Chef...Rudelführer...alles solche Schlagwörter in der Hundehaltung die eigentlich schon derart veraltet sind, dass es schon weh tut.
Bin ich als Hundehalter Teil des Rudels? Bin ich Hund um überhaupt Teil des Rudels sein zu können...Oder anders: Ist der Hund mein Untertan, mein ANgestellter, dass ich mich als Chef bezeichnen kann?
In zig Jahren hat sich zwischen Mensch und Hund eine Art Coexistenz entwickelt, in der Hunde sich mehr und mehr dem Menschen angenähert haben, sich ihm in vielerlei Hinsicht angepasst haben. Diese Anpassung beinhaltet auch, dass sich der heutige Haushund in das soziale Familiengeflecht seines Menschen einfügt und dort seine Position findet...manche mögen das auch als "Rang" bezeichnen...
Bei "schwachen", inkonsequenten Menschen bei denen sich der Hund nicht auf die Sicherheit dieses Familiengeflechts verlassen kann, kommt es vor, dass der Hund zu seiner eigenen Sicherheit einen der oberen "Ränge" belegt. Wenn er sich nicht auf seine Menschen verlassen kann, diese nicht im Stande sind ihm die soziale Sicherheit, eine gewisse, positive Art der Routine zu gewähren, dann muß er eben selbst darum schauen....
Traurig, wenn heutzutage immer noch die Meinung vorherrrscht, dass man Hunde (die eine derart hohe Sozialkompetenz haben, dass manch Mensch sich ein Scheibchen davon abschneiden könnt) mit den angesprochenen Leinenrucklern, Dominanzgehabe etc.. "erziehen" kann... wenn überhaupt dann entspreche das eher einer Art Unterwerfung als Erziehung.
Und wo ich bei Dominanzgehabe bin: WIeder so ein Schlagwort... Aber wie definiert sich dieses denn bittesehr? Vor allem in Bezug auf den Menschen?
Der Beginn aller Hundehaltung und Hundeerziehung sollte doch vielmehr das bereits angesprochene Vertrauen sein, dass der Hund mir ohne Zwang und "Dominanz" entgegenbringt. EIn guter Hundehalter ist in den AUgen seines Hundes sicher nicht dominant sondern viel eher weise. Weise, da er den Tagesablauf koordiniert, weil er den Hund vor Gefahren schützt, weil der Hund weiß, was er von seinem Menschen zu erwarten hat. Das ist auch der Grund warum sich die Hunde uns anschließen, warum sie befolgen, was wir von ihnen erwarten. Nicht aus Angst, sondern weil sie den Menschen für seine Kompetenz schätzen und froh darüber sind, nicht selber die Stellung des "ewig Wachsamen" innehaben zu müssen, nicht selber alles regeln müssen.
Aber was muß man dafür tun? Fair sein! Auch einmal von seinem hohen "Chefsessel" runter auf den Hund zugehen... Auch der hat einmal schlechte Tage... ja mei...Hund ist doch auch nur ein Mensch...
Man kann so einfach mit seinem Hund kommunizieren, ganz ohne negative Körperlichkeit, ja sogar ohne Worte... eine Art der Bindung entsteht...einer der größten Schritte in der Hundehaltung....der aber einfacher nicht sein kann... und wieder hat der Hund gelernt, dass ich als Leader vertrauensvoll bin und auch seine Bedürfnisse und Befindlichkeiten von mir wahrgenommen und respektiert werden.
Als Resultat kann ich mit einem Hund rechnen, der nicht permanent hinterfragt, sondern weiß, dass von mir gestellte Anforderungen für ihn leicht zu bewältigen sind und dass diese auch für ihn positiv sind.
Werde ich aber mit Leinenreissen, Unterwerfen usw... nie erreichen... zumindest nie sicher, da der Hund sich durch diverse Ausbildungsmethoden derart in negativen Stress versetzt, dass jedwede Vertrauensbasis schnell futsch ist und der Hund wieder "allein" ist.
Ich hab so ein Prachtbeispiel von Hund daheim...ehemaliger TH-Hund. Vertrauen in den Menschen....nöööö. Er hatte null Interesse an uns. Respekt vor nichts und niemandem und dabei gleichzeitig wahnsinnig unsicher sodass er immer mal wieder leicht zu kippen drohte. Anknurren und defensives Drohen standen an der Tagesordnung. Dominantes Chefgetue meinerseits hätte zur Folge gehabt, dass er sich tatsächlich bedroht gefühlt hätte und ein ANgriff zu erwarten gewesen wäre...
Mittlerweile "kämpfen" wir uns seit 9 Monaten durch mit dem Ergebnis, dass er nichts toller findet, als mit "seinen" Menschen zu spielen oder auch mal kuscheln (undenkbar noch vor wenigen Monaten). Dabei ist nicht immer alles "Hutschigutschi"... ist es ja unter Hunden auch nicht.... ab und an steht auch ein Donnerwetter an, wenn der jugendliche Übermut Überhand nimmt..Aber nach jedem Unwetter scheint auch wieder die Sonne...wieder eine Art der Beständigkeit auf die sich Hund verlassen kann
Wir besuchen auch die HuSchu und er läuft freudig wedelnd mit, stellt sich den AUfgaben und hat sichtlich Freude beim Erfüllen dieser. Ohne Ruckeln oder Humanic...DAs funktioniert einzig über die Vertrauensbasis die wir mittlerweile haben, darüber dass ich ihn versuche zu "lesen" und ihm auf spielerische Art zeige was ich von ihm will. Das geht soweit, dass er neue Aufgaben in windeseile lernt. Gestern hat er in 10 Minuten verstanden was das Kommando "Hier" (mit Vorsitz, also lt. Prüfungsordnung) bzw. "Bring" für ihn heißt. Es heißt für ihn nämlich, dass er der beste, tollste Hund überhaupt ist und sein Platz in unserem Familiengeflecht sicher ist...und das ist alles was er will.
Schöne Grüße, CM