Geliebten Hund gehen gelassen - Vorwürfe

LiaVenefica

Neuer Knochen
Hallo,
ich bin neu hier und mich plagen seit 3 Tagen Vorwürfe/Fragen. Vielleicht finde ich hier ähnliche Schicksale.

Vor 3 Tagen wachte ich morgens auf und sah meinen geliebten Schatz, der in 3 Wochen 16 Jahre alt geworden wäre, in seinem Körpchen krampfend.

Er war bis auf paar Probleme mit den Knochen, wegen seines Alters, gesund. Noch am Tag und Abend zuvor war alles wie immer, keinerlei Anzeichen das es ihm nicht gut ging.

Ich versucht nun an diesem Morgen ruhig zu bleiben, was kaum möglich war, ich ging zu ihm, sprach ihn an, aber seine Augen waren weit aufgerissen, er schaute ins Leere, der ganze Körper krampfte, er verlor Urin und Kot, speichelte. Es hörte kurz auf, er wollte aufstehen und ich half ihm, aber sofort fiel er wieder hin und es begann alles von vorn. Es vergingen insgesamt 15 Minuten und ich fuhr zum TA.

Beim TA angekommen, war er bereits mindestens 30 bis 40 Minuten in dem Krampf gefangen. Meine Ärztin sagte mir dann, sie gibt mir keine Hoffnung, er ist mit knapp 16 Jahren sehr alt und ob sie ihm helfen kann bzw. wie es ihm danach geht, kann sie nicht sagen, der Krampfanfall kann viele Ursachen haben, bis zum Tumor im Kopf...aber es ist meine Entscheidung. Es wäre besser ihn zu erlösen. In meiner Panik und Angst das er leidet, entschloss ich mich dafür ihn zu erlösen.

Nun sitzt man da und stellt sich viele Fragen...

Hätte ich ihm mehr Zeit geben sollen und nicht noch zum TA schleppen? Wäre er wieder allein zurück gekommen?

Hätte der TA doch alles versuchen sollen? War ich zu übereifrig mit meiner Entscheidung? Immerhin war er doch Gesund oder etwa nicht? Hätte mir was auffallen sollen? Hätte ich ihn durchchecken lassen sollen und nicht darauf vertrauen das er doch noch fit ist?

Entschuldigt für den langen Text.

Liebe Grüße
Lia
 
Erst einmal mein aufrichtiges Beileid. Ich habe es auch vor ein paar Wochen gehabt und musste meinen Rocky gehen lassen. Es ist schlimm und tut unendlich weh.

Ich denke, es war eine richtige Entscheidung, den Hund gehen zu lassen, weil man ja nicht weiß, was danach ist?! Tierliebe ist auch, dein geliebtes Tier loszulassen, ohne lange Qualen. Ich wünsche dir viel Kraft in der schweren Zeit.
 
Mein Beileid! Es tut mir sehr leid dass du deinen Hund auf eine solche Weise verloren hast.

Deiner Schilderung nach war es ein außergewöhnlich heftiger und langandauernder epileptischer Grand Mal Anfall. Solche Anfälle dauern im Normalfall nur wenige Minuten, vor allem wenn es der erste Anfall ist. Wenn er länger als 5 Minuten dauert, ist es ein Status epilepticus, aus dem der Körper alleine nicht mehr herausfindet. Und ein Status ist prinzipiell lebensbedrohlich, weil das Krampfen eine extreme körperliche Anstrengung ist, vor allem auch fürs Herz.

30 bis 40 Minuten sind extrem lang und eine große Wahrscheinlichkeit dass körperliche Schäden zurückbleiben, auch im Gehirn. Dein Hund hätte sehr lange gebraucht um sich davon zu erholen - stationärer Aufenthalt in einer Tierklinik (eine Tierärztin kann das normal nicht leisten), Infusionen, Einstellen auf Medikamente. Nach einem solchen schweren Anfall auch nahezu sicher weitere Anfälle.

Und ja, ich weiß wovon ich rede.
Mein erster Hund Luigi hatte Epilepsie mit schweren Grand Mal Anfällen, Ursache war ein Hirnschaden. Er war ca ein Jahr alt und körperlich sehr fit - trotzdem haben ihn die Anfälle sehr mitgenommen. In einem Status epilepticus erlitt er einen Herzklappenriss. 3 1/2 Monate später musste ich ihn gehen lassen.

Ich muss dazu sagen dass Epilepsie in den meisten Fällen keinen so dramatischen Verlauf hat (ich kannte das aus meiner Arbeit mit Menschen mit Behinderung). Meistens sind das kleine Anfälle die medikamentös gut einstellbar sind und die Lebensqualität kaum beeinträchtigen.

Wichtig ist, dass Epilepsie keine Krankheit per se ist, sie ist eher als Symptom für eine Grundursache zu sehen - ähnlich wie Fieber keine Krankheit per se ist, sondern ein Symptom. Und genauso wie sehr hohes Fieber auf lebensbedrohliche Krankheit hinweist, so können sehr schwere Anfälle darauf hinweisen dass etwas grundlegendes nicht stimmt.

Ob man bei einem Tierarztcheck etwas bemerkt hätte - schwer zu sagen. Die Art des Anfalls deutet auf ein Geschehen im Hirn hin (z.B. Tumor) und das wäre bei einem normalen Check nicht aufgefallen. Luigis Hippocampus-Sklerose wurde erst an der VetMed bei einem CT entdeckt.

Dein Hund war 16 Jahre alt - ein hohes Alter für einen Hund - und hat ein langes gutes beschwerdefreies Leben gehabt. Und alles in allem denke ich, dass deine Tierärztin dir einen guten Rat gegeben hat.
 
Hätte der TA doch alles versuchen sollen? War ich zu übereifrig mit meiner Entscheidung? Immerhin war er doch Gesund oder etwa nicht? Hätte mir was auffallen sollen? Hätte ich ihn durchchecken lassen sollen und nicht darauf vertrauen das er doch noch fit ist?
Dein hochaltriger Hund ist gestorben, leider nicht einfach eingeschlafen, sodass du nicht nur trauerst, sondern auch noch mit seinem schlimmen Zustand umittelbar davor zurande kommen musst. Das Einschläfern war sicher die beste Entscheidung in Anbetracht der Fakten. Ob er altersentsprechend gesund war, hätte dir nur ein Tierarzt sagen können bzw könnte dir auch jetzt noch ein TA sagen.

Vorwürfe habe ich mir bisher immer gemacht, wenn einer meiner Hunde verstorben ist, wenngleich meist nicht in direktem Zusammenhang mit seinem Tod. Insbesondere bei den letzten beiden plagt mich aber auch die Frage, ob ich nicht doch besser zusätzlich zur schon Monate dauernden Befundung noch eine CT hätte machen lassen sollen bzw warum ich gelegentliche Durchfälle selbst dann noch missinterpretiert hatte, als bei einem Mageröntgen eine "Falte, die dort nicht hingehört" festgestellt wurde. Im ersten Fall hätte ich den Hund früher gehen lassen statt Morphine zu spritzen im zweiten Fall wäre der Hund etwa zur gleichen Zeit eingeschläfert worden, da er schon zu alt war, um eine schwere OP zu überstehen und sich vollständig davon zu erholen.

In meiner Panik und Angst das er leidet, entschloss ich mich dafür ihn zu erlösen.
Hätte ich ihm mehr Zeit geben sollen und nicht noch zum TA schleppen? Wäre er wieder allein zurück gekommen?
Du hast das Gefühl, unüberlegt aus Panik heraus gehandelt, die Nerven weggeschmissen zu haben. Ich glaube nicht, dass dir die TÄ grundlos vermittelt hat dass die Sache eher aussichtslos ist.

Du hast richtig gehandelt, indem du nicht länger zugewartet hast, sondern zum TA gegangen bist und dass du dessen Rat befolgt hast..
 
@Schwätzer
Ich danke dir für die aufrichtigen Worte und muss zustimmen, ohne Tierliebe würde man sein Tier ohne Reue leiden lassen.

@Brigie
Danke für deine ausführliche Erklärung! Der Gedanke das er wohl evtl. etwas mit oder in seinem Köpfchen hatte, kam mir nun auch und somit die Vermutung das er nach einem so langanhaltenden Krampf, wohl leider Schäden erlitten hat. Ich versuche nun daraufhin mir zu sagen, ich habe wohl doch alles richtig gemacht, denn dieses Leid der weiteren Maßnahmen, hätte ich ihm nicht antun wollen, das ist auch kein wirkliches Leben, nur um ihn ein paar wenige Wochen/Monate, noch bei mir zu haben.

@nutztier
Danke und ja leider war der Umstand wie er ging, das schlimmste was ich erlebt habe. Mein erster Hund war 17 Jahre alt geworden, er hörte auf zu fressen und zu saufen, ich hielt ihn in meinen Armen fest und wir schauten uns an, so konnte ich Abschied nehmen und ihn erlösen. Aber jetzt war es einfach ein Schock, morgens nichts ahnend die Augen zu öffnen und diesen schrecklichen Kampf an seiner Seite zu erfahren. Kein Abschied und das ist das schlimmste für mich. Und ja, du hast recht, das Gefühl nur aus Panik heraus gehandelt zu haben, ist erdrückend. Aber eure Antworten helfen sehr, danke dafür!
 
Schrecklich! 😓 Mein herzliches Beileid! Ich glaube aber auch, dass du vielleicht in Panik, aber intuitiv die richtige Entscheidung getroffen hast. Und dass auch dein Tierarzt die Situation richtig eingeschätzt hat.
❤️
 
Nein. Das Bewusstsein ist bei einem epileptischen Anfall ausgeschaltet, er merkt nichts davon. Auch wenn er kreischt, ist das kein Schmerzensschrei, sondern die Luft wird durch den Muskelkrampf durch die Stimmritzen gepresst.

Es ist furchtbar das mitzuerleben und dieses Kreischen zu hören. Aber er selbst wusste nichts davon.
Er ist bei dir in dieser Nacht eingeschlafen wie immer, und hat nichts davon mitbekommen.
 
Hi Lia,

das tut mir sehr leid für dich! Aber ich schließe mich den anderen hier an, ich denke, es war das Beste, dass du ihn gehen hast lassen. Ich bin sicher, er hatte ein tolles Leben bei dir, und irgendwann werden auch die guten Erinnerungen kommen. Es ist immer schlimm, wenn wir uns verabschieden müssen, besonders wenn es so unvermittelt passiert.
 
Liebe Lia, die richtige Zeit wird es nicht geben, weil immer zu früh, egal wie alt dein Hund wurde... und das Gefühl, früher zu handeln oder etwas übersehen zu haben, begleitet einen auch immer, egal wie gut man für sein Tier gesorgt hat ..

Ich musste schon so viele Hunde gehen lassen, weil oft ältere Hunde übernommen, trotzdem ist immer jeder Abschied so extrem schwer gefallen, weil so viel Liebe im Herzen, was sich nicht abschalten lässt.. zudem immer dieses Gefühl, vielleicht doch etwas übersehen oder zu spät reagiert zu haben...
Aber letztendlich ist es wichtig, dass sie ein schönes Leben hatten und zum Ende nicht leiden mussten.. somit, glücklich sein über die schöne Zeit die man miteinander verbringen durfte und sich das Leben nicht schwer machen..

Sicher braucht es seine Zeit, über den Verlust/Schmerz eines geliebten Tieres hinweg zu kommen, aber es kann auch etwas tröstend sein, dass ihr eine schöne und gute Zeit miteinander hattet und euch gegenseitig gut getan habt....

Somit, die Trauer zulassen, weil auch wichtig, aber letztendlich damit trösten, ein guter Partner für deinen Hund gewesen zu sein, was in der heutigen Zeit auch nicht mehr selbstverständlich ist...
 
@Brigie
Okay danke, da weiß ich bescheid, damit ich mich trösten kann.

@Radetzky
@Caro1
Vielen Dank für eure aufbauenden Worte. Ich werde mich nun damit trösten und wenn er wieder zu Hause ist (seine Asche) kann ich besser trauern und habe wieder etwas von ihm bei mir. Die vielen Bilder und Videos werden mir dann sicherlich auch aufzeigen das die vielen Jahre, die schönsten waren. Ich habe noch aus dem Trio einen kleinen Yorki-Chi Mix und er tröstet auch ungemein.
 
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