4 Wochen Jakobsweg mit 3,5 kg Hund

Boah, voll spannend irgendwie!

Ich wünsch euch eine ganz tolle Erfahrung und möglichst angenehmes Wetter und bin schon gespannt wie ein Pfitschipfeil, was du danach erzählst. Machst eh Fotos, oder?!
 
Bin zwar nun schon zu spät, aber trotzdem wünsch ich Dir aus ganzem Herzen einen schönen und erfüllten Jakobsweg und das ihr alle, Zwei- und Vierbeiner wieder gesund nach Hause kommt.

Ultreia!!!
 
Soooo, spät aber doch, der versprochene Bericht!

Gehzeit: 10 Tage
zurückgelegte Kilometer (in etwa): 250

Die Route:

Purkersdorf–Göttweig
Göttweig–Melk Wachauer Jakobsweg
Südliches Waldviertel (Nibelungengau, Melk–Persenbeug/Gottsdorf) Persenbeug–Sankt Pantaleon

Tag 1:

Start: 08:00

Mit der U-Bahn gings zum Westbahnhof und von dort weiter mit dem Zug nach Purkersdorf. Hier musste ich feststellen, dass es durchaus mühsam sein kann, wenn man sich nach einem Jakobsführer orientiert, dessen letzte Auflage im Jahr 2008 gedruckt wurde. Mit etwas Rumfragen und selbstständigem Kartenlesen fand ich dann die richtige Route und rauf ging's zum Troppberg. Anschließend weiter zur Kosteruine und siehe da: ich habe das erste Jakobsschild entdeckt! Die Freude war riesig, ich musste gleich inne halten und ein Foto machen.

Nach einer unendlich schönen Waldstrecke ging's weiter Richtung Ried am Riederberg, hier fing die Beschilderung für den Jakobsweg nun eindeutig an. Ried ließ ich hinter mir und weiter gings nach Siegersdorf. Dort war ich kurz davor, in einer Pilger-Selbstversorgerhütte einzukehren, weil ich bereits 9 Stunden unterwegs war und nicht wusste ob ich noch eine weitere Unterkunft finde. Essen und Trinken war bereits aufgebraucht, aber ich war viel zu neugierig, was noch kommt und ging weiter. In Würmla war dann endlich Ende. Dies ist auch laut Jakobsführer das Ende der ersten Tagesetappe. Mit viel Glück fand ich nach 11 Stunden Gehzeit eine Unterkunft. Essen gabs keines, aber ein Bett und eine Dusche.

Nach einer unruhigen Nacht gabs vom Besitzer des Hauses ein ausgiebiges Frühstück und 3 Tassen Cafe und dann gings weiter durch Langmannersdorf und St. Andrä an der Traisen und Endziel der Etappe (für mich - laut Plan wärs noch weiter gegangen) war dann Herzogenburg. Auch Tag 2 war wieder eine wunderschöne Strecke, da es durch verschlafene Dörfer und schlussendlich zwei Stunden an der Donau entlang ging. Die Hunde konnten sich im Wasser abkühlen und man sah schon von weitem Stift Herzogenburg und wusste: man ist richtig!

Die Unterkunft für Nacht Nr. 2 war gelinde gesagt...äh....grenzwertig :o

Anfangs wusste nicht, ob ich in ein Stundenhotel oder eine Pension eingekehrt bin. Wär mir grundsätzlich ja auch wurscht gewesen, wenn das Klo nicht so gestunken, der Abfluss nicht getropft und der Fernseher funktioniert hätte :cool: Ich bin dann nach einer schnellen Dusche (das Wasser in der Duschtasse stieg und stieg unaufhörlich :eek: ) Richtung Dorfplatz marschiert, hab mir eine Pizza und einen Radler gegönnt und hab den Tag müde und zufrieden Revue passieren lassen.

Trotz des schrecklichen Zustandes des Zimmers muss ich dem Besitzer ein Kompliment aussprechen. Er hat mich morgends mit dem Auto mit zum Hofer genommen und ich hab mir somit 2 km Wegzeit erspart.

Da die Pension gleich neben dem Stift Herzogenburg lag hab ich mir natürlich gleich am Morgen alles genau angesehen.

Und dann gings weiter nach Paudorf - Furth an der Donau und Ende war dann am Tag drei in Mautern an der Donau. Hier musste ich frühzeitig bereits am NM die Route für den Tag beenden und mit Luna zum Tierarzt gehen. Nach einer Gehzeit von 6 Stunden fing sie an zu humpeln und langsamer zu werden. Tierarzt hat erstmal ihre Musekln und ihre Kondi gelobt, dann aber erwähnt, dass ihre X-Haxen sie leider nicht bis Tirol bringen werden :o Es gab eine doppelte Dosis Schmerzmitteln, Homoöpathisches und die Info, dass wir wohl noch ne Woche schaffen werden...

Gut, dass wir an diesem Tag bereits am NM eingekehrt sind, denn am nächsten Tag gings in den Dunkelsteiner Wald. Ein Wahnsinn! 7 Stunden purer Wald. Keinen einzigen Menschen haben wir getroffen. Kein Auto hört man. Nichts. Nur Natur und diese nahezu unberührt. Teilweise sehr verwilderte Wege (lange Hose sehr zu empfehlen :cool: ) und hier kam dann doch hin und wieder der Wunsch auf, dieses tolle Gefühl gerne mit jemanden teilen zu wollen...

Nach diesem wunderschönen Erlebnis gings wieder Richtung Donau nach Aggsbach, wo gleich neben meiner Pension das ehemalige Kartäuser Kloster liegt. Vorher bin ich noch in einem super schönen Lokal in Maria Langegg eingekehrt, dort wurden die Hunde vom ganzen Lokal bewundert, mit Wasser und Keksen beschenkt und mir wurde viel Glück für die weitere Reise gewünscht.

Kurz vor Aggsbach habe ich noch von drei alten Damen, die gerade im Vorgarten saßen und die letzten Sonnenstrahlen genossen haben, frisches Wasser, Orangensaft und schlussendlich ungläubige Blicke geerntet, als ich erwähnt habe, dass ich von Wien zu Fuß hier her gekommen bin :)

Die Strecken sind immer wieder mit unglaublich schönen, unberührten Waldstrecken versehen, so gut wie immer findet man eine Quelle, einen Bach oder gar einen kleinen See um die Hunde und sich selbst abzukühlen.

Nach einem ausgiebigem Frühstück wurde dann das alte Kartäuer Kloster begutachtet. Wahnsinn, was für eine Stimmung von dort ausgeht. Man wird automatisch andächtig, still und lässt diese alten Mauern und Gebäude auf sich wirken. Anschließend gings wieder durch den (unwegsamen) Wald weiter nach Schönbühel an der Donau, dort habe ich zwei Schweizer Pilgerinnen kennengelernt, mit ihnen bin ich die nächsten zwei Tagesetappen gegangen. Das tat gut. Mal jemand zum Plaudern, Geschichten und Erfahrungen austauschen.

Ende der Etappe an Tag 6 war in Leiben. Die letzten 2 Stunden dieser Etappe waren mühsam, heiß und anstrengend. Es ging bergauf über Wiesen und Felder, pralle Sonne und weit und breit kein Wasser oder Schatten in Sicht. Und das nach bereits 7 Stunden Gehzeit :cool:

Der Wirt in Leiben ist leider nicht weiterzuempfehlen. Ein ungläubiger Blick, als er mich mit zwei Hunden einkehren sieht. "Die Hundsviecha muass i do oba ned ham!"

Nach 9 Stunden Gehen, verschwitzt, durstig, hungrig, müde solch ein Kommentar zu hören macht traurig.

Ich musste schlussendlich 3 x betäuern dass meine Hunde stubenrein sind und als er mir dann das Zimmer zeigte konnte ich es mir nicht nehmen lassen, zu sagen: in diesem Zimmer, auf diesem Teppich, wäre Hundepisse wohl das geringste Übel :eek:

An Tag 7 gings weiter nach Artstetten - Maria Taferl - Marbach a.d. Donau und schlussendlich nach Ybbs an der Donau. Hier gabs leider keinen Wald, dafür jedoch viel zu sehen. Maria Taferl hat eine wunderschöne Kirche (unbedingt ansehen) und dann gehts immer den Donauradweg entlang nach Ybbs. Ich bin mit den Hunden in der Donau schwimmen gewesen, hab mir zwischendurch immer wieder die Schuhe ausgezogen und bin in Flip Flops herum spaziert, hab mit Leuten geplaudert, weil man wirklich immer wieder aufgrund des Gepäcks darauf angesprochen wird, ob man den Jakobsweg geht.

Schlussendlich fanden wir in Ybbs einen super lieben Wirten, der extra außerhalb der Öffnungszeiten die Pension für uns aufgesperrt hat und irgendwann sind die Schweizerinnen auch eingekehrt und es wurde eine feucht-fröhliche Nacht mit den Stammgästen des Lokals :o

Tag 9 führte mich nach Neustadtl an der Donau, hier war aufgrund der Hitze, Lunas Gehumple und der extem langen Etappe bereits wieder Ende. Kurz vor meiner Pension, wieder mal ohne Trinken oder Essen und Luna bereits in den Rucksack verfrachtet, traf ich noch auf eine super liebe Familie, die mich mit Weißwein versorgt hat und mich fragte: Warum macht das denn?

Und genau in solchen Momenten wusste ich, warum ich es mache: Eben genau deshalb, habe ich gesagt. Um mit unbekannten Menschen zu plaudern, Wein zu trinken und das unkomplizierte Leben zu genießen.

Tag 10 haben wir uns dann eine Abkürzung erlaubt. Leider war aufgrund der Abkürzung die Strecke absolut langweilig, mühsam und schlussendlich kam sie mir wohl länger vor, als wäre ich den Weg, der im Jakobsführer beschrieben wird, gegangen. Wir sind nämlich dem Radweg an der Bundesstraße gefolgt. 6 Stunden lang. Pralle Sonne, kein Schatten, kein Wasser. Und an diesem Tag habe ich dann auch beschlossen, es gut sein zu lassen. Luna schlich nur noch hinter mir, hatte sichtlich keinen Spaß mehr und vielleicht sogar Schmerzen. Ich musste sie laufend motivieren, immer wieder in den Rucksack setzen und ständig Pausen machen. Das ist für mich irre anstrengend gewesen, denn wenn man seinen Gehrhytmus mal gefunden hat, dann möchte man gehen, gehen, gehen. Auch das Rauf- und Runternehmen des Rucksacks ist extrem mühsam.

Wir haben uns dann in Wallsee noch ein Zimmer genommen, um zu duschen und zu später Stunde hat mich dann ein Freund abgeholt.

Und dann der Schock schlechthin: 1 3/4 Stunden später sitzt man wieder in Wien, in seiner Wohnung und weiß nicht wohin mit all dem Erlebten :o

Fazit:

Ich gehe weiter!

im Frühling starte ich bei Linz und dann gehe ich bis Tirol. Luna bleibt allerdings zu Hause.

Für Jack war es das reinste Paradies. Der hat in diesen 10 Tagen so gut wie nie eine Leine gesehen. Er hat keinen einzigen Hund verbellt, er hat aufs Wort gefolgt, Winseln gabs nur, wenn er wirklich mega aufgeregt war (in Wien kann er das ja ständig ...), in den Unterkünften waren beide super brav. Sind alleine geblieben ohne mit der Wimper zu zucken, haben fremde Hunde ignoriert...Das Landleben ist für mich und (meine) Hunde wohl schon sehr reizvoll.

Mir hat es gezeigt, dass man wirklich einfach drauf los gehen kann (zumindest in Ö). Es gibt immer irgendwo ein freies Zimmer, man findet mal freundlichere, mal unfreundlichere und selten aber doch wirklich liebenswerte Menschen. Und man lernt, mit all diesen Charakteren umzugehen ohne irgendwas persönlich zu nehmen. Man entwickelt eine unglaubliche Stärke in jeglicher Hinsicht.

Man muss sich dessen bewusst sein, dass man all die Eindrücke, all das Erlebte "nur" mit sich selbst teilt. Dass es Momente gibt, an denen das Heimweh furchtbar groß ist und dann wieder Momente kommen, an denen man gar nicht mehr zurück möchte.

Ich wäre gerne weiter gegangen, aber für mich war klar: entweder ich gehe diese Strecke mit meinen Hunden oder gar nicht.

Für die nächste Strecke stelle ich mich nun drauf ein, dass nur Jack mit kommt, dann ist es okay.

Puhhhh ist das lang geworden. Ich hoffe, das ist nicht zu mühsam, alles zu lesen.

Sollte jemand Fragen haben, jederzeit! Auch über Unterkünfte, genaue Etappen etc. kann ich gerne noch genauer Auskunft geben.

Bzgl. Kondition: Ich hatte an den ersten zwei Tagen einen Mords Muskelkater und Blasen an den Füßen. Und ab Tag 3 war alles vorbei. Kein Muselkater, keine Blasen, hätte Luna uns nicht gebremst, Jack und ich wären sicher mind. 11 Stunden täglich gegangen.

So, jetzt is aber genug!

Liebe Grüße und schönen Abend!

Hier noch der Link zu den Fotos:

http://www.wuff-online.at/forum/showthread.php?t=116761&highlight=jakobsweg+2012
 
hut ab, das tut sich heute wirklich nur noch selten wer an, aber ich bewundere dich fuer deine entscheidung, und auch den mut es zu versuchen. schade das deine maus nicht mithalten konnte.
 
Herzliche Gratulation zu deiner/eurer Leistung!

Ich bewundere und beneide dich um dieses Erlebnis, das ich leider nicht mehr schaffe (bin in meiner Jugend auch viel gewandert, z.B. Nord-Süd-Weitwanderweg).
Und danke für den Bericht und die schönen Fotos.

LG Ulli
 
Toller Bericht und tolle Fotos. Gratuliere auch zu der tollen Leistung.

Ich hab sehr oft an euch gedacht, wie weit ihr wohl schon seid und wie es euch geht.
Ganz große Klasse.
 
Ich muss gestehen, dass ich ein wenig "Ganslhaut" hatte beim lesen deines Berichtes! Ich beneide Menschen wie dich total! Einfach drauf los gehen und vorallem alleine! Sowas braucht Mut und Ausdauer! Toll gemacht!
 
Schließe mich an: Danke für den tollen Bericht und Hut ab!

P.S: Laabach/Gablitz/Troppberg bin ich auch oft. :)
Wie kommt man denn von Purkersdorf zum Troppberg?
 
*seufz* sooo schön hast du das geschrieben!

der neid frisst mich einerseits ein bisserl, andererseits freu ich mich total für dich und dein abenteuer. so etwas vergisst man sein ganzes leben nicht. :)
 
@Cony,
toll!!! Dein Bericht ist wunderbar und die Fotos sehe ich mir gleich mit an.

Ich kann dich mehr als gut verstehen, dass du solch eine Wandung gelaufen bist.

Das du ein Jahr Vorbereitungszeit hattest, "beruhigt" mich etwas:D. Ich dachte schon, ich wäre zu "vorbereitungssüchtig".
Wir (mein Mann und meine dann 10 Jahre alte Hüte-Hündin) werden im Mai 2013 einen kurzen Weg laufen. Der Steigerwalderhöhenweg hat eine Laufstrecke von 160-180 km. Je nach dem, wie man läuft.
 
:) Wunderschön geschrieben - Danke! Man fühlt sich richtig "mittendrin" im Geschehen.

Ich hoffe deine Luna hat sich gut erholt und du berichtest nächstes Jahr wieder! :)
 
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