gestohlene sachen aus dem maul nehmen

YKD

Super Knochen
hali halo,
meine kleine (18jahre) schwester hat einen irish wolf der mittlerweile 3 jahre alt ist.
er war unser erster hund und ist (dank meiner schwester) heillos verwöhnt.
man darf nicht mit ihm schimpfen, ihn nicht auf den platz schicken wenn er was angestellt hat, ....
besonders ein problem haben wir, er klaut immer wieder sachen vom tisch (wenn wir da sind oder auch nicht)
das ist sehr ärgerlich, besonders wenn es wurst in verpackung ist, weil die ja nicht unbedingt gut für ihn ist.
er lässt sich aber nix wegnehmen, sondern schnappt. (sogar bei meinem vater der im prinzip als rudelführer geachtet wird)
kann man ihm das irgendwie abgewöhnen ohne sich beißen zu lassen? :o
ich hab angst das er immer dominanter wird, und das ist bei einem 70 kilo hund nicht unbedingt gut!
 
yessy schrieb:
er lässt sich aber nix wegnehmen, sondern schnappt. (sogar bei meinem vater der im prinzip als rudelführer geachtet wird)
kann man ihm das irgendwie abgewöhnen ohne sich beißen zu lassen? :o
ich hab angst das er immer dominanter wird, und das ist bei einem 70 kilo hund nicht unbedingt gut!

Wenn der Hund seinen sinnvollen Rang, also nach den Menschen, in der Familie nicht kennt, ist das ein echtes Problem -- und wenn auch in den allermeisten Fällen, wo ein Hund "seine" Sachen verteidigt, nicht die verkehrte Rangordnung das Problem ist, sondern fast immer "nur" ein Vertrauensmangel vorliegt, so würde ich in diesem speziellen Fall Deiner Beschreibung nach doch ein Rangordnungsproblem keinesfalls ausschließen.

Einen Versuch, in Richtung Vertrauensaufbau zu arbeiten, ist es aber allemal wert. Das ist, was Objektbesitz angeht, meiner Erfahrung nach am besten mit "Tauschen" zu schaffen:

Ziel ist es, dem Hund durch die wiederholte Erfahrung zu vermitteln, daß man ihm "seine" Sachen nicht streitig macht -- das klingt natürlich erstmal widersinnig, weil es ja eigentlich genau darum geht, ihm etwas wegzunehmen!

Die Crux an der Sache ist aber, daß der Hund begreift, daß es für ihn nicht sinnvoll ist, seine Sachen gegen Menschen zu verteidigen, weil er damit besser fährt. Das kann man anfangs nur damit erreichen, daß man gibt, gibt, und wieder gibt.

Konkret gibt man dem Hund erstmal etwas nicht so interessantes, z.B. einen Büffelhautknochen. Das Tier sollte aber wohl ein Interesse an dem Ding haben.

Hat der Hund diese Sache nun "in Arbeit", nähert man sich, ausgerüstet mit einer noch interessanten Sache, z.B. einem getrockneten Pansenstreifen und winkt ihm freundlich damit. Wenn der Hund sich nicht bereits rangmäßig deutlich überlegen fühlt (und nur dann hat diese Methode Sinn -- wie gesagt, bei einem ausgewachsenen Rangordnungsproblem wird man mit Vertrauensaufbau nicht weiterkommen, da ist zuerst mal diese Sache zu regeln!), wird er sich nun für den Pansentreifen interessieren.

An dem Punkt ist natürlich auch einiges an Feingefühl erforderlich, denn der Hund ist ja auch noch immer an der Sache interessiert, die er bereits besitzt! Jedenfalls geht es nun darum, den Hund zu "überreden", daß er einem die eine Sache im Tausch gegen die noch interessantere Sache überläßt. Wie man dem Hund klar macht, daß er nun etwas noch besseres bekommt, wenn er das andere hergibt, hängt vom Hund und seiner Reaktion auf das Tauschangebot ab, das kann man nicht pauschal sagen, aber wenn es erstmal gelingt, hat man schon so gut wie gewonnen. Doch weiter im Text: Natürlich muß der Hund verstehen, daß es um einen Tauschhandel geht, also nicht einfach das zweite Objekt hergeben, sondern den hund gleichzeitig damit locken und (mit der anderen Hand) vorsichtig und langsam nach dem ersten Objekt greifen, das zu dem Zeitpunkt idealerweise bereits fallengelassen wurde.

Schnappt der Hund nun in Richtung des ersten Objektes, gibt man unbedingt nach, natürlich kann man dabei schon einen kurze akustischen Hinweis geben, daß das nicht erwünscht ist, aber es sollte eben allenfalls ein ganz kurzes Signal sein, keineswegs eine Moralpredigt, auch ist wichtig, sofort wieder freundlich zu sein und vor allem das Tauschobjekt, mit dem man den Hund gerade zu "bestechen" versucht, wieder interessant zu machen. Und gleich nochmal die ganze Prozedur!

Gelingt der Tauschhandel, läßt man den Hund nun erstmal das begehrtere Ding verspeisen und gibt ihm dann auch noch das erste Objekt zurück. So gewinnt der Hund nach mehreren Wiederholungen dieser Übung das Vertrauen, daß man ihm nichts streitig macht, sondern er eben im Gegenteil durch Hergeben einen persönlichen Vorteil erzielt.

Ein ähnliches Spielchen kann man auch mit Futterschüsseln veranstalten, indem man z.B. die Hauptmahlzeit auf mindestens 2 (von einander deutlich entfernt aufgestellte, aber in Sichtweite zueinander befindliche) Schüsseln aufteilt und dann, wenn der Hund an eine der Schüsseln fressen geht, selbst zu einer der anderen Schüsseln geht, um dort demonstrativ noch etwas besonders Feines dazuzugeben (rohe Sachen z.B., weil das der Hund auch gut riechen kann). Kommt der Hund nun zu dieser Schüssel, geht man zur anderen, um dazuzugeben. Der Hund wird so rasch merken, daß man sich seinen Pötten nicht nähert, um zu nehmen, sondern um zu geben. Man kann dann (nach eigenem Gefühl) die Schüsseln immer näher zueinander aufstellen und das ganze immer wieder durchführen, bis der Hund sich irgendwann regelrecht freuen wird, wenn man zu seiner Schüssel kommt, sogar wenn er gerade frißt.

Soweit die Theorie in kurzen Worten :D Ich denke, das Prinzip sollte klargeworden sein: Mensch nähert sich dem Hund, der etwas besitzt, aber statt der vom Hund erwarteten "Beraubung" erhält dieser noch mehr gute Sachen.

Trotzdem nochmal mein "Disclaimer": Wenn es sich um ein echtes Rangordungsproblem handeln sollte, nicht um Vertrauensmangel, kommt man so zu keinem Erfolg. Außerdem sind Ferndiagnosen nicht möglich, im Falle von gröberen Problemen, bei denen der Hund vielleicht sogar richtig bedrohlich wird, muß unbedingt an Ort und Stelle jemand sachverständiger zu Rate stehen, da sollte man nicht selbst auf gut Glück "herumzutherapieren" versuchen!

Alles Gute jedenfalls von mir, ich hoffe, Ihr kriegt das bald in den Griff, aber es wird sicher einige Mühe und Geduld erfordern.
 
danke für die ausführliche schilderung, aber es dürfte sich glaub ich um ein rangordnungsproblem handeln.
er weiß zwar gott sei dank nicht, wie groß und stark er ist, sonst hätte keiner mehr ein chanze, aber es geht doch zu weit was ihm durch gelassen wird.
leider werde ich da nicht viel ausrichten können, da der hund meiner schwester gehört und sie sich immer persönlich angegriffen fühlt, wenn wer den hund belehrt oder mit ihm arbeitet.
(wir haben kein besonders gutes verhältnis und sie denkt offenbar, wenn sie den hund verwöhnt - und meinen immer unterbuttert - kann sie dadurch unser verhältnis beeinflussen)
vielleicht kann ich meine mutter dazu bewegen mal einen spezialisten zu befragen, ich denke es ist an der zeit, denn wenn ein hund einmal schnappt - und das nicht spielerisch - dann ist das zuviel.
 
Isegrim schrieb:
Ein ähnliches Spielchen kann man auch mit Futterschüsseln

sein futter ist kein problem, das kann ich ihm jederzeit wegnehmen, aber sobald es an gestohlene sachen und leckerchen geht (wurst, schweineohren, ...) kann man ihm nix mehr weg nehmen.
 
Tja, das hört sich wirklich beunruhigend an, vor allem die Verleugnung des Problemes, wie ich Deine Ausführungen deute -- ich will ihr beileibe nichts unterstellen, aber ich habe zumindest das Gefühl, daß sie sich da ein bißchen in die eigene Tasche lügt.

Alles Gute jedenfalls nochmal und hoffen wir, daß es eine Lösung gibt, bevor einmal etwas ernsteres passiert!
 
Und was macht man, wenn der Hund bereits das "beste" Objekt hat?
Das wird er wohl kaum gegen etwas "minderwertiges" eintauschen wollen, oder?
 
@Isegrim: Dein Text gefällt mir ausnehmend gut! So ähnlich hab ich meiner Hündin das Ballspielen beigebracht und zwar so, dass sie mir den Ball vor die Füße legt. Ich hab ihr nie den Ball weggenommen, sondern immer getauscht. Die Idee des Tauschens in der Hundeerziehung funktioniert wirklich gut und ich wende es immer wieder gerne an.

lg
Bonsai
 
Speervogel schrieb:
Und was macht man, wenn der Hund bereits das "beste" Objekt hat?
Das wird er wohl kaum gegen etwas "minderwertiges" eintauschen wollen, oder?
Es gibt immer was besseres oder was zumindest gleichwertiges :). Aber du solltest den Tausch auch ganz bewusst üben und dich für die Übung vorbereiten, so dass der Hund eben zu dieser Übrung nicht gleich das Beste bekommt.

lg
Bonsai
 
Speervogel schrieb:
Und was macht man, wenn der Hund bereits das "beste" Objekt hat?

Man läßt es ihm.

Speervogel schrieb:
Das wird er wohl kaum gegen etwas "minderwertiges" eintauschen wollen, oder?

Völlig korrekt!

Darum ist es ja erforderlich, wie übrigens bei den meisten unerwünschten Verhaltensweisen, sich und den Hund gezielt in eine Übungssituation zu bringen, wo eben kontrollierte Bedingungen herrschen. Sollte das aus meinem Text nicht herausgegangen sein, liegt das daran, daß ich wohl gleich ein Buch schreiben könnte, würde ich immer alle Randbedingungen hier miteinbeziehen -- vielleicht mach ich das aber ja auch noch irgendwann einmal :D
 
Isegrim schrieb:
Tja, das hört sich wirklich beunruhigend an, vor allem die Verleugnung des Problemes, wie ich Deine Ausführungen deute -- ich will ihr beileibe nichts unterstellen, aber ich habe zumindest das Gefühl, daß sie sich da ein bißchen in die eigene Tasche lügt.

du deutest das vollkommen richtig, leider lässt sie sich wie gesagt nciht viel reinreden in ihre erziehung (meinem schatz kann ich alles immer wegnehmen :D stolzbin :D )
mittlerweile hat er zum 3ten mal in 2 wochen geschnappt und zwar so das sie blaue flecken und abschürfungen hat, ich finds einfach nimmer lustig, es bringt nix sich immer rauszureden - heute wieder, er nimmt was, lässt sich nix wegnehmen, ich sprech sie darauf an und bekomm nur "er kann nur was nehmen wenn er dazu kommt" das hat aber mit dem eigentlichen problem nix zu tun!)
naja, vielleicht ist meine mutter ja mal vernünftig (bei mir ist das etwas schwierig - hab mit meiner familie nicht das beste verhältnis, da muss ich immer eine gute gelegenheit habwarten)

danke auf jeden fall!!
 
@ Isegrim

Danke für einen wirklich sehr gelungenen und ausführlichen Beitrag!

Sowas, sollt's hier öfters geben.

Lg,Nina
 
Danke für die Erklärung, und ja, Isegrim, das Buch wäre sicher nicht schlecht!
Werde auch weiterhin versuchen, inspirierende Randbemerkungen zu schreiben, um Dir zu helfen ;)
Viel Erfolg!
Liebe Grüße,
Speervogel Birgit :)
 
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