Corinna Milborn
Auf der A4 sind bis zu 50 Flüchtlinge in einem Lastwagen erstickt. Der Tod, den wir so oft auf dem Mittelmeer, in der Wüste und in den Häfen gesehen haben, ist hier angekommen. Das ist entsetzlich, und mir fehlen die Worte dafür, dass Menschen auf ihrer Flucht sich bei uns in Österreich so einem tödlichen Risiko aussetzen müssen.
Vor drei Wochen bin ich in der Türkei in ein Flugzeug gestiegen und nach Wien geflogen. Etwa alle fünf Minuten fliegt dort ein Flugzeug voller Familien nach Mittel- und Nordeuropa. Es dauert insgesamt drei Stunden, bis man in Schwechat im Bus sitzt.Eine sehr einfache Reise. Perfekt für Familien.
Außer, man ist eine Flüchtlingsfamilie und MUSS weg. Dann ist der Weg über das Flugzeug versperrt. Dann muss man, wenn man es in die Türkei geschafft hat, wochen- bis monatelang versteckt nachts zu Fuß gehen. Überfüllte Boote über das Mittelmeer besteigen. In Lastwäge gepfercht hoffen, dass man es durch jene Länder durchschafft, die kein Asylsystem bieten (wie Ungarn.).
Dieser Weg ist nicht einfach, sondern 1000fach tödlich. Heute ist der Tod auf der A4 angekommen. Es ist leicht und einleuchtend, dem Schlepper die ganze Schuld zu geben, und es ist schon vor der ersten Pressekonferenz absehbar, dass nun härtere Bekämpfung von Schleppern folgen wird. Doch das wird Fluchtwege eher noch tödlicher machen.
Solange die Grenzen geschlossen sind und Menschen bereit sind, ihr gesamtes Hab und Gut, ihr eigenes Lebenund norgedrungen sogar das Leben ihrer Kinder aufs Spiel zu setzen, um diesen Weg zu schaffen. wird es Schlepper geben, die ihnen dabei helfen. Je höher die Zäune, umso krimineller werden die Schlepper sein.
Geschlossene Grenzen halten Verzweifelte nicht auf. Sie machen die Flucht nur tödlicher.