So begrüßenswert ich Tierschutz finde, so skeptisch stehe ich mittlerweile Auslandstierschutz gegenüber.
Ich orte da durchaus auch einen Zusammenhang zu der völlig überhand nehmenden Mehrhundehaltung (ich seh meine 3 schon als kritisch) - der Trend geht eindeutig zu immer mehr, möglichst geretteten Hunden. Teilweise ist das bereits mehr Hundehortung, als Hundehaltung. Auch das sehe ich nicht mehr ganz so locker.
"Gerettet Hunde" sind absolut modern - nicht dass ich nicht jedem Hund einen guten Platz gönnen würde, bei den zigtausend Hunden, die jährlich über Österreichs Grenzen gebracht werden, bezweifle ich aber, dass die ausschließlich an supertolle Spitzenplätze kommen. Das Argument "Hauptsache der Hund ist raus aus der Tötung, hat ein Dach über dem Kopf und eine volle Futterschüssel. Hunde aus dem Tierschutz sind soooo dankbar" kann ich schon nicht mehr hören.
Aktuell hab ich mit 3 Auslandshunden zu tun, 2 davon meine eigenen. Alle drei nicht ganz einfach, einer sogar ziemlich problematisch - und zwar nicht zwangsläufig allein wegen seiner "tragischen Kindheit", sondern weil die Was Auch Immer Mischung an Rassen keine glückliche ist und der Hund einige ansich normale Verhaltensweisen mitbringt, die keiner erwartet hatte - weil der sah halt so knuffig aus.
Meine eigenen Hunde waren beide bereits in Österreich vermittelt, der eine wurde nach 5 Monaten abgegeben, die andere nach 2 oder 3 Wochen. Aber Hauptsache, wir schippern massig Hunde tausende Kilometer quer durch Europa, damit sie dann in Österreich die Runde machen. Sehr toll auch der Podenco neulich im Wr. Tierschutzhaus. Erst karrt man einen Hund einer sehr ursprünglichen Rasse, der sicher kein Allerweltshund ist, von Spanien nach Ö, damit er dann hier erst recht wieder im Tierheim sitzt.
Diese Bestellmentalität "Ich sehe Hund am Foto - ich bestelle Hund - ich kaufe Hund" mißfällt mir zunehmend, auch wenn ich selbst nicht anders gehandelt habe.
Zu den Orga-Erfahrungen:
Mit Orga eins hab ich lange Mails ausgetauscht, meine Lebenssituation quasi bis auf die Staubmilbe Olga hinten links in der Matratze geschildert. Vorkontrolle fand dann über einen anderen Verein statt, war im Prinzip ein Gespräch in einem Lokal, verlief positiv.
Hündin 1 für die ich mich beworben hatte, war nach dieser Vorkontrolle plötzlich "verschollen" und außerdem war sie ja nie bei diesem Verein, man hätte nur für irgendjemanden ein Foto online gestellt. Bei Hündin 2 das selbe Spiel. Also weiter überlegt und einen weiteren Hund gewählt. Plötzlich die Mitteilung "Sie haben einen Kampfhund" (woraus ich nie einen Hehl gemacht hatte), ein paar ziemlich patzige Ansagen - das mir auf der Zunge liegende "blöder Trampel" hab ich mir leider gespart - "Wir vermitteln keine Hunde an Menschen mit Kampfhunden. Das ist zu gefährlich, der wird den anderen Hund töten." Danach Funkstille, obwohl ich ausgesprochen höflich blieb.
Orga zwei, die Vermittlerin war sehr bemüht - und hat sich danach leider aus dem Tierschutz zurückgezogen. Auch hier gab es zwar "Kampfhundbedenken", den ungeliebten Restposten durfte ich dann allerdings schon haben, die "Prunkstücke" in der Sammlung allerdings nicht.
Der Vermittlungsablauf war meines Erachtens nach dennoch sehr fair und umfassend.
Orga drei: ich hatte mich als Pflegestelle beworben, da es keine Möglichkeit der Vorkontrolle gab, hab ich die Daten der Orga, die mich und meine Hunde kennt, weitergeben, zwecks der Einholung von Erkundigungen. Am selben Tag noch der Anruf, der Hund kommt morgen - davon war zuvor keine Rede (das Eilverfahren lässt darauf schließen, dass der Hund ohnehin transportiert worden wäre, egal ob ein Platz vorhanden ist, oder nicht). Also 600 km Fahrt organisiert, um einen Hund abzuholen, der zuvor 26! Stunden Autotransport hinter sich hatte. Hund kam mit einer hochgradig vereiterten Kastrationsnarbe und Fieber an. Auf das Jammern der Orga hin "Wir haben ja kein Geld", hab ich einen Großteil der gleich ab Tag 1 fälligen Tierarztkosten selbst übernommen. Wobei ich das Problem nicht so sehr in den für mich entstandenen Kosten sehe, ich hätte den Hund auch gerne behalten, wenn nicht die Gefahr bestanden hätte, dass das Rudel kippt - ich sehe vielmehr ein Problem darin, Hunde en masse zu "retten", ohne das nötige Kapital für Notfälle parat zu haben (oder nur eingeschränkt transportfähige Hunde zu transportieren - unter tierschutzwidrigen Bedingungen) und dann noch rumzujammern "Ja, diese Spanier", den Transport haben Österreicher organisiert und sie sind es auch, die eine Menge an Hunden importieren, die ihnen dann finanziell oder platzmäßig über den Kopf wächst. Trotz all meiner Kritik verlief diese Vermittlung ansich okay, die Altersangaben des Hundes haben zwar bei weitem nicht gestimmt - statt eines 3+ jährigen Hundes hatte ich einen kaum ein Jahr alten Hund zuhause - eine Kombination die ich bereits im Vorfeld für problematisch erachtet hatte und bei allen Gesprächen mit versch. Orgas darauf hingewiesen hatte, dass ein "zu junger" Hund aufgrund meiner eigenen Hundekonstellation nicht in Frage kommt.
Orga vier - eigentlich eine Privatinitiative. Suchten dringend! einen Pflegeplatz für einen Windhundrüden, weil kein Platz und keine Erfahrung vorhanden. Die Vermittlerin hatte von Hunden ansich keine Ahnung, also hab ich allerhand Kontakte bereit gestellt und zig Telefonate geführt. Der Rüde war privat in Ungarn untergebracht. Ich hätte den Transport organisiert und mal vorsichtig angemerkt, dass ein Einhoder kastriert werden sollte, ob das denn nicht auf meine Kosten noch direkt vor Ort möglich wäre. Auf die Frage nach der Höhe der Schutzgebühr kam von der Pflegestelle nur ein "Wissen sie wie teuer diese Hunde hier sind? Der ist reinrassig", im Prinzip hätte ihn der Herr, ein ausgewanderter Wiener, gerne verkauft. Zwei Wochen zuvor hatte es noch geheißen, er kann dem Hund nicht gerecht werden, der Hund lebt nur in einem abgetrennten Bereich des Gartens und im Haus, weil der nicht zu den anderen, unverträglichen Hunden des privaten "Tierheims" darf, der Hund muss dringend weg - plötzlich kam dann die Frage auf, wie ich den Hund - als Windhundhalterin - denn überhaupt auslasten könnte, im Endeffekt hat er ihn anscheinend im Vorgarten behalten. War mir dann auch zu blöd, wenn erst wochenlang alle möglichen Foren mit Hilfegesuchen gefüllt werden und hinterher nur patzige Anworten kommen, weil die einzige Interessentin den Hund dann nicht richtig kaufen möchte.
Orga fünf suchte dringend eine Pflegestelle, ich habe mich spontan angeboten, auch hier keine Vorkontrolle, nur der Hinweis von Leuten, die mich mittlerweile kennen - durchwegs auch kritische Stimmen (was ich eigentlich begrüße - ich würde den meisten Menschen in meiner Lebenssituation keinen dritten Hund geben - mich kennen allerdings genug Leute, um zu sehen, dass es dennoch klappt). Die ausdrückliche Bedingung: Der Hund muss bekanntermaßen verträglich sein.
Hündin kam vom Fixplatz, wo man sie schleunigst loswerden wollte, wegen angeblicher Katzenunverträglichkeit (das Thema war nach 3 Tagen durch), der tatsächliche Abgabegrund muss ihr Problem mit anderen Hunden gewesen sein - kaum daheim angelangt, hat sie sich erst mal den Weg zu Sofa freigebissen. Vertäglichkeit im Rudel mittlerweile okay, ansonsten - nein - dieser Hund ist kein bisschen so unproblematisch, wie beschrieben. Auch wenn die Fehlinformation zum Gutteil den Vorbesitzern zuzuschreiben ist. Meine Bitte mit den Vorbesitzern Kontakt aufzunehmen, wurde geflissentlich ignoriert, hätte mir aber unter Umständen die ersten Tage erleichtert.
Diesen Hund hab ich nach einiger Bedenkzeit fix adoptiert, auch wenn sie sich nur langsam in die Gruppe einfügt und sicher der problematischste Hund ist - ganz ehrlich in erster Linie deshalb, weil ich nicht wollte, dass sie noch weiter herum geschoben wird, von einer Orga, die eine Vermittlung nach der anderen in den Sand setzt, das Bild des völlig unproblematischen Auslandshundes propagiert und dann noch so tolle Dinge behauptet wie "Galgos haben keinerlei Aggressionspotential. Galgos sind Fluchttiere", 10 Minuten laufen am Tag reicht denen übrigens auch

Das ist eine Art der Vermittlung und Fehlinformation die mich mittlerweile auf die Palme bringt. Da wird auf Teufel komm raus herangekarrt, letztens war dann ein Hund dabei, der kurz nach der Ankunft eingeschläfert werden musste, weil schwerst verletzt und keiner hat sich Gedanken über die Transportfähigkeit gemacht - auch hier "diese bösen Spanier haben uns einen kranken Hund untergejubelt" - ja himmelherrgott, dann packt`s halt nicht jeden Hund ein, der euch unter die Finger kommt. Oder ewiges Raunzen über diese bösen Adoptanten, die ihre Hunde gleich wieder abgeben. Ja wenn man den Leuten Märchen erzählt, gibt das oft recht schnell ein böses Erwachen.
Ich fand und finde jeden diese Hunde toll, meine beiden Spezialisten würd ich nicht mehr missen wollen - nur dieses um jeden Preis vermitteln, womöglich noch an Menschen, die allen Ernstes einen absolut pflegeleichten Hund erwarten, weil ihnen das von Orga Seite so weisgemacht wird, halte ich nicht für sinnvoll.
Außerdem läuft Auslandstierschutz völlig aus dem Ruder, niemand kann mehr nachvollziehen, wer aller wieviele Hunde über die Grenzen bringt und was dann damit passiert. Es gibt durchaus engagierte Orgas - zwei derer, mit denen ich zu tun hatte, würde ich aller Kritik zum Trotz dennoch als engagiert und seriös einstufen - nur jeder kocht sein eigenes Süppchen, das "Angebot" ist völlig unüberschaubar und wenn ich im Angebotsdschungel früher realisiert hätte, wieviele Windhunde auch innerhalb Österreichs und Deutschlands vermittelt werden, ohne dass man sie durch die halbe Weltgeschichte schleift, hätte ich eher einen solchen Hund genommen.
Falls ich wieder einmal vor der Entscheidung für einen Hund stehe, würde ich jederzeit wieder einen Tierschutzhund aufnehmen, aber nur noch regional, keinen extra herbeigeschafften. Vor lauter Auslandstierschutz geht nämlich der Inlandstierschutz ziemlich unter.
(Anmerkung: ich habe mich redlich bemüht, mich möglichst kurz zu fassen, ehrlich, das hätt noch viel länger werden können
