HIRSCHFELD, J. (2005)
Aus dem Institut für Tierschutz und Verhalten
(Heim-, Labortiere und Pferde)
der Tierärztlichen Hochschule Hannover
Untersuchung einer Bullterrier-Zuchtlinie auf Hypertrophie des
Aggressionsverhaltens
Bei dieser Arbeit handelt es sich um die Untersuchung einer Bullterrier-Zuchtlinie,
repräsentiert durch 38 Hunde, auf das Vorhandensein inadäquaten oder gestört aggressiven
Verhaltens, bzw. einer Hypertrophie des Aggressionsverhaltens. Alle Hunde wurden nach den
Richtlinien des Wesenstests nach der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung (GefTVO)
vom 05.07.2000 getestet. Zusätzlich wurde eine ausgewählte, zusammenlebende Gruppe im
innerartlichen Kontakt beobachtet.
Die Ergebnisse des Hund-Mensch und Hund-Umwelt-Kontaktes des Wesenstests wurden mit
denen von 415 Hunden, welche unter die oben genannte Verordnung fielen (MITTMANN
2002) sowie mit denen von 70 untersuchten Golden Retrievern (JOHANN 2004) verglichen.
Weiterhin wurde ein Vergleich der Ergebnisse des HUnd-Hund-Kontaktes des Wesenstests
mit den Ergebnissen von 347 wiederum unter die betreffende Verordnung fallenden Hunden
(BÖTTJER 2003) gezogen. Untersucht wurde dabei, ob Hinweise auf signifikante
Unterschiede in der Häufigkeit des Auftretens von inadäquatem oder gestört aggressivem
Verhalten zwischen den von MITTMANN (2002) und JOHANN (2004) untersuchten Hunden
und den getesteten Bullterriern vorliegen. Der Vergleich mit den Ergebnissen von BÖTTJER
sollte über eine mögliche signifikante Häufung des Aggressionsverhaltens im
innerartlichen Kontakt Aufschluß geben. Die intensivere Betrachtung des innerartlichen
Kontakts diente der Beantwortung der Frage, ob die getesteten Bullterrier zur Bildung einer
harmonischen und stabilen innerartlichen Gruppe fähig sind.
Von den 38 untersuchten Bullterriern dieser Studie zeigten 10 Hunde keinerlei aggressives
Verhalten, die höchste von ihnen erreichte Skalierung war somit 1. 27 Hunde zeigten
höchstens akustisches und/oder optisches Drohverhalten. Nur ein Hund hatte im Test mit
„Beißen, bzw. Angreifen mit vorherigem Drohverhalten“ reagiert. Nach den Richtlinien des
Wesenstests reagierten somit 37 Hunde (97,37 %) im Hund-Mensch und Hund-Umwelt-
Kontakt des Wesenstests in allen Testsituationen angemessen, lediglich ein Hund (2,63 %)
zeigte inadäquat aggressives Verhalten. Der Vergleich zwischen dem inadäquat aggressiven
Verhalten der Bullterrier und dem inadäquaten und/oder gestört aggressiven Verhalten der
Hunde der beiden anderen Studien im Hund-Mensch und Hund-Umwelt-Kontakt des
Wesenstests ergab somit keinen signifikanten Unterschied.
Von den 38 getesteten Hunden zeigten 25 (65,79 %) im Hund-Hund-Kontakt des Wesenstests
keinerlei aggressive Signale. Mit „stationärem Drohen“ reagierten 9 Hunde (23,68 %).
Weitere vier Hunde (10,53 %) zeigten „nicht stationäres Drohen“. Somit reagierten alle
Bullterrier in jeder der Testsituationen des Hund-Hund-Kontaktes der Situation angemessen.
Es ergab sich kein signifikanter Unterschied zu den Ergebnissen der von BÖTTJER (2003)
untersuchten Hunde.
Das Verhalten der Beobachtungsgruppe im innerartlichen Kontakt wurde anhand von
insgesamt 1000 ausgewerteten Dyaden bewertet. Dabei entfielen 615 Dyaden (61,50 %) auf
die Verhaltenskategorie der Sozialen Annäherung. Weitere 182 Dyaden (18,20 %)
entstammten dem Sozialen Spielverhalten und 81 Dyaden (8,10 %) dem Sexualverhalten.
Hingegen entfielen auf die Agonistik, welche als Teilbereich das offensive und defensive
Aggressionsverhalten umfaßt, lediglich 31 Dyaden (3,10 %). Damit ist sowohl der Anteil der
Dyaden der Sozialen Annäherung und der des Spielverhaltens als auch jener des
Sexualverhaltens höchstsignifikant (p< 0,0001) höher als der der Agonistik.
Mithin hat diese Untersuchung keinerlei Hinweise auf ein inadäquat oder gestört aggressives
Verhalten bzw. eine Hypertrophie des Aggressionsverhaltens bei dieser Bullterrier-Zuchtlinie
ergeben. Tatsächlich zeigte sich hingegen die weit überwiegende Mehrheit der Hunde
während der gesamten Studie sowohl sozial kompetent, als auch zur Kommunikation und
Konfliktlösung befähigt.