http://www.wdr.de/tv/service/tiere/inhalte/990606_2.html
Sendung vom 6. Juni 1999
Tiere in Altenheimen
Von Gero Rueter
Tiere stärken die Lebensfreude. Viele Senioren wissen dies zu schätzen und haben sich für das Zusammenleben mit einem Tier entschieden. 1,5 Millionen Hunde- und 1,8 Millionen Katzenbesitzer in Deutschland sind über 60 Jahre. In wissenschaftlichen Studien und Praxisberichten werden folgende positive Wirkungen von Heimtieren auf das Wohlbefinden von Senioren nachgewiesen und beschrieben:
Physiologische Wirkungen
Senkung von Blutdruck durch Streicheln und reine Anwesenheit.
Muskelentspannung durch Körperkontakt.
Schmerzverringerung, Beruhigung und euphoriesierende Effekte durch Freisetzung von Beta-Endorphinen (Stabilisierung des Immunsystems) über erregungssenkendes Lachen und Spielen.
Allgemeine Verbesserung des Gesundheit durch Bewegung an frischer Luft, durch Spiele.
Psychologische Wirkungen
Förderung des emotionalen Wohlbefindens durch Akzeptiertwerden, Geliebtwerden, Bestätigung, Trost, Zärtlichkeit, spontane Zuwendung, Begeisterung.
Psychologische Streßreduktion, Beruhigung und Entspannung durch Wahrnehmungs- und Interpretationsveränderung von Belastung, „gelassenere“ Streßbewertung, Trost und Beruhigung, Aufwertung von kleinen Freuden.
Antidepressive und antisuizidale Wirkung durch Zusammensein und Gemeinsamkeit, Vertrauen und Vertrautheit, emotionale Zuwendung, Trost, Verantwortung, Freude, Lebendigkeit, Spontanität und Spaß.
Soziale Wirkung
Aufhebung von Einsamkeit und Isolation durch den Tierkontakt und durch die Kontakte, die über das Tier (z.B. beim Spaziergang mit dem Hund) entstehen. Das Tier gibt Gesprächsstoff.
Vermittlung von positiver sozialer Attribution. Tierhalter wirken auf andere Menschen sympathischer, offener und unverkrampfter.
Die positiven Effekte von Tieren werden in vielen deutschen Alten- und Pflegeheimen oftmals unterschätzt und nicht genutzt. Tiere, insbesonders Hunde und Katzen, werden in den meisten Seniorenheimen noch immer nicht erlaubt. Als Gründe werden Hygieneprobleme, Belästigung von anderen Heimbewohnern und eventuelle Mehrarbeit für das Pflegepersonal angeführt. Heimleiter z.B. in den USA und Großbritannien haben eine ganz andere Einstellung zu Haustieren in Heimen. Dort gehören mitgebrachte Tiere sowie zusätzliche Tiere für alle Heimbewohner ganz selbstverständlich dazu. In deutschen Heimen findet langsam ein Umdenken statt. In manchen Heimen sind mitgebrachte Kleintiere (Fische, Vögel) kein Problem, in einigen Seniorenheimen werden inzwischen auch Katzen und Hunde gerne gesehen. Diese Heimleiter machen die Erfahrung, daß Senioren, die ihre Haustiere mitbringen, sich leichter und besser einleben. Manche Seniorenheime haben auch ganz bewußt Tiere (Katzen, Vögel, Fische) in den Gemeinschaftsräumen oder im Freigelände (z.B. Ziegen). Einige Seniorenheime, Pflegekräfte und Therapeuten setzen zudem bewußt Katzen und Hunde in ihrer Arbeit ein. Im Seniorenzentrum Magarethenhöhe des Diakoniewerkes Essen arbeitet z.B. die Sozialtherapeutin und Tierbeauftragte Cordula Wojahn mit zwei Hunden, einem Golden Retriever und einem Labrador. Der direkte Kontakt zwischen Hund und Senior bringt nach der Erfahrung von Frau Cordula Wojahn Freude, entspannt und hilft vor allem auch deprimierten, isolierten und verwirrten Menschen. Die von ihr eingesetzten Hunde haben ein Gespür für die Gefühlslagen der Senioren. Aus diesem Grund fühlen sich Senioren oftmals von den Tieren emotional besser verstanden und angenommen.
Hundehalter besuchen mit ihren Hunden Senioren
In einigen Städten gibt es inzwischen Hundehalter, die mit ihren Hunden Senioren besuchen. Die Hundehalter aus der näheren Umgebung besuchen in regelmäßigen Abständen Senioren in Altenheimen. Meist treffen sich bei diesen Besuchen gleichzeitig mehrere Senioren, Hundehalter und Hunde. Die Erfahrungen zeigen, daß diese Kontakte zwischen Haltern, Hunden und Senioren für alle Beteiligten sehr erfreulich sind. Die Hunde, die bei solchen Treffen mitmachen, dürfen auf keinen Fall ängstlich und aggressiv sein, sollten sich gerne streicheln lassen, sollten einen gewissen Grundgehorsam haben und müssen auch mit anderen Hunden sozialverträglich sein.
Wer sich für die Hundebesuchsgruppen interessiert und z.B. mit seinem Hund anderen Menschen, insbesondere Senioren, eine Freude machen will, kann sich an den Verein „Tiere helfen Menschen e.V.“ wenden. Der Verein hat Kontakte zu Menschen in ganz Deutschland, die Hundebesuchsgruppen organisieren.
„Tiere helfen Menschen e.V.“
Geschäftsführer: Graham Ford
Münchenerstr. 14
97204 Höchberg
Tel. (0931) 40 42-1 20
Fax (0931) 40 42-1 21
Internet: members.aol.com/thmev
Mein Tier zieht mit mir ins Altenheim
Wer sein Tier ins Heim mitnehmen will, muß sich bei den Seniorenanlagen in der Umgebung erkundigen. Adressen von den Seniorenheimen haben z.B. die örtlichen Seniorenbüros der Kommune. Manchmal wissen die Mitarbeiter auch von Heimen, die das Mitbringen vom eigenen Haustier ermöglichen. Eine (nicht ganz vollständige) Liste von Altenheimen, die Tierhaltung zulassen, hat der Bundesverband Tierschutz aufgelegt.
Bundesverband Tierschutz
Jutta Siebers
Walburgisstraße 2
47441 Moers
Tel. (0 28 41) 2 52 44
Fax (0 28 41) 2 62 36
Internet:
www.bv-tierschutz.de
Bei der Aufnahme von Senioren mit Tieren ist den Heimleitern wichtig, daß der Tierhalter das Tier selbst versorgen kann. Weitere Details wie regelmäßige Impfungen und Regeln für das Tier werden ebenso besprochen. Darüber hinaus wird häufig in einem speziellen Tierhaltervertrag die Pflege des Tieres im Falle von Pflegebedürftigkeit oder Tod geregelt. Solche Verträge geben den Beteiligten Klarheit und Sicherheit.
Der Verein „Tiere helfen Menschen e.V.“, Ortsgruppe Frankfurt/Main hat eine Tier-Vorsorge-Vollmacht entwickelt, der gerade für Senioren und deren Tiere wichtig sein kann. In dieser Vorsorge-Vollmacht werden alle wichtigen Details bei Tod des Tierhalters festgehalten und geregelt. Diese Vollmacht können Sie für zehn Mark inklusive Versandkosten und Verpackung bestellen bei:
Verein „Tiere helfen Menschen e.V.“
Ortsgruppe Frankfurt/Main
Ute Glasemann
Unterlindau 17
60323 Frankfurt/Main
Tel. (0 69) 72 71 17
Internet:
www.glasemann.de