Jürgen Krackow
der sanfte Springreiter
Von Katja Devaux
Jürgen Krackow ist 40 Jahre alt und hat sich in seinem Leben mit Ehrgeiz und Erfolg schon einigen Herausforderungen gestellt: Er ist Skirennen gefahren, war Kunstturner und hat Islandpferde trainiert. Vor einigen Jahren sattelte er dann endgültig um aufs Springreiten. Von da an hat er sich in wenigen Jahren ganz nach oben gearbeitet.
In seinem Stall bei München stehen einige hochkarätige Springpferde, außerdem trainiert er auch Gastpferde. Doch deswegen müsste man ihn nicht besonders hervorheben, zumal der Springsport unter Tierfreunden und -schützern kein gutes Image hat.
Aber unser Beitrag hat einen Grund: Krackow ist ein besonderer Springreiter. Einer, der neue Wege geht und in jedem Parcours auffällt. Er reitet seine Pferde nämlich normalerweise nicht mit Trense, geschweige denn mit Kandare, sondern nur mit einem Bosal. Das ist lediglich eine Art verstärktes Halfter, ohne jedes Metall im Maul des Pferdes und ohne Riemen und Hilfszügel, die das Pferd in seiner Kopffreiheit einschränken. Faktisch hat Krackow beim Springen also nur minimale Einwirkungsmöglichkeiten auf den Kopf des Pferdes im Gegensatz zu den meisten Springreitern, die Zügel und Mundstück häufig unsanft, wenn nicht brachial benutzen, um ihr Pferd zu bremsen oder auf das Hindernis hinzuleiten.
Dieses Bild eines Pferdes, das sichtbar freiwillig und mit subtilsten Mitteln gelenkt über hohe Hindernisse geht, ist ein sehenswerter Anblick das zeigen auch die Reaktionen des Publikums, von dem Krackow überall viel positive Resonanz entgegengebracht wird. Selbst erfahrene Pferdemenschen wundern sich allerdings, wie eine solche Zusammenarbeit von Pferd und Reiter im Parcours möglich ist.
Jürgen Krackow erklärt das mit einer sehr feinen Verständigung und absolutem Vertrauen zwischen ihm und seinen Pferden. Kooperation und Partnerschaft sind die Grundlagen seiner Arbeit. Sichtbarstes Zeichen dafür: Wo er kann, arbeitet er ganz ohne Einwirkung auf das Gebiss des Pferdes und ohne Druck. Alternativ dazu setzt er die Stimme als Verständigungsmittel ein ein viel sanfterer Weg der Kommunikation. Aber auch ein aufwändigerer, der beim Pferd mehr Aufmerksamkeit und Interesse an der Arbeit voraussetzt. Diese Haltung beim Pferd herzustellen, ist Jürgen Krackows Ziel um dann mit feinsten Hilfen zu arbeiten.
So sicher wie ein scharfes Gebiss sind die freiwilligen Übereinkünfte zwischen Reiter und Pferd natürlich nicht aber das nimmt Krackow für seine Überzeugung in Kauf. Zumindest mit seinen beiden Spitzenpferden hat er es trotzdem bis in den großen Turniersport geschafft.
Neben dem partnerschaftlichen Umgang mit den Tieren ist Krackows Hauptanliegen, dem tierquälerischen Image des Sportes ein anderes Beispiel entgegenzusetzen. Er möchte zeigen, dass seine Pferde aus freien Stücken und mit Spaß springen und dass dazu weder Schinderei noch Gewalt nötig sind wie viele Menschen glauben.
Dass sich das Bosal im Parcours durchsetzen könnte, glaubt Krackow nicht. Aber er hofft, dass sein Beispiel anderen Reitern eine Anregung sein kann, den Weg zu mehr Einfühlsamkeit und Kooperation bei der Arbeit mit dem Pferd zu beschreiten.
Jürgen Krackow lebt und arbeitet auf dem Reiterhof Laurent in Finsing, Eicherloh bei München.