auf der anderen Seite des Weges
der Tod ist nichts
ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen
ich bin ich, ihr seid ihr
das, was ich für euch war, bin ich immer noch
gebt mir den Namen
den ihr mir immer gegeben habt,
sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt,
gebracht nie eine andere Redensweise
seid nicht feierlich oder traurig
lacht weiterhin über das,
worüber wir gemeinsam gelacht haben
betet, lacht, denkt an mich
betet für mich,
damit mein Name im Hause ausgesprochen wird
so, wie es immer war
ohne irgendeine besondere Bedeutung
ohne die Spur eines Schattens
das Leben bedeutet das, was es immer war
der Faden ist nicht durchschnitten
warum soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein
nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin?
ich bin nicht weit weg
ich bin nur auf der anderen Seite des Weges.
von Charles Peguy
Dieser Vers wird von mir auf gelebt
Ich habe vor 8 Jahren meine Mama mit (57 jährig) auf ihrem letzten Weg begleiten dürfen. Ich hatte die Möglichkeit mich von ihr zu verabschieden und die letzten 2 Wochen wurde ich im Krankenhaus mitaufgenommen, um sie selbst zu pflegen und zu versorgen - und somit alle ihre Wünsche zu erfüllen. Die Wünsche waren für eine Sterbende sehr simpl: keine Schmerzen, nicht angeriffen zu werden von Fremden - die ihr Schmerzen verursachten, nicht zum Essen oder Trinken zu zwingen wenn sie nicht will, keine Windelhose.........
All das konnte ich ihr erfüllen und ich bin den Ärzten und Pflegepersonal noch heute sehr dankbar, dass sie mir diese Möglichkeit gaben.
Die Überstellung nach Hause oder ins Hospiz war leider nicht mehr möglich, daher wurde uns diese Art des Abschiedsnehmen ermöglicht.
Auch heute 8 Jahre nach ihrem Tod ist noch kein Tag vergangen, an dem sie nicht anwesenden ist - und ein Bestandteil unserer Familie.
Der Schmerz ist nicht leichter, nur anders.
Alle meine lieben Verstorbenen
(sind bei einer großen Familie nicht wenig) sind in unserem Leben ein Bestandteil. Auch Angehörige die vor der Geburt meiner Kinder verstorben sind.
Meine Tochter musste in ihrer Schulzeit einmal ein Interview mit mir führen über einen Menschen aus der Familie der vor ihrer Geburt verstorben ist.
Sie wählte meinen Großvater aus der 1986 verstarb - meine Tochter wurde 1988 geboren - während des Interview hörte sie aufeinmal auf mich zu fragen, schaute mich an und meinte: "Eigentlich brauch ich dich gar nicht für diese Aufgabe, ich weis über deinen Opa eigentlich eh alles, so als ob ich ihn gekannt habe."
Ich gehe nur sehr selten auf die Gräber meiner Lieben, denn dort sind sie für mich nicht - denn sie sind immer in meinem Leben anwesend.