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Profi Knochen
http://kurier.at/nachrichten/niederoesterreich/2077791.php
Tierschützer-Farce kostet Millionen
Mehr als fünf Millionen Euro hat der Tierschützer-Prozess schon gekostet: Beweise lieferte er bisher aber keine.
Auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass im Landesgericht Wiener Neustadt der Tierschützer-Prozess begonnen hat. 75 Verhandlungstermine sind seither ins Land gezogen, mehr als 100 Zeugen aufmarschiert. Sogar ein "Detective Chief Inspector" aus London wurde eingeflogen. Laut Strafantrag wollte man hören, was er zur "kriminellen Organisation im Allgemeinen" zu sagen hat.
Über die Tierrechtsaktivisten rund um den Hauptangeklagten Martin Balluch wusste der englische Kriminalhauptkommissar freilich nichts zu berichten. Damit war er aber nicht allein. Kein einziger Zeuge hat bisher belastendes Material ausgepackt.
Wie etwa jene Polizeiagentin, die sich als Französisch-Studentin in die Tierschutz-Szene einschlich. 15 Monate dauerten ihre Ermittlungen, ein "Rekord-Einsatz", wie sie als Zeugin eingestand. Das Ergebnis ihrer Undercover-Recherchen: "Es gab keine gefährlichen Angriffe. Es waren auch keine geplant. Ich habe keine strafbaren Tatbestände gesehen."
Dafür sind die Kosten für das monströse Verfahren ins Unermessliche gestiegen. Ein Verteidiger rechnete aus: Jeder Prozesstag schlägt mit etwa 20.000 Euro zu Buche (darin enthalten sind z. B. Gerichts- und Pflichtverteidigerkosten, Salär von Staatsanwalt und Richterin). 20.000 mal 75 macht 1,5 Millionen Euro. Darin nicht inkludiert ist aber beispielsweise ein 35.000 Euro teures linguistisches Gutachten, das eMails der Angeklagten auswerten sollte. Es kommen noch vier Millionen Euro an Ermittlungskosten (inklusive Personalkosten) hinzu: Eine eigens gegründete "Soko Bekleidung" mit 35 Polizisten ermittelte dreieinhalb Jahre lang: großer Lauschangriff, Peilsender auf Autos. Bei 26 Leuten gab es Hausdurchsuchungen. Allein im Jahr 2008 waren 16 Vereine und 267 Aktivisten von Überwachungsmaßnahmen betroffen. 10 Aktivisten saßen 104 Tage in U-Haft. (Im Falle eines Freispruchs könnte auch das den Steuerzahler viel kosten: Pro Tag ungerechtfertigter Anhaltung stehen ihnen rund 100 Euro Entschädigung zu.)
Indizien
Und das Ergebnis ? - Mager. Die Anklage steht auf äußerst wackeligen Beinen. Es gibt nur Indizien, keinerlei Beweise. Etwa für schwere Sachbeschädigungen (unter anderem Buttersäureattentate auf Modehäuser, Brandstiftung in Mastbetrieben). Einem Angeklagten wird auch Tierquälerei angelastet, weil er bei einem Schweinestall vorbeiradelte, bei dem am Tag zuvor Ferkel aus ihren Mini-Boxen freigelassen worden waren und im "Stress" verendet sind.
Allen 13 Aktivisten wird der sogenannte Mafia-Paragraf 278a, "die Beteiligung an einer kriminellen Organisation" angelastet, weil sie im Internet und durch Kampagnen zu illegalen beziehungsweise kriminellen Tierschutz-Aktivitäten aufgerufen haben sollen. Das Tierschützer-Verfahren stand nicht nur wegen dieses Anklagepunktes von Anfang an im Kreuzfeuer der Kritik. Auch die autoritäre Verhandlungsführung von Einzelrichterin Sonja Arleth löste Unmut aus.
Der vorerst letzte anberaumte Verhandlungstag ist der 29. März . Übrigens: Sieben der Angeklagten haben wegen der langen Prozessdauer ihre Jobs verloren.
Letztes Update am 02.03.2011, 08:03
Hier noch ein Interview mit Rechtsanwältin und Autorin Katharina Rueprecht:
http://kurier.at/nachrichten/niederoesterreich/2077792.php
Tierschützer-Farce kostet Millionen
Mehr als fünf Millionen Euro hat der Tierschützer-Prozess schon gekostet: Beweise lieferte er bisher aber keine.
Auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass im Landesgericht Wiener Neustadt der Tierschützer-Prozess begonnen hat. 75 Verhandlungstermine sind seither ins Land gezogen, mehr als 100 Zeugen aufmarschiert. Sogar ein "Detective Chief Inspector" aus London wurde eingeflogen. Laut Strafantrag wollte man hören, was er zur "kriminellen Organisation im Allgemeinen" zu sagen hat.
Über die Tierrechtsaktivisten rund um den Hauptangeklagten Martin Balluch wusste der englische Kriminalhauptkommissar freilich nichts zu berichten. Damit war er aber nicht allein. Kein einziger Zeuge hat bisher belastendes Material ausgepackt.
Wie etwa jene Polizeiagentin, die sich als Französisch-Studentin in die Tierschutz-Szene einschlich. 15 Monate dauerten ihre Ermittlungen, ein "Rekord-Einsatz", wie sie als Zeugin eingestand. Das Ergebnis ihrer Undercover-Recherchen: "Es gab keine gefährlichen Angriffe. Es waren auch keine geplant. Ich habe keine strafbaren Tatbestände gesehen."
Dafür sind die Kosten für das monströse Verfahren ins Unermessliche gestiegen. Ein Verteidiger rechnete aus: Jeder Prozesstag schlägt mit etwa 20.000 Euro zu Buche (darin enthalten sind z. B. Gerichts- und Pflichtverteidigerkosten, Salär von Staatsanwalt und Richterin). 20.000 mal 75 macht 1,5 Millionen Euro. Darin nicht inkludiert ist aber beispielsweise ein 35.000 Euro teures linguistisches Gutachten, das eMails der Angeklagten auswerten sollte. Es kommen noch vier Millionen Euro an Ermittlungskosten (inklusive Personalkosten) hinzu: Eine eigens gegründete "Soko Bekleidung" mit 35 Polizisten ermittelte dreieinhalb Jahre lang: großer Lauschangriff, Peilsender auf Autos. Bei 26 Leuten gab es Hausdurchsuchungen. Allein im Jahr 2008 waren 16 Vereine und 267 Aktivisten von Überwachungsmaßnahmen betroffen. 10 Aktivisten saßen 104 Tage in U-Haft. (Im Falle eines Freispruchs könnte auch das den Steuerzahler viel kosten: Pro Tag ungerechtfertigter Anhaltung stehen ihnen rund 100 Euro Entschädigung zu.)
Indizien
Und das Ergebnis ? - Mager. Die Anklage steht auf äußerst wackeligen Beinen. Es gibt nur Indizien, keinerlei Beweise. Etwa für schwere Sachbeschädigungen (unter anderem Buttersäureattentate auf Modehäuser, Brandstiftung in Mastbetrieben). Einem Angeklagten wird auch Tierquälerei angelastet, weil er bei einem Schweinestall vorbeiradelte, bei dem am Tag zuvor Ferkel aus ihren Mini-Boxen freigelassen worden waren und im "Stress" verendet sind.
Allen 13 Aktivisten wird der sogenannte Mafia-Paragraf 278a, "die Beteiligung an einer kriminellen Organisation" angelastet, weil sie im Internet und durch Kampagnen zu illegalen beziehungsweise kriminellen Tierschutz-Aktivitäten aufgerufen haben sollen. Das Tierschützer-Verfahren stand nicht nur wegen dieses Anklagepunktes von Anfang an im Kreuzfeuer der Kritik. Auch die autoritäre Verhandlungsführung von Einzelrichterin Sonja Arleth löste Unmut aus.
Der vorerst letzte anberaumte Verhandlungstag ist der 29. März . Übrigens: Sieben der Angeklagten haben wegen der langen Prozessdauer ihre Jobs verloren.
Hier noch ein Interview mit Rechtsanwältin und Autorin Katharina Rueprecht:
http://kurier.at/nachrichten/niederoesterreich/2077792.php