Mein Email an Seitenblicke:
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich bin bis jetzt eine treue Leserin ihres Magazins gewesen und verpasste keine Ausgabe. Und wenn ich "lesen" meine, heißt das, dass ich mir sogar die Leserbriefe zu Gemüte geführt habe.
Mir entging somit nicht, dass in Heft Nr.43 Calvin Klein mit seinem Hund inkl. einer in Österreich verbotenen Erziehungsmaßnahme - einem Stachelhalsband - abgelichtet wurde und sich in Heft.Nr.44 zurecht ein Leser darüber mokierte. Als langjährige Hundehalterin und angehende Veterinärmedizinerin mit besonderem Interesse an Hundepsychologie kollidieren solche Methoden auch mit meiner Philosophie.
Nun scheinen die Mitarbeiter des Seitenblicke-Magazin anscheinend beratungsresistent zu sein oder aber ihre Journalisten denken, Tierschutz bedeutet, die Funktion "copy & paste" zu nutzen reiche - nämlich einen Leserbrief zu veröffentlichen - und, siehe da, ihre Halbwertszeit von Kritik ist kürzer als die von einem Milchprodukt - in Heft Nr.45 nun wieder einen Promi mit Hund plus Stachelhalsband abzubilden?!
Limp Biszkit (oder wie auch immer) erfüllt ja wirklich das Klische von einem Vollprolo, der sich unter anderem über seinen Hund & dessen Haltung definieren muss weil ihm die geistige Grundausstattung fehlt, um sich eine gefestigte Persönlichkeit zu bilden. Bei ihm scheint jeder Tag einer eigenen Muskelgruppe im Fitnessstudio gewidmed zu sein - es kann also kein Problem für jemanden mit seiner Statur sein, einen Hund mit ca. 40kg bei gegebenem Fehlverhalten (an der Leine ziehen usw.) unter Kontrolle zu halten. Trotzdem legt man dem armen Tier ein Stachelhalsband um!
Traurig genug, dass sich geistige U-Boote wie dieser Herr fortpflanzen dürfen und das Kind an seiner Hand vorgelebt bekommt, dass Stachelhalsbänder "cool" seien - und dann drucken SIE - geehrte Redakteurinnen & Redakteure - das auch noch ab?! Hat sich kein Bild von einem in der Nase bohrenden Promi finden lassen, als von so einem überbezahlten Erzproleten, der seinen Hund quält und es ihm wahrscheinlich nicht einmal bewußt ist, weil sein Horizont nicht über den Rand seiner Bierflasche reicht?
Um die Sinnhalftigkeit zu unterstreichen, warum diese Halsbänder alles andere als cool sind, möchte ich Ihnen die oft komplizierte Situation an den beiden Leinenenden erklären:
Dass unsre beliebten Haustiere phylogenetisch vom Wolf abstammen wird Ihnen allen bekannt sein. Die Menschen haben begonnen, vor tausenden von Jahren den Wolf zu domestizieren (die Molekularbiologen streiten sich noch um "genaue" Zeitangaben). Und obschon wir vor mindestens 18.000(!!) Jahren angefangen haben, die Wöfle zu zähmen, heißt das nicht, das wir die Hunde komplett vermenschlicht haben & die Kommunikationsebenen dieselben sind. Sie besitzen noch immer die sogenannten "Instinkte". Ein Instinkt ist zum Beispiel, dass sich Hunde mehrmals im Kreis drehen, bevor sie sich ins Körbchen legen. Das hatte damals den Sinn, dass sie das Gras niedergereten haben um eine ebene Liegefläche zu schaffen. Heutzutage brauchen sie das nicht mehr, aber es ist ihnen angeboren und daher können Lebewesen Instinkthandlungen nicht vergessen. Das ist ein Beispiel von vielen Instinkten, und es ist für eine ausgeglichene Mensch-Tier-Beziehung wichtig, davon Kenntnis zu besitzen. Nicht unbedingt von der Zweckmäßigkeit dieser einen Handlung, aber von der Tatsache, dass es sie gibt und dass sie auch nicht zu verlernen oder abzugewöhnen sind.
Ein anderer Instinkt, ist das Knurren bei drohender Gefahr. Um das Knurren zu vermeiden, muss man den Grund beseitigen, nicht das Knurren selbst. Das hört ganz von alleine auf.
Wenn ein Hund eine unerwünschte Aktion setzt, ist es wichtig, das warum zu verstehen. Ansonsten kann man Fehlverhalten nicht korrigieren, denn auch wenn es für den Halter störend ist - für den Hund macht es immer Sinn!!! So kommt es, dass die Kommunikation zu einem Minenfeld wird - Halter redet am Hund vorbei und umgekehrt.
Man muss also dem Hund aus der Situation heraus einen Vorteil bieten für das Verhalten, das man sich wünscht - und nicht umgekehrt, sprich einen Nachteil und somit Bestrafung durch schmerzende Halsbänder oder Schläge. Ansonsten wird der Hund ängstlich und versucht sich irgendwann, durch Bisse vor den in seinen Augen unverständlichen Bestrafung zu schützen. Meistens landen solche Hunde im Tierheim und bekommen "lebenslänglich", weil man sich nicht auf die Kommunikationsebene einigen konnte und sich die Situationen aufgeschaukelt hat. Aber da man sich nicht näher mit dem Thema beschäftigt hat, weiß man das natürlich nicht.
Darüber wurden tausend dicke Bücher geschrieben und ich möchte auch nicht zu weit ausholen - ich wollte lediglich eine "kurze" Erklärung darüber abgeben, dass die Mensch-Tier Beziehung zu komplex ist, um unerwünschtes Verhalten mit einem Ruck am Stachelhalsband verschwinden zu lassen.
Auch wenn Ihnen, das herzlich wurscht ist, ob Hunde gequält werden oder nicht - vielen ihrer Leser tun solche Bilder im Herzen weh. Wenn eine Amy Winehouse sich ihr Nasenseptum wegkokst und sie Bilder davon veröffentlichen, ist es mir herzlich wurscht. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Aber Bilder abzudrucken, die auf einer völlig mißverstandenen Auffassung von (geschweige denn artgerechter) Hundehaltung basieren und ein Lebewesen gequält wird, ist geschmacklos und unverantwortlich. Da schau ich mir lieber ein Bild von einer Christina Lugner in erotischen Posen in Ihrem Heft an - das ist zwar auch schrecklich aber der leidende Leser kann das Heft bei überzogener Schmerzgrenze aus der Hand legen.
Wie Sie im Absender sehen können, dürfen sich auch bekannte Tierschutzvereine an meinem Mail erfreuen - u.a. um Ihnen etwas Nachdruck in Ihren künftigen Entscheidungen zu verleihen, welche Bilder nun abgedruckt werden
Trotz allem wünsche ich dem gesamten Seitdenblicke Magazin frohe Weihnachten und ein erfolgreiches Jahr 2009 - mit hohen Verkaufszahlen aber ohne Bilder von armen Tieren, die unter ihren Besitzern leiden müssen!
mit den besten Grüßen, xxx
p.s. ich habe bis heute keine antwort erhalten, aber ich lese mein diskriminierendes mail gerne immer und immer wieder