederholen, und sich dann den "schönsten" Beitrag herauszusuchen und ins Netz zu stellen.

Dies möchte ich auch keinesfalls anprangern. Sei es beim Photographieren oder bei der Erstellung eines Video-Schnipsels: Die guten Bilder oder Videos kommen ins Album oder werden hochgeladen, während das Material, auf dem meine Lieben hinfällig wirken oder "schlecht" dargestellt werden, im Papierkorb landet...

Aber bei der Ansicht einer solchen Videobotschaft schaue ich genau hin und versuche, bei der Ansicht eines solchen subjektiven und absichtsvollen Videos auf die Wirklichkeit hochzurechnen (oder herunterzurechnen). Im Fall von Borges war mein Ergebnis ziemlich hoffnungslos...

Für lange Zeit bot die "Webnode"-Webseite nichts Neues. Der Hund Borges hat irgendwann zwischen dem 14.11.2014 und dem 01.12.2014 seinen Weg zum Land hinter der Regenbogenbrücke angetreten.

Dafür meine respektvolle Anteilnahme.

Der Tod des Hundes war wirklich keine Überraschung, war vorhersehbar und für ihn hoffentlich ein würdiges Lebensende ohne Qualen. Es bleibt aber die verurteilenswerte Instrumentalisierung dieses Hundes, es bleibt der "Spendenaufruf", es bleibt der widerliche "PayPal-Button", es bleibt die Petition (die trotz 2118 noch fehlender Unterschriften nunmehr vollends fehl am Platz ist), und es bleibt der bittere Beigeschmack über das Verpuffen von mehr als 2.000 Euro an Spendengeldern.

Frau Kasiyanova brauchte nun "eine Zeit, um ihrer großen Trauer Raum zu geben". Dies wäre fast zum Heulen, wenn es nicht doch irgendwie zum Kotzen wäre...

Statt ihrer "großen Trauer Raum zu geben", hätte sie womöglich dem Oberverwaltungsgericht Berlin sowie dem zuständigen Veterinäramt die Information über das Ableben des Hundes Borges zukommen lassen sollen. Denn das OVG Berlin wies am 09.12.2014 die Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zurück, und ordnete den Vollzug dieser Entscheidung an. Nur deshalb kam es zu dieser abstrusen Situation, daß veterinäre zusammen mit der Polizei bei der Hundehalterin anrückten, um nun nach dem Hund zu sehen (und um ihn womöglich zu euthanasieren), der längst verstorben war...

Ich möchte im Detail nicht auf das eingehen, was danach suf der "Webnode"-Webseite als "Neuigkeit" feilgeboten wurde. Jedenfalls war nun wieder ein Rechtsanwalt schuld (das hatten wir doch schon mal bei einem anderen Anwalt in der ersten Instanz), der wichtige Informationen einfach nicht an die Richter des OVG weitergegeben hat, und dazu auch noch wichtige Termine versäumt hat...

Und nu grüßt wieder mal das Murmeltier: Es wurde mal wieder ein "Beratungstermin" mit dem nächsten Rechtsanwalt, der "auf dem Gebiet Tierrecht und Strafrecht" tätig sei, verabredet (wat wollen die nu - vors Bundesverwaltungsgericht wegen Anwaltsversagens in den Vorinstanzen? Die Ärmsten lachen sich dort bestenfalls scheckig...).

Meine Meinung: Ein sehr untauglicher Versuch, mit solch vorgegaukelter Aktivität die weitere Verwurstung von Spendengeldern begründen zu wollen.

Am 31.12.2014 gab es die nun vorerst letzte "Neuigkeit" auf dieser Webseite: Insgesamt eingenommener Spenden in Höhe von 2.346,21 Euro stünden Ausgaben vom 3.081 Euro gegenüber. Mein Mitleid hält sich in Grenzen, zumal keine dieser Zahlen überprüfbar sind, und man kaum noch auf weitere "Neuigkeiten" hoffen darf.

Was bleibt? Der "Spendenaufruf" und der "PayPal"-Button sind immer noch auf dieser Webseite zu finden (Screenshot von heute):

ss300115_1.jpg


Die Online-Petition gibt es ebenfalls immer noch:

https://www.change.org/p/veterinära...m=permissions_dialog_true&share_id=KTJkAJeBgF

Womöglich gibt es auch immer noch gutgläubige Leute, die immer noch auf den "PayPal"-Button hauen und ihr Spendengeld verpulvern...? Wer weiß... Ich kenne einige leute, die dort tatsächlich gespendet haben. Irgendwelche Informationen hat von denen niemand je erhalten.

Noch eine Nachbemerkung: Den Namen des armen Hundes, um den es hier geht, habe ich immer "Borges" geschrieben. Die Halterin hatte ihren Hund nach dem argentinischen Schriftsteller Jorge Luis Borges benannt. Da die Auskunft über den Ursprung des Namens ihres Hundes von der Halterin selbst stammt, blieb ich auch immer bei der korrekten Schreibweise des Schriftsteller-Namens. Es ist nicht mein Problem, daß in der Folge und auf ihrer Webseite die Halterin Frau Elena Kasiyanova den Namen ihres Hundes immer falsch (nämlich "Borches") schrieb - ich führe dies auf eine letztendliche Oberflächlichkeit, vielleicht sogar Desinteressiertheit der Halterin zurück. Wer sich literarisch mit dem durchaus anspruchsvollen Jorge Luis Borges beschäftigt, sollte auch die korrekte Schreibweise seines Namen kennen...

Viele Grüße
 
Danke vielmals für Deine sehr ausführliche Zusammenfassung!

Punkto Spenden etc. gebe ich Dir vollkommen recht. Ich sag ganz ehrlich, dass auch ich gefragt wurde, ob man dorthin spenden soll. Das habe ich aus tiefsten Herzen verneint, weil es mir komisch vorgekommen ist.

In der Diskussion zu Beginn des threads, vielen usern und mir ging es aber vorrangig um die Fragen:

Wie geht es Borches/Borges?
Wer darf über sein Leben/Ableben entscheiden?
Verweigert die Besitzerin die Euthanasie prinzipiell?
Wünscht sie sich nur ein natürliches Ableben, oder ist das der einzige Weg für sie?
Jetzt schlussendlich , weil schon lange nichts gehört, war mein Interesse, ob Borges/Borches noch lebt, und wenn nicht, wie SEINE Geschichte ausgegangen ist.

Dass ein RA Termine verschlampt, das ist mir auch schon 2 x passiert. Das ist für mich aus eigener Erfahrung leider glaubwürdig. :mad:

Da Borges/Borches nun offensichtlich und hoffentlich friedlich bei seinen Leuten, nicht irgendwo unter fremden Leuten hinübergegangen ist - das war mir in der Angelegenheit am Wichtigsten, ist die Angelegenheit für mich erledigt. Wer wem ja oder nein anschliessend informieren hätte können, sollen - ist mir egal. Sorry.
Genauso wie die Gerichte jetzt weiter entscheiden, tut für mich nichts mehr zur Sache.

Nochmals vielen Dank für Deine Mühe! :)
 
DANKE!!!

Sehr gut recherchiert und geschrieben... bei dem Spendenkonto dachte ich auch, sehr schnell und professionell eingerichtet, was so gar nicht zu einer hilflosen Person passt...
 
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