Hallo meine Lieben,
wie die Zeit vergeht! Könnt Ihr Euch noch erinnern? Am 30. Mai bin ich
mit 34 g auf der Straße gefunden worden. Meine Pflegemama hat viele
Nächte mit mir verbracht. Stunden, wo sie mir langsam immer wieder ein
paar Tropfen Muttermilchersatz, Rehydration-Lösung und anderes
eingeflößt hat. Wie sie mich gestreichelt hat, weil ich ja ganz
alleine ohne Geschwister und ohne Mama war.
Und die Freude von ihr und EUCH, wie ich mich entwickelt habe,
zugenommen, die Augen geöffnet habe. Lang ist es her und auch wieder
nicht. Gerade einmal zwei Monate sind das!
Und heute? Heute bin ich genau
*trommelwirbel* 940 g schwer!
Tja, und das ist der Grund, warum ich mich wahrscheinlich zum letzten
Mal melde. Ich habe ja schon Feilandluft schnuppern dürfen. Nur die
naßkalten Tage habe ich wieder im warmen Stübchen verbracht. Aber
jetzt geht es in ein großes Freigehege. Meine Pflegemama sagt, daß ich
mich jetzt endlich abnabeln muß.
Vor ein paar Wochen, wie ich meine Zähne bekommen habe, habe ich die
ersten Würmer gekostet. Das war neu, da haben sie mir ja geschmeckt.
Jetzt mag ich keine mehr. Und das macht meiner Pflegemama Sorgen.
Wovon soll ich denn draußen leben? Alle meine Kollegen sind ganz
gierig drauf. Pfff, das verstehe ich nicht! Und deswegen MUSS ich
jetzt draußen bleiben, bekomme weniger zu fressen und werde meine
Ernährung auf Würmer, Käfer etc. umstellen müssen. Sonst wird es
problematisch mit der Freiheit. Und für die Freiheit bin ich ja
eigentlich geboren - sagt Pflegemama.
Was ich dazu sage? Mir macht es nach wie vor Spaß, mit meiner
Küchenrolle am Kopf spazieren zu gehen. Heute ist eine Dame da
gewesen, die wieder leckeres Futter geliefert hat (Pfeif auf die
Würmer!
*ggg*). Die hat auch so gelacht, wie ich die Röhre aufgesetzt
habe. Und obwohl ich normalerweise gar nicht pfauche, habe ich es doch
getan, weil sie mir mein Spielzeug weggenommen hat! Schnell habe ich
es wieder gehabt. Ich sag ja, ich kann mich ganz schon durchsetzen.
Mal sehen, wie es in meinem Leben weitergeht, was es noch alles zu entdecken gibt.
Eine Bitte habe ich noch zum (vorläufigen?) Schluß:
Vergesst mich nicht! Nicht meine Geschichte, nicht, daß es viele,
viele Igelchen wie mich gibt, die Hilfe brauchen, die Waisen werden
durch Rasentrimmer, Autos, Kellerstiegen, Mistgabeln, Schneckenkorn
und vieles mehr.
Und vergesst bitte nicht, daß wir nur eine zweite Chance bekommen,
wenn es Menschen gibt, die uns aufheben (NUR WENN NÖTIG!!), und zu
Menschen bringen, die uns aufziehen können. UND: daß es auch Menschen braucht,
die ein bißchen Geld hergeben, damit alles was man zum Aufziehen
braucht, angeschafft werden kann. So eine Igelstation kostet nun mal
ganz schön.
Nur deshalb gibt es mich und viele andere! Wenn Ihr einen Igel im
Garten seht, kann es leicht sein, daß auch er einmal Hilfe gebraucht
hat, und nur deshalb da ist, weil ihm geholfen werden konnte!
So, nun werde ich wieder mein Freiluft-Quartier beziehen. Und ich
verspreche es: ich werde mich wirklich bemühen und die Würmer und Käfer
probieren. Vielleicht gewöhne ich mich ja doch noch dran! Wenn nicht,
schreibe ich Euch wieder! Hihihi!
Liebe Grüße
Eure GROSSE Wunzig