Europas mythologischer Ursprung
Wie der europäische Kontinent der Sage nach seinen Namen erhielt
Nach der griechischen Sage herrschte in Phoinikien (***nizien) König Agenor über die Städte Tyrus und Sidon. Agenor hatte eine wunderschöne Tochter mit Namen Europa. Zu dieser war der Weltenbeherrscher und Göttervater Zeus in Liebe entbrannt, da ihn der Liebesgott Eros, der als einziger Macht über Zeus besaß, mit seinen Pfeilen getroffen hatte. Zeus kannte keinen anderen Wunsch mehr, als die schöne Europa für sich zu gewinnen. Er wusste aber, dass hier nur List zum Ziel führen konnte, denn Hera, die Göttermutter, verfolgte argwöhnisch jeden Schritt ihres Gatten.
Zeus rief also den geflügelten Götterboten Hermes zu sich und befahl ihm, eine Viehherde des König Agenor von der Bergwiese hinab zum Strand zu treiben. Während der Götterbote gehorchte, verwandelte Zeus sich in einen wunderschönen Stier mit goldenem Fell und mischte sich unter Agenors Viehherde. So erreichte Zeus als Stier mit der Herde den Strand, an dem die schöne Europa mit ihren Freundinnen spielte.
Langsam näherte sich Zeus in seiner Stiergestalt den spielenden Mädchen. Und da er sich so sanft und friedvoll gab, verloren die Mädchen jede Angst vor dem Stier. Sie streichelten den Stier, der sich daraufhin niederlegte. Die Freundinnen drängten Europa, sich auf den Rücken des so friedlichen Tieres zu setzen, was sie auch tat.
"Der Raub der Europa"
Wandfresko aus Pompeji
Foto: Preußischer Kulturbesitz "Europa auf dem Stier" ist seit der Antike ein häufiges Motiv in der europäischen Kunst.
Doch kaum saß Europa auf dem Rücken des Stiers, stand dieser auf und setzte sich in Bewegung. Erst langsam und dann immer schneller, bis die Freundinnen Europa nicht mehr zu folgen vermochten. Dann stürzte sich der Stier mit Europa auf dem Rücken in die Fluten des Meeres und schwamm hinaus. Den ganzen Tag und die ganze Nacht schwamm der Stier durch die Wellen. Da endlich zeigte sich Land. Rasch hielt der Stier darauf zu, betrat den Strand und legte sich nieder.
Nachdem Europa von seinem Rücken geglitten war, verschwand der Stier und ein Mann, anzusehen wie ein Gott, stand vor ihr. Sie solle sich nicht fürchten. Er sei der König dieses Landes, der Insel Kreta. Er wolle für sie sorgen und sie beschützen. An seiner Seite solle sie als Königin herrschen. Da weinte Europa über ihr Schicksal und darüber, fern der Heimat und der Eltern zu sein. Plötzlich schrak sie auf, denn hinter ihrem Rücken hörte sie geflüsterte Worte. Als sie sich umwandte, sah sie die schaumgeborene Göttin Aphrodite mit deren Sohn Eros an der Hand. Sie solle von ihrem Kummer lassen, sagte ihr Aphrodite tröstend, denn alles, was sich ereigne, sei nach dem Willen der Götter. Zeus habe sie zu seiner irdischen Gemahlin gemacht. Und sie solle hinfort unsterblich sein, denn der Erdteil, der sie aufgenommen habe, solle für alle Zeiten ihren Namen tragen - EUROPA.