Herr Mayer, keiner hat behauptet dass es "nur" eine Dominanzgeste sein muss - es kann auch etwas Anderes sein.
Nun, da sich Dein voriges Posting ausschließlich um Dominanz und die angeblich darauf folgenden gewalttätigen und aggressiven Reaktionen von Hunden auf das Aufreiten handelte, kann ich natürlich bei Dir nicht von einem weiter gesteckten Horizont ausgehen.
Na dann solltest du dir mal überlegen wie die Reaktion eines von der Hündin dominierten Hundes aussähe - er würde sich - wenn er nicht unterlegen sein will - mit Gewalt wehren, mit knurren, notfalls mit den Zähnen!
Ich habe noch niemals einen Hund gesehen der von einem anderen bestiegen wird der auf so eine derbe Aufsteigaktion einfach nur weggeht ohne sich zu wehren, es sei denn es wäre ein extrem niedriger Hund der dann mit sich geschehen lässt und dabei den SChwanz einzieht - aber in dieser Position will sich Mensch ja nu nicht sehen denke ich mal....
Dann hast du offensichtlich noch nicht sehr viele Hunde gesehen. *lol*
Denn - unabhängig vom "Rang" eines Hundes - den es ja in Wahrheit nur in einem echten sozialen Verband geben kann - reagieren sehr viele Hunde durchaus neutral und/oder beschwichtigend auf den Beginn einer derartigen "Unhöflichkeit". Kein gut sozialisierter Hund würde sofort mit heftiger Aggression auf den "Anmaßenden" losgehen. Aggressives Wegbeißen geschieht eher selten - und in den meisten Fällen mit gehemmter Aggression, d.h. es sieht in Wahrheit viel wilder aus, als es tatsächlich ist. Außerdem muß man das Aufreiten sehr wohl kontextbezogen sehen; wenn eine Hündin beim Rüden aufreitet, ist das was anderes, als wenn dies ein Rüde bei einem Geschlechtsgenossen versucht, obwohl es auch da nur selten - wenn überhaupt - eine ranganzeigende Geste ist. Ranganzeigende Gesten unter gleichgeschlechtlichen Hunden sind u.a. viel mehr das Auflegen des Kopfes oder der Pfote auf den Rücken des Kontrahenten in der T-Stellung.
Eine soziale Interaktion zwischen Mensch und Hund hat jedoch sicher nichts mit höherer oder niederer Position zu tun.
Hunde setzen ihre Prioritäten - wenn man sie lässt - mit Gewalt durch. Sie müssen sich darüber nicht bewußt sein - sie tun es einfach - wenn man sie lässt.
Ist dem tatsächlich so? Oder ist das nur die Vorstellung jener, deren Weltbild von Dominanzbestrebungen der Hunde und der Angst vor deren unbändiger Aggression geprägt ist?
Bestrafung wäre wenn ich ihn dann noch zusätzlich im Viereck rumschleudern und verprügeln würde - DAS wäre etwas was Hund nicht mehr verbindet und nicht mehr kapiert.
Deine - von menschlicher Vorstellung - geprägte Definition von Bestrafung lassen wir besser mal zur Seite und widmen uns jener, welche verhaltensbiologisch und lerntheoretisch die Korrekte wäre:
Eine (positive) Bestrafung bedeutet das Hinzufügen von etwas dem Hund Unangenehmen, um ihn von unerwünschtem Tun abzuhalten bzw. einen Verhaltensabbruch zu erreichen. In diesem Sinne wäre es also eine Bestrafung, den Hund fliegen zu lassen. Wir bestrafen den Hund also für ein Verhalten sehr heftig (und - wie ich zugeben muß - sicher auch wirkungsvoll), ohne den wahren Grund dafür erkannt zu haben.
Wie aus dem Hundetraining über positive Verstärkung vielleicht bekannt sein sollte, ist der beste Moment für lernbiologisch relevante Vorgänge jener, in dem das Verhalten stattfindet bzw. unmittelbar danach (0,5 - max. 1 Sekunde). Was wir aber auch wissen sollten ist, daß das Ignorieren von manchen unerwünschten Verhaltensweisen beim Hund ein besserer und nachhaltigerer Weg ist, um derartige Verhaltensweisen wieder loszuwerden.
(Wir reden übrigens immer noch von einer unerwünschten Verhaltensweise, obwohl wir - Du - deren Ursache noch gar nicht kennen).
Ausserdem hat Reaktion nichts mit Bestrafung zu tun. Wenn mich ein Hund bespringt und ich ihm spontan ins Seitenfell greife, ihn daran zurücknehme, dabei aufstehe und mit grimmigem Blick SCHLUSS sage - ist das einfach Reaktion - nicht Bestrafung.
Tatsächlich wäre diese Reaktion eine wirksame Bestrafung im lernbiologischen Sinne. Abgesehen von den verschiedenen möglichen (Gegen)-Reaktionen eines Hundes, dem ich derartig grob ins Fell greife.
Besser wäre es also, den Hund in so einem Moment nicht anzugreifen. Wir wissen (bzw. Du weißt) ja noch immer nicht, warum die Hündin das Verhalten des Aufreitens überhaupt zeigt. Fraglich für mich ist sowieso, warum man - eigentlich harmloses, aber das weißt Du ja noch nicht - Verhalten derartig grob und aggressiv unterbinden sollte.
Aber Auf eine AKtion hin einfach zu reagieren - ist völlig natürlich und ok.
Die Frage ist aber, welche Aktion diesem Verhalten gegenüber denn angemessen wäre? Wenn man eine sexuelle Aktivität hinter dem Aufreiten vermutet oder gar Angst davor hat, daß der Hund sich über einen erhebt, "verstehe" ich natürlich eine relativ heftige Gegenreaktion des Hundehalters. Beide vermuteten Gründe lassen mich jedoch einen Blick auf ein relativ einfaches (um nicht zu sagen armseliges) Weltbild eines Hundehalters über die möglichen Motivationen ihrer Hunde erhaschen.
Die Ursachenforschung ist eine Andere! Wie oben erwähnt kann es natürlich auch eine Übersprungshandlung sein und so weiter...
Aber zuerst hauen wir mal hirnlos so drauf, daß der Hund "fliegen lernt". Nach solchen Einwirkungen braucht man sich natürlich nachher keine Gedanken mehr um die Ursachenforschung zu machen.
Nur das ändert nichts an der Tatsache dass man sich diese Geste - was auch immer sie ist - nicht gefallen lassen muss und sollte!
Ich stimme Dir insoferne zu, daß auch ich dieses Verhalten unterbinde. Es ist nur eine Frage des "Wie".
Es ist ein Eingriff in meine Privatsphäre - ein Übergriff des Hundes!
Sowohl Hunde als auch Menschen haben einen gewissen Höflichkeitsabstand um sich - wird der überschritten - sei es von Mensch oder von Hund - hat man das Recht sich entsprechend zu distanzieren.
Tatsächlich hat es - aus Hundesicht - NICHTS von alledem zu bedeuten.
Denn in den meisten Fällen ist das Aufreiten - vor allem das beim menschlichen Sozialpartner - eine Art Streßabbau durch eine Übersprungshandlung bzw. durch ein Verhalten, welches dem Hund einen kurzfristigen Abbau seiner inneren Spannungen ermöglicht. Ein Vorgang, der für den Hund durchaus befreiend ist. Manche sagen auch, dieses Verhalten wäre lustbetont, obwohl es rein gar nichts mit dem menschlichen Verständnis von "Lust" zu tun hat - außer man verspürt das befreiende Gefühl als "lustvoll", wenn man endlich nach längerer Zeit die Gelegenheit bekommt, einem dringenden menschlichen Bedürfnis der Entleerung nachzukommen.
Daß ein Hund beim Unterbrechen dieses befreienden Spannungsabbaus mit leichten Unmutsäußerungen reagieren kann, halte ich im Normalfall nicht für ernsthaft bedrohlich. Allerdings würde ich dieses Verhalten in jenem Fall möglichst schon im Ansatz bestimmt, aber ruhig unterbinden.
MfG, Andreas MAYER