I
Irish
Guest
Ost-Schmuggler gegen "Qualitätszüchter" aus dem Westen: Der Kampf ums Geschäft mit des Menschen bestem Freund ist entbrannt.
Von K. Seiser und T. Hein
Es roch nach Tier und Mensch, nach gebrannten Mandeln und Haarspray. Vorbei an artig auf ihren Auftritt wartenden Schönen, mit klingenden Namen wie "Cinderella von der hohen Flur" oder "Jago vom stumpfen Turm", vorüber an Verkaufsständen mit glänzend polierten Trimmscheren, straßbesetzten Halsbändern und Apportierhanteln mit verstellbarem Gewicht, durch Tausende menschliche Schaulustige bahnte sich Rudolf Tomek den Weg. Der Chefinspektor der Wiener Zollfahndung verfolgte eine heiße Fährte.
Mitten im Zirkus rund um des Menschen eigentümliche Liebe zum Hund späht der Ermittler nach Händlern, die unter der Jacke kleine Bündel Elend feilbieten und für einen Spottpreis an Ahnungslose verhökern. Sechs Yorkshireterrierwelpen, kaum größer als Hamster, hat Tomek auf der Wiener Welthundeausstellung vor drei Wochen beschlagnahmt. Schmuggelware aus dem Osten, wie sich herausstellen sollte.
Allein im vergangenen Jahr gingen bei der Wiener Zollfahndung 155 Anzeigen wegen Verdachts auf Hundeschmuggel ein. Die Dunkelziffer ist zehnmal höher, glaubt der Fahnder. Nur wenige werden direkt an der Grenze zu den ehemaligen Ostblockstaaten erwischt: Unter dem Autositz oder im Handschuhfach eingezwängt, kauern die erst einige Wochen alten Kreaturen oft in ihren eigenen Exkrementen.
Erst im Dezember vergangenen Jahres filzte Tomeks Truppe einen desolaten Wagen und stieß auf 21 Hunde im Alter von sechs Wochen. Die kleinen Fellknäuel hatten alle Kraft aufgewandt, um sich mit ihren winzigen Milchzähnen vom Kofferraum ins Wageninnere durchzubeißen. Einer der Welpen war schon während der Fahrt umgekommen. Der Einfachheit halber sei der Winzling gleich am Straßenrand verbuddelt worden, erzählt Tomek.
Oft stöbern die Zollfahnder das vierbeinige Schmuggelgut in den unmöglichsten Verstecken auf. Einmal observierte Tomek auf einer niederösterreichischen Hundeausstellung einen Mann, dessen Aktentasche plötzlich zu fiepen begonnen hatte. Die zwei gefangenen Pinscherwelpen schmorten schon im eigenen Kondenswasser.
Seit der Öffnung der Grenzen kaufen die Österreicher Hunde aus Osteuropa, die Tendenz ist steigend. Zu Schleuderpreisen sind Tiere jeglicher Rasse und jeglichen Alters in kürzester Zeit zu beschaffen. Rund ein Drittel des bei Österreichs Züchtern üblichen Preises kosten Dackel, Pudel & Co bei Großhändlern in Osteuropa: Hunde-Dumping mit "Material" aus Massenzuchten, oft ohne ausreichende tierärztliche Versorgung und ohne genügend Kontakt zum Menschen in der entscheidenden Prägungsphase.
Mit den Ost-Hunden kommen Probleme ins Land: Tierseuchen wie Staupe oder Parvovirose, die in Österreich schon als ausgestorben galten, treten plötzlich wieder auf. Wesensschwache, aggressive und ängstliche Hunde überfordern Besitzer und Mitmenschen. Mit offiziellen Papieren des Welthundeverbandes FCI (Federation Cynologique Internationale), die als Qualitätsnachweis für Rassehunde gelten, werden die Käufer getäuscht.
Eine ungarische Firma namens Konnexus versucht, den internationalen Hundehandel im großen Stil aufzuziehen. Anfang des Jahres faxte das Unternehmen Listen mit allen erdenklichen Rassen zu Schleuderpreisen an österreichische Züchter und Zoofachhandlungen. Der beliebte Golden Retriever beispielsweise kostet rund 6000 Schilling, während man beim österreichischen Züchter zwischen 10. 000 und 15. 000 Schilling berappen muß. Eine Mezie, so scheint es, verlockend genug, auch wenn das Stück Hund dann ernsthafte Schwierigkeiten macht.
Auch an sich schon nicht unproblematische Rassen lassen sich bei Konnexus en gros erwerben. Etwa amerikanische Pitbullterrier, die jahrzehntelang für den Hundekampf gezüchtet wurden und als klassische Unterwelthunde gelten.
Das Hundemagazin "Wuff" und profil nahmen mit Konnexus Kontakt auf. Unter dem Decknamen "Zoohandlung Täuschmann" bekundeten sie großes Interesse an Pitbullwelpen. Die Bedingung: Die Hunde müßten gesund sein - und FCI-Papiere haben, die es für Pitbulls von Rechts wegen nicht geben darf, weil diese Hunde nicht als Rasse anerkannt sind. Konnexus wußte eine Lösung: Die Tiere würden mit FCI-Papieren für die Rasse American Staffordshire Terrier ausgestattet, die den Pitbulls äußerlich recht ähnlich sind.
Der wesentliche Unterschied: Die American Staffords wurden in den letzten Jahren auf friedfertiges Wesen gezüchtet und gelten mittlerweile als problemlose Familienhunde.
Konnexus erklärte, man könne sofort zehn Pitbullwelpen liefern und sogar Rabatt bei Abnahme größerer Mengen gewähren. Die "Zoohandlung Täuschmann" wurde aufgefordert, die Tiere privat nach Österreich zu schmuggeln.
Ende Mai kommt es in Wien zu einem Treffen mit Vertretern von Konnexus. Zwei Männer und eine Frau, alle um die dreißig, lockere junge Leute, die in der allgemeinen Goldgräbermentalität nach dem Umbruch im Ostblock auf den Hund kamen.
Verhandlungsort ist ein griechisches Restaurant in der Wiener Lugner-City. Die Vertreter der "Zoohandlung Täuschmann" erscheinen mit einer American-Stafford-Hündin namens Leila als Erkennungszeichen. Geschäftsführer Mimon Z. , sein Partner und eine Dolmetscherin versuchen in den Verhandlungen mit "Täuschmann", langfristige Geschäftsbeziehungen anzuknüpfen. Man liefere bereits Hunde nach Spanien und Frankreich, sagt Z. : "In Österreich stehen wir noch ganz am Beginn. " Bei regelmäßigen Großbestellungen könne "Zoo Täuschmann" exklusiver Abnehmer werden. Stolz preisen die Ungarn ihren "speziell für Hundetransport gebauten Lkw-Typ" an: "In dem finden ungefähr 100 Welpen Platz. "
Für die folgende Woche wird ein Testkauf vereinbart. Einer der seltenen Russischen Schwarzen Terrier, die als Diensthunde beim russischen Militär beliebt sind, und eben ein Pitbull sollen in der ersten Juniwoche in der ungarischen Kleinstadt Mosonmagyarovar übergeben werden. Drei Tage vor dem Termin kommt unvermittelt die telefonische Absage: "Pitbulls können nicht geliefert werden. Sie sind illegal. "
Die Hundehändler hatten offenbar einen Zund erhalten. Nach ungarischem Recht kann gegen die cleveren Unternehmer von Konnexus kaum vorgegangen werden. "Erstaunlich, daß nicht schon mehr Leute auf die Idee gekommen sind, solche Geschäfte aufzuziehen", sagt der Züchter Gabor Haas vom ungarischen Rottweilerclub.
Österreichs Hundezüchter und Tierschützer gehen gegen diese Praktiken auf die Barrikaden. Der Vorwurf: Der ungarische Hundeverband MEOE halte über solche Machenschaften die schützende Hand. Als Mitglied des Welthundeverbandes FCI zur Ausstellung offizieller Dokumente berechtigt, verteile er die als Qualitätsausweis geltenden FCI-Papiere nach Belieben, ohne tatsächlich Zuchtbedingungen und Abstammung der Hunde zu kontrollieren. "Einige der von Konnexus mit Papieren angebotenen Hunde werden in Ungarn gar nicht gezüchtet", sagt Margit Brenner, Präsidentin des Österreichischen Clubs für Britische Hütehunde.
Der ungarische Hundeverband MEOE wollte gegenüber profil keine Stellungnahme abgeben. Auf Drängen der österreichischen Kollegen waren die Ungarn bislang nur bereit, die für den Export bestimmten Hunde mit einem zusätzlichen Pedigree auszustatten, das die Echtheit der FCI-Papiere garantieren soll. An den Zuchtbedingungen ändert sich dadurch freilich nichts.
Österreichs Hundezüchter haben der Billigkonkurrenz aus dem Osten den Kampf angesagt. Einige fordern ein Zertifikat "Aus österreichischer Qualitätszucht" wie beim Rindfleisch, um den Händlern jenseits der Grenze das Wasser abzugraben.
Werden die österreichischen Hundebestände also unterwandert von ausländischer Mangelware? Hier der gute Bello aus heimisch-heimeliger Zucht am Bauernhof, dort die kranken Ungeheuer aus einst kommunistischer Fließbandproduktion?
Tatsächlich sind die Anforderungen an Rassewelpen hierzulande höher: Die Elterntiere müssen selbst den internationalen Rassestandards entsprechen. Die Welpen dürfen nicht von der Mutter getrennt werden, bevor sie ein Alter von acht Wochen erreicht haben. Regelmäßige Untersuchungen beim Tierarzt sind vorgeschrieben.
Aber deswegen sind auch heimische "Qualitätshunde" noch lange nicht frei von Defekten. Noch immer werden Hunderassen mit ungünstiger Anatomie, viel zu großem Kopf oder viel zu platter Nase planmäßig gezüchtet, weil es im internationalen Rassestandard so vorgeschrieben ist. Dort steht, wie ein Vierbeiner auszusehen hat und wie sein Charakter sein soll.
Durch das Konstruieren von Hundekörpern, die auch die ausgefallensten ästhetischen Vorstellungen ansprechen sollen, wurden körperliche und wesensmäßige Defekte systematisch herangezüchtet.
Bulldoggen und Boxer leiden an chronischem Asthma. Deutsche Schäferhunde, Rottweiler und Doggen neigen zu Hüftleiden, viele müssen deshalb eingeschläfert werden. Augenkrankheiten sind bei Mops, Pekinese und Bernhardiner typisch. Nach wie vor werden Hunden bestimmter Rassen, wie dem Dobermann, Ohren und Schwanz abgeschnitten - obwohl Hunde gerade den Schwanz brauchen, um mit ihren Artgenossen kommunizieren zu können. Durch die jahrzehntelange Degeneration werden die Hunde auch anfälliger für Allergien, Infektionskrankheiten und Neurosen. Tierkliniken und Hundepsychologen gehört die Zukunft.
Noch immer steht etwa im Rassestandard des Kampfhundes Fila Brasileiro Mißtrauen gegenüber Fremden festgeschrieben, und Züchter warnten bis vor kurzem die Preisrichter auf Ausstellungen davor, ihre Hunde anzufassen, wenn sie nicht ihre Finger einbüßen wollten. Gerade solche Eigenschaften faszinieren freilich viele, die "man's best friend" zu einer Killermaschine umfunktionieren wollen, um eigene Aggressionen via Hund auszuleben.
"Gladiatoren-Treffen" nannten die Veranstalter einen Kampfhundeaufmarsch in der Nähe von Baden bei Wien, wo am vorvergangenen Wochenende tätowierte Muskelmänner und unscheinbare Buchhaltertypen ihre vierbeinigen Lieblinge spazierenführten. "Bodybuilding für Hunde" nannte einer das Spektakel.
Jene Pitbulls, die profil von der ungarischen Firma Konnexus angeboten bekam, ließen sich in dieser Szene wohl leicht an den Mann bringen. Problematische Hunde unklarer Herkunft, die knurren und Zähne fletschen, ungebärdig an der Kette ziehen, schneidig aussehen und Furcht und Schrecken verbreiten. Hunde, die irgendwann auch den Besitzern Probleme bereiten.
In den Zwingern des Wiener Tierschutzhauses landen jährlich 3000 Hunde, manche vegetieren aus Platzmangel in kleinen Katzenkäfigen dahin. Trotz redlichen Bemühens von Leiterin Lucie Loube & Co sind die Tierschützer vom Khleslplatz oft überfordert mit dem, was ihnen überforderte oder verantwortungslose Hundebesitzer aufbürden.
Aber eben nicht nur kranke und wesensgestörte Hunde aus dem Osten, von skrupellosen Geschäftemachern illegal über die Grenze geschleust, bringen das Hundeasyl an den Rand des Kollapses. Auch der österreichische Normalo-Hund wird nach mehrjährigem Gebrauch von Herrl und Frauerl gerne abgegeben: Weil der Hund zu scharf, die Wohnung zu klein oder das Tier unvorhergesehenerweise zu groß geworden ist.
Was Hundeschmuggler, eitle Züchter und verantwortungslose Besitzer an Problemen produzieren, versuchte ein radikaler "Tierschützer" im vergangenen März auf seine Weise zu lösen: Der Unbekannte betäubte im Wiener Tierschutzhaus zehn Hunde und schnitt ihnen dann die Kehle durch.
Der Preis fürs Hundeleben
Beträge für einen mittelgroßen Hund, wie Schäfer, Retriever oder Boxer, der durchschnittlich zwölf Jahre lebt. Anschaffung (Welpe) 10.000
Futter (etwa 35,-/Tag) 150.000
Impfungen (1.000,-/Jahr) 12.000
Hundesteuer (600,-/Jahr/Wien) 7.200
Entwurmen (250,-/Jahr) 3.000
Halsbänder, Leinen, Maulkörbe 2.000
Kastration 4.000
Shampoo, Pflegeartikel 1.000
Haftpflichtversicherung (700,-/Jahr) 8.400
Einschläfern/Krematorium 1.000/6.000
ergibt rund 200.000
Nicht eingerechnet sind: Korb, Decken, Autogitter, Transportkiste, Futternäpfe, Knabberzeug, Gummistiefel & wetterfeste Kleidung, Medikamente, Operationen, Flohschutzmittel, Spielzeug, Prüfungs- und Ausstellungsgebühren. Ergibt in Summe rund eine Viertelmillion Schilling.
Quelle: Profil
------------------
Auf bald
lg Irish
Von K. Seiser und T. Hein
Es roch nach Tier und Mensch, nach gebrannten Mandeln und Haarspray. Vorbei an artig auf ihren Auftritt wartenden Schönen, mit klingenden Namen wie "Cinderella von der hohen Flur" oder "Jago vom stumpfen Turm", vorüber an Verkaufsständen mit glänzend polierten Trimmscheren, straßbesetzten Halsbändern und Apportierhanteln mit verstellbarem Gewicht, durch Tausende menschliche Schaulustige bahnte sich Rudolf Tomek den Weg. Der Chefinspektor der Wiener Zollfahndung verfolgte eine heiße Fährte.
Mitten im Zirkus rund um des Menschen eigentümliche Liebe zum Hund späht der Ermittler nach Händlern, die unter der Jacke kleine Bündel Elend feilbieten und für einen Spottpreis an Ahnungslose verhökern. Sechs Yorkshireterrierwelpen, kaum größer als Hamster, hat Tomek auf der Wiener Welthundeausstellung vor drei Wochen beschlagnahmt. Schmuggelware aus dem Osten, wie sich herausstellen sollte.
Allein im vergangenen Jahr gingen bei der Wiener Zollfahndung 155 Anzeigen wegen Verdachts auf Hundeschmuggel ein. Die Dunkelziffer ist zehnmal höher, glaubt der Fahnder. Nur wenige werden direkt an der Grenze zu den ehemaligen Ostblockstaaten erwischt: Unter dem Autositz oder im Handschuhfach eingezwängt, kauern die erst einige Wochen alten Kreaturen oft in ihren eigenen Exkrementen.
Erst im Dezember vergangenen Jahres filzte Tomeks Truppe einen desolaten Wagen und stieß auf 21 Hunde im Alter von sechs Wochen. Die kleinen Fellknäuel hatten alle Kraft aufgewandt, um sich mit ihren winzigen Milchzähnen vom Kofferraum ins Wageninnere durchzubeißen. Einer der Welpen war schon während der Fahrt umgekommen. Der Einfachheit halber sei der Winzling gleich am Straßenrand verbuddelt worden, erzählt Tomek.
Oft stöbern die Zollfahnder das vierbeinige Schmuggelgut in den unmöglichsten Verstecken auf. Einmal observierte Tomek auf einer niederösterreichischen Hundeausstellung einen Mann, dessen Aktentasche plötzlich zu fiepen begonnen hatte. Die zwei gefangenen Pinscherwelpen schmorten schon im eigenen Kondenswasser.
Seit der Öffnung der Grenzen kaufen die Österreicher Hunde aus Osteuropa, die Tendenz ist steigend. Zu Schleuderpreisen sind Tiere jeglicher Rasse und jeglichen Alters in kürzester Zeit zu beschaffen. Rund ein Drittel des bei Österreichs Züchtern üblichen Preises kosten Dackel, Pudel & Co bei Großhändlern in Osteuropa: Hunde-Dumping mit "Material" aus Massenzuchten, oft ohne ausreichende tierärztliche Versorgung und ohne genügend Kontakt zum Menschen in der entscheidenden Prägungsphase.
Mit den Ost-Hunden kommen Probleme ins Land: Tierseuchen wie Staupe oder Parvovirose, die in Österreich schon als ausgestorben galten, treten plötzlich wieder auf. Wesensschwache, aggressive und ängstliche Hunde überfordern Besitzer und Mitmenschen. Mit offiziellen Papieren des Welthundeverbandes FCI (Federation Cynologique Internationale), die als Qualitätsnachweis für Rassehunde gelten, werden die Käufer getäuscht.
Eine ungarische Firma namens Konnexus versucht, den internationalen Hundehandel im großen Stil aufzuziehen. Anfang des Jahres faxte das Unternehmen Listen mit allen erdenklichen Rassen zu Schleuderpreisen an österreichische Züchter und Zoofachhandlungen. Der beliebte Golden Retriever beispielsweise kostet rund 6000 Schilling, während man beim österreichischen Züchter zwischen 10. 000 und 15. 000 Schilling berappen muß. Eine Mezie, so scheint es, verlockend genug, auch wenn das Stück Hund dann ernsthafte Schwierigkeiten macht.
Auch an sich schon nicht unproblematische Rassen lassen sich bei Konnexus en gros erwerben. Etwa amerikanische Pitbullterrier, die jahrzehntelang für den Hundekampf gezüchtet wurden und als klassische Unterwelthunde gelten.
Das Hundemagazin "Wuff" und profil nahmen mit Konnexus Kontakt auf. Unter dem Decknamen "Zoohandlung Täuschmann" bekundeten sie großes Interesse an Pitbullwelpen. Die Bedingung: Die Hunde müßten gesund sein - und FCI-Papiere haben, die es für Pitbulls von Rechts wegen nicht geben darf, weil diese Hunde nicht als Rasse anerkannt sind. Konnexus wußte eine Lösung: Die Tiere würden mit FCI-Papieren für die Rasse American Staffordshire Terrier ausgestattet, die den Pitbulls äußerlich recht ähnlich sind.
Der wesentliche Unterschied: Die American Staffords wurden in den letzten Jahren auf friedfertiges Wesen gezüchtet und gelten mittlerweile als problemlose Familienhunde.
Konnexus erklärte, man könne sofort zehn Pitbullwelpen liefern und sogar Rabatt bei Abnahme größerer Mengen gewähren. Die "Zoohandlung Täuschmann" wurde aufgefordert, die Tiere privat nach Österreich zu schmuggeln.
Ende Mai kommt es in Wien zu einem Treffen mit Vertretern von Konnexus. Zwei Männer und eine Frau, alle um die dreißig, lockere junge Leute, die in der allgemeinen Goldgräbermentalität nach dem Umbruch im Ostblock auf den Hund kamen.
Verhandlungsort ist ein griechisches Restaurant in der Wiener Lugner-City. Die Vertreter der "Zoohandlung Täuschmann" erscheinen mit einer American-Stafford-Hündin namens Leila als Erkennungszeichen. Geschäftsführer Mimon Z. , sein Partner und eine Dolmetscherin versuchen in den Verhandlungen mit "Täuschmann", langfristige Geschäftsbeziehungen anzuknüpfen. Man liefere bereits Hunde nach Spanien und Frankreich, sagt Z. : "In Österreich stehen wir noch ganz am Beginn. " Bei regelmäßigen Großbestellungen könne "Zoo Täuschmann" exklusiver Abnehmer werden. Stolz preisen die Ungarn ihren "speziell für Hundetransport gebauten Lkw-Typ" an: "In dem finden ungefähr 100 Welpen Platz. "
Für die folgende Woche wird ein Testkauf vereinbart. Einer der seltenen Russischen Schwarzen Terrier, die als Diensthunde beim russischen Militär beliebt sind, und eben ein Pitbull sollen in der ersten Juniwoche in der ungarischen Kleinstadt Mosonmagyarovar übergeben werden. Drei Tage vor dem Termin kommt unvermittelt die telefonische Absage: "Pitbulls können nicht geliefert werden. Sie sind illegal. "
Die Hundehändler hatten offenbar einen Zund erhalten. Nach ungarischem Recht kann gegen die cleveren Unternehmer von Konnexus kaum vorgegangen werden. "Erstaunlich, daß nicht schon mehr Leute auf die Idee gekommen sind, solche Geschäfte aufzuziehen", sagt der Züchter Gabor Haas vom ungarischen Rottweilerclub.
Österreichs Hundezüchter und Tierschützer gehen gegen diese Praktiken auf die Barrikaden. Der Vorwurf: Der ungarische Hundeverband MEOE halte über solche Machenschaften die schützende Hand. Als Mitglied des Welthundeverbandes FCI zur Ausstellung offizieller Dokumente berechtigt, verteile er die als Qualitätsausweis geltenden FCI-Papiere nach Belieben, ohne tatsächlich Zuchtbedingungen und Abstammung der Hunde zu kontrollieren. "Einige der von Konnexus mit Papieren angebotenen Hunde werden in Ungarn gar nicht gezüchtet", sagt Margit Brenner, Präsidentin des Österreichischen Clubs für Britische Hütehunde.
Der ungarische Hundeverband MEOE wollte gegenüber profil keine Stellungnahme abgeben. Auf Drängen der österreichischen Kollegen waren die Ungarn bislang nur bereit, die für den Export bestimmten Hunde mit einem zusätzlichen Pedigree auszustatten, das die Echtheit der FCI-Papiere garantieren soll. An den Zuchtbedingungen ändert sich dadurch freilich nichts.
Österreichs Hundezüchter haben der Billigkonkurrenz aus dem Osten den Kampf angesagt. Einige fordern ein Zertifikat "Aus österreichischer Qualitätszucht" wie beim Rindfleisch, um den Händlern jenseits der Grenze das Wasser abzugraben.
Werden die österreichischen Hundebestände also unterwandert von ausländischer Mangelware? Hier der gute Bello aus heimisch-heimeliger Zucht am Bauernhof, dort die kranken Ungeheuer aus einst kommunistischer Fließbandproduktion?
Tatsächlich sind die Anforderungen an Rassewelpen hierzulande höher: Die Elterntiere müssen selbst den internationalen Rassestandards entsprechen. Die Welpen dürfen nicht von der Mutter getrennt werden, bevor sie ein Alter von acht Wochen erreicht haben. Regelmäßige Untersuchungen beim Tierarzt sind vorgeschrieben.
Aber deswegen sind auch heimische "Qualitätshunde" noch lange nicht frei von Defekten. Noch immer werden Hunderassen mit ungünstiger Anatomie, viel zu großem Kopf oder viel zu platter Nase planmäßig gezüchtet, weil es im internationalen Rassestandard so vorgeschrieben ist. Dort steht, wie ein Vierbeiner auszusehen hat und wie sein Charakter sein soll.
Durch das Konstruieren von Hundekörpern, die auch die ausgefallensten ästhetischen Vorstellungen ansprechen sollen, wurden körperliche und wesensmäßige Defekte systematisch herangezüchtet.
Bulldoggen und Boxer leiden an chronischem Asthma. Deutsche Schäferhunde, Rottweiler und Doggen neigen zu Hüftleiden, viele müssen deshalb eingeschläfert werden. Augenkrankheiten sind bei Mops, Pekinese und Bernhardiner typisch. Nach wie vor werden Hunden bestimmter Rassen, wie dem Dobermann, Ohren und Schwanz abgeschnitten - obwohl Hunde gerade den Schwanz brauchen, um mit ihren Artgenossen kommunizieren zu können. Durch die jahrzehntelange Degeneration werden die Hunde auch anfälliger für Allergien, Infektionskrankheiten und Neurosen. Tierkliniken und Hundepsychologen gehört die Zukunft.
Noch immer steht etwa im Rassestandard des Kampfhundes Fila Brasileiro Mißtrauen gegenüber Fremden festgeschrieben, und Züchter warnten bis vor kurzem die Preisrichter auf Ausstellungen davor, ihre Hunde anzufassen, wenn sie nicht ihre Finger einbüßen wollten. Gerade solche Eigenschaften faszinieren freilich viele, die "man's best friend" zu einer Killermaschine umfunktionieren wollen, um eigene Aggressionen via Hund auszuleben.
"Gladiatoren-Treffen" nannten die Veranstalter einen Kampfhundeaufmarsch in der Nähe von Baden bei Wien, wo am vorvergangenen Wochenende tätowierte Muskelmänner und unscheinbare Buchhaltertypen ihre vierbeinigen Lieblinge spazierenführten. "Bodybuilding für Hunde" nannte einer das Spektakel.
Jene Pitbulls, die profil von der ungarischen Firma Konnexus angeboten bekam, ließen sich in dieser Szene wohl leicht an den Mann bringen. Problematische Hunde unklarer Herkunft, die knurren und Zähne fletschen, ungebärdig an der Kette ziehen, schneidig aussehen und Furcht und Schrecken verbreiten. Hunde, die irgendwann auch den Besitzern Probleme bereiten.
In den Zwingern des Wiener Tierschutzhauses landen jährlich 3000 Hunde, manche vegetieren aus Platzmangel in kleinen Katzenkäfigen dahin. Trotz redlichen Bemühens von Leiterin Lucie Loube & Co sind die Tierschützer vom Khleslplatz oft überfordert mit dem, was ihnen überforderte oder verantwortungslose Hundebesitzer aufbürden.
Aber eben nicht nur kranke und wesensgestörte Hunde aus dem Osten, von skrupellosen Geschäftemachern illegal über die Grenze geschleust, bringen das Hundeasyl an den Rand des Kollapses. Auch der österreichische Normalo-Hund wird nach mehrjährigem Gebrauch von Herrl und Frauerl gerne abgegeben: Weil der Hund zu scharf, die Wohnung zu klein oder das Tier unvorhergesehenerweise zu groß geworden ist.
Was Hundeschmuggler, eitle Züchter und verantwortungslose Besitzer an Problemen produzieren, versuchte ein radikaler "Tierschützer" im vergangenen März auf seine Weise zu lösen: Der Unbekannte betäubte im Wiener Tierschutzhaus zehn Hunde und schnitt ihnen dann die Kehle durch.
Der Preis fürs Hundeleben
Beträge für einen mittelgroßen Hund, wie Schäfer, Retriever oder Boxer, der durchschnittlich zwölf Jahre lebt. Anschaffung (Welpe) 10.000
Futter (etwa 35,-/Tag) 150.000
Impfungen (1.000,-/Jahr) 12.000
Hundesteuer (600,-/Jahr/Wien) 7.200
Entwurmen (250,-/Jahr) 3.000
Halsbänder, Leinen, Maulkörbe 2.000
Kastration 4.000
Shampoo, Pflegeartikel 1.000
Haftpflichtversicherung (700,-/Jahr) 8.400
Einschläfern/Krematorium 1.000/6.000
ergibt rund 200.000
Nicht eingerechnet sind: Korb, Decken, Autogitter, Transportkiste, Futternäpfe, Knabberzeug, Gummistiefel & wetterfeste Kleidung, Medikamente, Operationen, Flohschutzmittel, Spielzeug, Prüfungs- und Ausstellungsgebühren. Ergibt in Summe rund eine Viertelmillion Schilling.
Quelle: Profil
------------------
Auf bald
lg Irish