Ich würde sagen, das kommt auf den Hund an. Du kennst dein Tier am besten und weisst somit sicher, wieviel an Beschäftigung ihm gut tut.
Du kannst bestimmt einiges ausprobieren (aber nicht alles auf einmal und sehr dosiert!) und im Normalfall merkst du recht schnell, wann dein Hund "abschaltet", weil es ihm zu viel wird.
Das Spektrum einer Anzeige an Unter- bzw. Überforderung ist breit, da muß man sich viel mit der Körpersprache seines Hundes und der Reaktion auf die einzelnen Trainingseinheiten beschäftigen.
Ich versuche, zwei Beispiele zu nennen (die aber sehr individuell und somit keinesfalls 1:1 auf jeden Hund umzulegen sind):
1) Ausübung nur einer Sportart (Unterordnung):
Eine Hundeführerin hatte den Ehrgeiz, mit ihrem Rottweiler die BH1 (Unterordnungs-Prüfung) ein zweites Mal machen und unbedingt mit "Sehr gut" bestehen zu wollen (das erste Mal hatte sie mit "Befriedigend" bestanden).
Sie trainierte bis zur Vergasung, versuchte jede Übung bis zur Perfektion zu treiben. Sie übte jeden Tag eine halbe Stunde, gepusht durch ihren Vater. Irgendwann begann der Hund, extreme Rückschritte zu machen. Er baute zunehmend in jede Übung Fehler ein, reagierte ungewohnt "stur".
Die Hundeführerin reagierte darauf mit verstärktem Training und mehreren Möglichkeiten, diese Fehler wieder herauszutrainieren und setzte aus Verbissenheit die Ratschläge der Trainer völlig falsch um.
Endeffekt: Der Hund rasselte mit Bomben und Granaten durch die Prüfung.
Man kann also auch bei Ausübung nur einer Sportart durch völlig falsch verstandenen Ehrgeiz und der Unfähigkeit, die Körpersprache des Hundes zu deuten, kläglich versagen.
2) Mehrere Sportarten:
Ein Freund von mir begann mit seinem Border mit Unterordnung, ließ sich parallel durch zahlreiche Wesenstests bestätigen, wofür sein Hund geeignet ist und hat nach erfolgreich absolvierter BH1 mit Agility begonnen. Nach knapp zwei Jahren intensiver Arbeit (und einer AG1-Prüfung und einigen Turnieren) interessierte er sich für Rettungshundearbeit und legte da fast ein Jahr sein Herzblut rein, bis er für sich entschied, dass das nicht die richtige Art der Auslastung für seinen Hund ist. Der Hund hatte dabei nur Streß, kam zwischen den Trainingseinheiten und nach dem Training nie zur Ruhe, er baute sich vor der Suche so auf, dass er ihn in der Unterordnung zum Suchgebiet führen mußte und der Hund in der Suche so am Rad drehte, dass er die Opfer überlief, als wären sie nicht da und lieber Hasen jagte, was er sonst niemals tat.
So probierte er Dogdancing und erkannte darin die ultimative Sportart für seinen Hund.
Bis heute betreibt er Unterordnung, Agility und Dogdancing parallel und hat tolle Fortschritte zu verzeichnen.
Er hat mit dem mittlerweile 5 Jahre alten Hund die BH2- und AG2-Prüfung absolviert und nimmt erfolgreich sowohl an AG- als auch an Dogdancing-Turnieren teil.
Ich finde es äußerst wichtig, sich eingehend mit der Materie "Beschäftigung für den Hund und seine Reaktionen darauf" auseinanderzusetzen.
Sei es durch Vorträge, Bücher, Beobachtungen auf Hundeplätzen (andere Hunde!) oder Meinungsaustausch mit Gleichgesinnten (und da vor allem mit jenen, die viel Erfahrung haben).
Das erfordert viel Zeit und eine gehörige Portion "Blick über den Tellerrand". Es reicht nicht, seinen eigenen Hund durch möglichst viele Probetrainings in den verschiedenen Sparten zu hetzen und den Ehrgeiz zu entwickeln, ihn bis zum Umfallen auslasten zu wollen.
Ich bin der Meinung, dass man viel Zeit ohne den eigenen Hund in die Weiterbildung des Hundeführers investieren muss, um für dessen Hund die optimale Auslastung zu finden.
Zudem würde ich darauf achten, eine Sportart mal so lange auszuüben, bis der Hund genau weiß, was von ihm verlangt wird, bis man mit der nächsten beginnt.
Also nicht im Mai Agility beginnen, aus lauter Euphorie im Juli Dogdancing draufsetzen und - weil man der Meinung ist, dass ein guter Grundgehorsam eigentlich auch total wichtig ist - Anfang September einen Unterordnungskurs draufzulegen, um im November die BH1 erfolgreich abzulegen. Geht unter Garantie sowas von schief.